Vom Bundestag über St. Wendel nach Kiew

St. Wendel. "Das saarländische Essen ist gut, für mich jedoch ungewohnt. Nur im Lyoner war viel zu viel Pfeffer", erinnert sich Oleksii Nesterenko. Der 30-jährige Ukrainer besuchte vier Tage lang das St. Wendeler Land. Und das nicht zufällig, denn seit März und noch bis Ende Juli ist er Praktikant im Büro der Bundestagsabgeordneten Nadine Schön

 Im St. Wendeler Land beteiligte sich Oleksii Nesterenko bei einer Blutspendeaktion und ließ sich Blut abnehmen.

Im St. Wendeler Land beteiligte sich Oleksii Nesterenko bei einer Blutspendeaktion und ließ sich Blut abnehmen.

St. Wendel. "Das saarländische Essen ist gut, für mich jedoch ungewohnt. Nur im Lyoner war viel zu viel Pfeffer", erinnert sich Oleksii Nesterenko. Der 30-jährige Ukrainer besuchte vier Tage lang das St. Wendeler Land. Und das nicht zufällig, denn seit März und noch bis Ende Juli ist er Praktikant im Büro der Bundestagsabgeordneten Nadine Schön. Zu seinem vollgestopften Terminkalender gehörte nämlich auch der Besuch des Wahlkreises seiner vorübergehenden Chefin. Gerne denke er an seinen Aufenthalt zurück: "Es ist alles grün in St. Wendel, es gibt kleine Dörfer, viel Natur. Ich komme aus Kiew, daher war das Bild für mich ungewohnt." Doch viel Zeit, Land und Menschen näher kennenzulernen, blieb nicht. Mit Schön mussten Konferenzen besucht, Termine wahrgenommen werden. In Saarbrücken traf er auf die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer. Unterhielt sich ungezwungen mit der Dame, ohne zu wissen, mit wem er da eigentlich redet. Erst später wurde er aufgeklärt: "Danach lief das Gespräch nicht mehr so locker."Dennoch blieb Zeit für eine kleine Führung durch St. Wendel. "Besonders der Dom hat mir gefallen. Vor allem, weil so eine kleine Stadt so eine alte und große Kirche hat", berichtet der Praktikant. Die meiste Zeit jedoch verbringt Nesterenko in Berlin. Hier übernimmt er Büroarbeiten, begleitet Schön zu Ausschusssitzungen und in Gremien. Beobachtet konzentriert das Wirken politischer Stiftungen oder den Gesetzgebungsprozess im Bundestag. Denn er möchte so viel wie möglich lernen und in seiner Heimat anwenden. "Die Situation in der Ukraine ist momentan nicht gut. Auch die Beziehungen zu Deutschland sind schlecht. Politisch läuft einfach einiges schief", bemerkt er kritisch. Daher wolle er sich nach seiner Rückkehr gesellschaftlich engagieren, politische Verantwortung übernehmen. Deutschland ist dabei sein Vorbild.

Doch auch vorher war Nesterenko gesellschaftlich aktiv, etwa als Wahlbeobachter oder beteiligte sich an sozialen Projekten. Nebenher, denn der junge Ukrainer ist ausgebildeter Ingenieur und seit einigen Jahren Geschäftsführer eines Unternehmens. Einen Teil seiner Studienzeit verbrachte er auch in Deutschland. Daher beherrscht er die Sprache.

Sein Wille, in seiner Heimat Veränderungen herbeizuführen, ließ ihn am Stipendienprogramm des Bundestages teilnehmen. Dabei war ihm klar, dass er bei einem Parlamentarier der christdemokratischen Parteien das Praktikum machen wollte. Der Zufall führte ihn dann zu Nadine Schön. Über diese hat er nur Positives zu berichten: "Sie ist ungeheuer aktiv. Ich wohne in Berlin mit anderen Stipendiaten zusammen. Natürlich sprechen wir über unsere Erfahrungen. Daher weiß ich, dass Frau Schön viel mehr macht als die anderen Abgeordneten." Die ukrainischen Parlamentarier bezeichnet Nestrenko als hochnäsig, dieses Verhalten habe er auch hier befürchtet. Doch wurde er positiv überrascht. Auch Nadine Schön ist mit ihrem Praktikanten mehr als zufrieden: "Er ist ein sehr interessanter, offener und sympathischer Mensch, der die Entwicklung in seiner Heimat kritisch beobachtet, uns aber auch viele Vorgänge dort erklärt."

 Oleksii Nesterenko mit Nadine Schön in Berlin. Fotos: privat

Oleksii Nesterenko mit Nadine Schön in Berlin. Fotos: privat

Und vielleicht, so Schön weiter, werden sie sich bald auf Augenhöhe nochmals sehen. Denn Nesterenko will bei den nächsten Wahlen in der Ukraine im Oktober dieses Jahres antreten. 'Gesellschaftliche Opposition' heiße die kleine Partei, mit der er sich identifizieren kann. Und für die er kandidieren will. Um seine Heimat zu verändern, das Land wieder näher an den Westen heranzuführen. Anregungen habe er mehr als genug gesammelt während seines Praktikums.

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