Ärger um „Partyzelt“

Darmstadt · Vor dem Spiel des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken bei Darmstadt 98 führte die Polizei so genannte „Nacktkontrollen“ durch. Einige FCS-Fans verließen darauf hin das Stadion – und verpassten den 2:1-Sieg.

 Das Zelt des Anstoßes: In diesem kleinen grünen „Partyzelt“ untersuchten Polizisten drei FCS-Fans intensiv. Bei einem fanden sie einen Böller. Foto: Andreas Schlichter

Das Zelt des Anstoßes: In diesem kleinen grünen „Partyzelt“ untersuchten Polizisten drei FCS-Fans intensiv. Bei einem fanden sie einen Böller. Foto: Andreas Schlichter

Foto: Andreas Schlichter

Es sah ganz harmlos aus: das kleine, grüne "Partyzelt" im Gäste-Eingangsbereich am Stadion Böllenfalltor in Darmstadt. Doch bei den Fans des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken sorgte es für großen Ärger. Die hessische Polizei wollte darin am Samstag vor dem Spiel Darmstadt 98 gegen den FCS weitergehende Personenkontrollen durchführen. Weil man sich dabei gegebenenfalls auch entkleiden muss, heißen die Einrichtungen bei den Fans auch "Nacktzelte", und die hatte es bislang bei Drittliga-Spielen mit saarländischer Beteiligung noch nicht gegeben. Nach Informationen der Saarbrücker Zeitung wurden zwei Personen zum Zelt gebracht - eine verweigerte die Untersuchung und verließ das Stadion. Dem jungen Mann taten es etwa weitere 150 FCS-Anhänger gleich. "Wir wollten ein Zeichen setzen, dass derartige Maßnahmen nicht akzeptabel sind", sagt Julien Lindek aus der Virage Est, "wir sind nach Darmstadt gefahren, um die Mannschaft zu unterstützen. Doch stehen Fußballfans derzeit unter Generalverdacht. Die Verhältnismäßigkeit ist bei Nacktkontrollen längst überschritten. Darum war es auch keine Option, nach Abbau des Zeltes ins Stadion zurückzukehren."

Doch der Protest der Ultras für die Rechte vernünftiger Fußballfans wurde von einem Unbelehrbaren konterkariert. Bei der zweiten Kontrolle stellten die Beamten einen Böller sicher. "Durchsuchungen sind standardmäßige Maßnahmen im Vorfeld eines Spiels und dienen der Gefahrenabwehr", betont Marc Wuthe, Sprecher der Darmstädter Polizei, "die Zelte dienen dem Schutz der Persönlichkeitsrechte. Kein Fan musste sich am Samstag nackt ausziehen. Und drei Kontrollierte bei 900 Gäste-Fans sprechen eindeutig gegen einen Generalverdacht." Dem widerspricht Jörg Rodenbüsch vom Fanprojekt "Innwurf": "Durch solche Maßnahmen setzt die Polizei die Fans unter Generalverdacht, was dazu führt, dass die Akzeptanz solcher Maßnahmen stets sinkt."

Der FCS-Fanbeauftragte Meiko Palm stellt die Haltung des Vereins klar: "Pyrotechnik und somit auch Sylvesterböller sind nunmal verboten und dürfen nicht mitgeführt werden. Es war eine unnötige Aktion einer Einzelperson." Der erwischte Mann gehöre nicht zum Kreis der Saarbrücker Fan-Szene. Darmstadt 98 reagierte auf den Protest der FCS-Anhänger - diejenigen, die das Stadion vor Spielbeginn verlassen hatten, konnten ihr Eintrittsgeld zurückbekommen.

Sport getrieben wurde am Böllenfalltor auch noch - zumindest in der zweiten Halbzeit. "Wir mussten uns in der Kabine zurecht anhören, dass wir endlich mehr Fußball spielen müssen", sagte FCS-Mittelfeldspieler Kevin Maek. Sein Trainer Jürgen Luginger hatte die Mannschaft in der Pause mit einer Ansprache geweckt, die selbst im benachbarten Presseraum noch zu hören war. Mit Erfolg. Nach Flanke von Lukas Kohler köpfte Sven Sökler das 1:0 für die Gäste (49. Minute). Auch am zweiten Saarbrücker Treffer war Sökler, dem unter anderem Kontakte zum Zweitligisten FSV Frankfurt nachgesagt werden, maßgeblich beteiligt. Nach schönem Solo scheiterte der 27-Jährige an Torwart Jan Zimmermann, legte dann uneigennützig für Marcel Ziemer vor. Das 2:0 (64.) war Ziemers 15. Treffer im 24. Saisonspiel. Kurz vor Schluss traf Marcus Steegmann zum 1:2. Schließlich war es FCS-Torwart Benedikt Fernandez, der seinem Team in der Nachspielzeit mit einer tollen Parade den Sieg rettete.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort