Obamas verzögerte asiatische Wende

Washington · Es ist fast drei Jahre her, da kündigte Barack Obama eine strategische Wende an, einen Schwenk nach Asien. Amerika werde die Sackgasse des mittelöstlichen Krisenbogens verlassen, seine kostspieligen Militär einsätze im Irak und Afghanistan beenden und sich endlich jener Region zuwenden, in der die Musik des 21.

Jahrhunderts spiele, dem Osten Asiens. Hillary Clinton, damals noch Außenministerin, sprach sogar vom Beginn des pazifischen Jahrhunderts der Vereinigten Staaten.

So gesehen war vieles nur Ablenkung, was seither geschah. Die Kontroverse um ein Eingreifen in Syrien, die Krise in der Ukraine, die drohende Eiszeit im Verhältnis zu Moskau, der Atompoker mit Iran, John Kerrys kraftraubende Vermittlerrolle zwischen Israelis und Palästinensern: alles Nebenschauplätze. Erst diese Woche kommt Obama dazu, seine transpazifischen Ambitionen neu aufleben zu lassen.

Mit Japan und Südkorea besucht er zwei enge Verbündete, mit den Philippinen ein Land, das einmal eine amerikanische Kolonie war, mit Malaysia eines, das er gern in der Rolle des muslimischen Musterknaben sähe. Schon im Oktober stand der Trip auf dem Kalender, dann aber machte ihm der Haushalts-Clinch mit den Republikanern einen Strich durch die Rechnung. Peinliche Symbolik: Amerika schien zu sehr mit sich selber beschäftigt, um noch Zeit zu finden für außenpolitische Konzepte.

In Tokio will Obama jetzt versuchen, Handelskonflikte einzudämmen, zum Beispiel den Streit um Agrar- und Autoexporte. Die Hindernisse müssen schnell aus dem Weg geräumt werden, soll die angepeilte transpazifische Partnerschaft TPP nicht vorzeitig scheitern. Und selbst wenn es gelingt, hängt das Schicksal von TPP, ein Pendant zur transatlantischen Freihandelszone TTIP, am seidenen Faden.

Zwar ist ein Vierteljahrhundert vergangen, seit in den USA die Furcht vor dem scheinbar überlegenen, geradezu furchterregend effizienten Exportriesen Japan grassierte, zwar ist das inzwischen viel mächtigere China bei TPP nicht einbezogen, doch an der Skepsis in Washington ändert das wenig. Im Kongress sind es vor allem die Demokraten, die sich gegen ein Abkommen stemmen, in dem sie amerikanische Arbeitsplätze durch den schrankenlosen Warenaustausch mit billigeren Konkurrenten gefährdet sehen.

In Manila will Obama einen Stützpunktvertrag unterschreiben, der anknüpft an eine Zeit, in der die Philippinen als nicht zu versenkender Flugzeugträger der USA galten. 1992 musste die 7. Flotte ihre Basis an der Subic Bay räumen, jetzt wird den Amerikanern garantiert, dass sie Stützpunkte des Inselstaates nutzen dürfen, wenn - so wörtlich - maritime oder humanitäre Operationen dies erfordern.

Peking sieht in dem Papier einen weiteren Schritt zur militärischen Einkreisung Chinas, nachdem das Oval Office bereits 2011 die Stationierung von 2500 Marine-Infanteristen im nordaustralischen Darwin avisiert hatte. Überhaupt versteht das Reich der Mitte Obamas "Schwenk nach Asien" nur als verbale Krücke, um die eigentliche Absicht zu tarnen: das Zurückdrängen chinesischen Einflusses. Worauf die Generäle in Washington jedoch entgegnen, die Annahme sei schon deshalb grundfalsch, weil für einen solchen Ansatz das Geld fehle. Das Pentagon muss sparen, die Weltstrategen schieben Frust.

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