"Taekwondo bedient halt nur eine Randnische"

Herr Meyer, Sie sind seit etwa zwei Monaten Vorsitzender eines sehr jungen Sportverbandes - wie sehen Sie die noch junge Entwicklung?Hans-Eduard Meyer: In der Anfangszeit bis Mitte 2005 hatten wir einen Mitglieder-Zuwachs, der in den letzten Jahren wieder stagniert. Das ist ein demographisches Problem, denn Taekwando ist nun einmal eine Randsportart

Herr Meyer, Sie sind seit etwa zwei Monaten Vorsitzender eines sehr jungen Sportverbandes - wie sehen Sie die noch junge Entwicklung?

Hans-Eduard Meyer: In der Anfangszeit bis Mitte 2005 hatten wir einen Mitglieder-Zuwachs, der in den letzten Jahren wieder stagniert. Das ist ein demographisches Problem, denn Taekwando ist nun einmal eine Randsportart. Sie ist zwar olympisch, bedient aber trotzdem nur eine Randnische. Wir haben natürlich schon unsere Probleme, die Leute bei der Stange zu halten. Gerade Jugendliche, die in eine weiterführende Schule gehen oder schon im Berufsleben stehen, springen oft ab. Der Druck auf die Jugendlichen ist heute viel stärker, als es zu meiner Zeit war.

Gerade das Umgehen mit Druck, also auch eine mentale Dimension, wird bei asiatischen Kampfsportarten immer wieder thematisiert. Ist dies eine Chance, um in der heutigen Zeit Nachwuchs zu generieren oder schürt das den Wettbewerb unter den Kampfsportarten?

Meyer: Also wir arbeiten viel mit dem Ju Jutsu- oder Karateverband zusammen. Zum Beispiel bieten wir gemeinsam Selbstverteidigungslehrgänge an und führen Lehrgänge durch. Das geht Hand in Hand, trotzdem bedient jeder sein Klientel. Da arbeitet keiner gegen den anderen, da gibt es kein Konkurrenzdenken.

Gerade das Thema Selbstverteidigung bietet einen Zugang zu Ihrer Sportart, der einen anderen Zweck als das Erlernen und Betreiben der Sportart in den Vordergrund rückt. Ist das eine Chance, neue Mitglieder zu akquirieren?

Meyer: Unbedingt. Wir haben vor zwei oder drei Jahren für die Gemeinde Schwalbach ein Projekt im Jugendbereich ins Leben gerufen, bei dem wir mit Streetworkern zusammenarbeiten. In dessen Rahmen haben wir einen Lehrgang angeboten, der über sechs Wochen ging und in dem es um Frauen-Selbstverteidigung ging. Es ist richtig, dass dort eine Nische bedient wird, durch die der erste Kontakt zu den Leuten hergestellt werden kann.

Sehen Sie das nur positiv oder besteht die Gefahr, dass dadurch von Ihrem eigentlichen Kerngeschäft, dem Taekwondo bis hin zum Leistungsport, abgelenkt wird?

Meyer: Sicher eher positiv als Chance. Wenn ich einen Lehrgang mit hundert Teilnehmern mache, bleiben vielleicht einer oder zwei hängen. Die wollen dann auch nicht nur Selbstverteidigung machen, sondern da ist das Ziel schon der allgemeine Breitensport oder der Wettkampfsport. Wobei viele zwar ihre Prüfungen absolvieren, aber kein Interesse haben, an Wettkämpfen teilzunehmen. Dass dadurch die sportlichen Leistungen in den Hintergrund gedrängt werden und verschwimmen, ist aber nicht der Fall.

Ein wichtiger Punkt in Sachen Nachwuchsarbeit ist der Ausbau der Ganztagsschulen. Haben Sie dahingehend schon ein Konzept entwickelt?

Meyer: Wir sind dabei, zusammen mit Markus Klein von der Uni Saarbrücken an die Schulen heranzutreten. Das ist natürlich schwer, weil die Trainer, die wir haben, zur Schulzeit meistens berufstätig sind. Es hängt also eher daran, Leute zur Verfügung zu haben, die morgens in die Schule gehen können. Es gibt aber zwei, drei Schulen in Saarbrücken, die Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen.

Sehen Sie den jüngsten Fitness-Boom und das damit verbundene Aufkommen von immer mehr und immer günstigeren Fitnessstudios als echte Konkurrenz?

Meyer: Ja, das ist so.

Auch wegen der Kurse, die dort angeboten werden?

Meyer: Naja, es geht. Dort läuft vieles über die Tanzschiene und die Leute, die dort hingehen, wollen sich bewegen und ein bisschen Spaß haben. Was auch absolut legitim ist.

Servet Tazegül wurde in London 2012 Taekwondo-Olympiasieger für die Türkei, er ist aber halber Deutscher. Wie wichtig ist eine solche Vorbild-Figur?

Meyer: Die Jugendlichen oder auch die Kinder schauen da schon drauf. Die Jugend will auch junge Trainer haben, bei denen der Aha-Effekt, wenn sie einen schnellen Kick machen, schon anders ist als bei einem älteren Trainer.

Wie geht es Ihrem Verband finanziell?

Meyer: Ich darf mich nicht beschweren, weil wir vom Landessportverband durch das Saartoto-Achtel unterstützt werden. Der Zuschuss fließt bei uns voll in die Weiterbildung der Trainer. Der LSVS stellt die Hallen zur Verfügung, man kann dort Lehrgänge durchführen, die wir zweimal im Monat anbieten. Was das angeht, sind wir schon gut aufgestellt.

Warum sollten sich jüngere oder ältere Menschen ausgerechnet für Ihre Sportart entscheiden?

Meyer: Diese Sportart bietet alles. Die kann ein Junger machen, die kann ein Alter machen. Die kann einer machen, der eine leichte Behinderung hat . . . Man braucht sich nicht zu spezialisieren und kann sich das herauspicken, was man machen will. Das fördert Konzentration, sportliche Fitness und Disziplin.

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