Rolle rückwärts

St. Wendel. Fast zwei Jahre ist es her. Da warf Mike Martin die Brocken bei den Linken hin. Der Hasborner hatte die Schnauze voll von Personalquerelen in seiner Partei. Und noch so ein paar internen Ungereimtheiten, wie er angab. Damals: "Es liegt an der mangelnden Organisation auf Landes- und Kreisebene

St. Wendel. Fast zwei Jahre ist es her. Da warf Mike Martin die Brocken bei den Linken hin. Der Hasborner hatte die Schnauze voll von Personalquerelen in seiner Partei. Und noch so ein paar internen Ungereimtheiten, wie er angab. Damals: "Es liegt an der mangelnden Organisation auf Landes- und Kreisebene. Und die unsägliche Kommunismus-Diskussion sowie die Beobachtung der kommunistischen Plattform unserer Partei durch den Verfassungsschutz waren ausschlaggebend." Die zu jenem Zeitpunkt amtierende Linke-Bundeschefin Gesine Lötzsch hatte eine harte Debatte um einen politischen Systemwechsel in Deutschland losgetreten. Eine Entwicklung, der Martin nicht folgen könne. Das hatte der heute 37-Jährige auch nicht mehr gekonnt, als seine noch frühere parteipolitische Heimat, die SPD, die Hartz-IV-Gesetze auf den Weg gebracht hatte. Da nahm er auch dort seinen Hut. Mittlerweile ist dies aber alles nicht mehr so dramatisch, sieht der Kommunal- und Regionalpolitiker seine sozialdemokratischen Weggefährten von früher wieder in der Spur. Demnach scheint es, als seien sie in seine Richtung gerückt. Was ihn über eine Rückkehr in ihre Gefilde konkret nachdenken lässt.Von Einsicht spricht Mike Martin auch, wenn es sich um ihn dreht: "Es geht darum, eine politische Fehlentscheidung zu korrigieren", sagt er heute. Dabei war es genau solch eine, die ihn damals nach links rücken ließ. Als unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und damit unter sozialdemokratischer Regie die Hartz-IV-Gesetze auf den Weg gebracht wurden, die soziale Leistungen des Staates beschnitten. Das wollte Mike Martin als Regional- und Kommunalpolitiker nicht mittragen. "Mein Wechsel zur Linken erfolgte mit viel Hoffnung auf sozialere Politik", argumentiert er rückblickend. Doch stattdessen sei er auf "Personaldebatten und innere Querelen" gestoßen. Auch im Landkreis sei die Linke mit diesen Lastern aufgestellt gewesen.

Die SPD habe "eigene Korrekturen" angestellt. Auch wenn längst nicht ausreichend, sieht Martin Chancen für soziale Belange wieder eher hier beheimatet. "Es geht da unter anderem um den Mindestlohn", begründet Martin. Nach einer kurzen Denkpause fügt er an: "Es sind zaghafte Korrekturen, da ist noch mehr drin."

Das Kreistagsmitglied, welches mit seinem Namborner Kollegen Wolfgang Haupert seit dem gemeinsamen Linke-Austritt in der parteilosen Fraktion FBB arbeitet, will allerdings erst 2014 zur SPD. "Erst am Ende der Legislaturperiode kehre ich zurück. Alles andere wäre Wählerbetrug." Dabei sagte Martin noch im Januar 2011, dass die SPD-Korrekturen nicht ausreichten, um an eine Rückkehr zu denken. Doch in den vergangenen Monaten war an seinem Abstimmungsverhalten im Kreistag mit den Sozialdemokraten eine große Annäherung abzulesen.

SPD-Kreisvorsitzender Magnus Jung (41) reagiert zögerlich auf Martins Willen: "Wir sehen keinen Anlass, uns mit Dingen zu befassen, die in weiter Zukunft liegen." Martin habe "eine Ankündigung einer Absicht für 2014" geäußert. Wenn es so weit ist, müsse er bei seinen Ortsverein einen Aufnahmeantrag stellen, der entscheide. Von dem hatte er sich 2005 im Streit getrennt.

Gleichgültig geht Heike Kugler (50) mit der Nachricht um. Die Linke-Kreis-Chefin: "Seine Argumente damals waren an den Haaren herbeigezogen." Daran habe sich nichts geändert. Sie weine ihm keine Träne nach. "Alle komischen Menschen" kehrten zur SPD zurück.Foto: Linke

Foto: B&K/SZ

Auf einen Blick

2005 verließ der Hasborner Mike Martin die SPD. Ausschlag dafür gaben seinen Angaben zufolge unter anderem die Hartz-IV-Gesetze seiner Partei, die er als unsozial geißelte. Er wechselte darauf in die westdeutsche WASG (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit), die wenig später mit der ostdeutschen PDS (Partei des demokratischen Sozialismus') zur heutigen Die Linke fusionierte.

2011 kündigte Martin seine Mitgliedschaft bei der Linken. Diesmal gab er Personalprobleme und Kommunismusdebatte an. Martin gründet im St. Wendeler Kreistag die parteiunabhängige Fraktion Freie Bürgerbewegung für das St. Wendeler Land (FBB) mit seinem Kollegen und ebenfalls Ex-Linke-Mitglied Wolfgang Haupert.

2012: Martin will zurück in die SPD, weil diese Korrekturen unter anderem beim Mindestlohn anstrebe. Eine Entscheidung, ob sie ihn aufnimmt, ist offen, weil er den Antrag für die Zeit nach der Legislaturperiode 2014 ankündigt. hgn

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