Späh-Angriff auf Linke Ploetz?

Saarbrücken · Eine angebliche Ausspäh-Affäre erschüttert die Saar-Linke. Im Internet tauchte eine vertrauliche Facebook-Unterhaltung der Spitzenkandidatin Yvonne Ploetz auf. Die Partei rätselt über innerparteiliche Hintergründe.

 Nach ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin der Saar-Linken für die Bundestagswahl erhält Yvonne Ploetz bei der Mitgliederversammlung Glückwünsche von Oskar Lafontaine. Foto: Becker & Bredel

Nach ihrer Wahl zur Spitzenkandidatin der Saar-Linken für die Bundestagswahl erhält Yvonne Ploetz bei der Mitgliederversammlung Glückwünsche von Oskar Lafontaine. Foto: Becker & Bredel

Foto: Becker & Bredel

Oskar Lafontaine schien rundum zufrieden. Zwar flog seine Wunschkandidatin Claudia Kohde-Kilsch im ersten Wahlgang aus dem Rennen um die Spitzenkandidatur der Linken. Trotzdem resümierte der 69-Jährige am Sonntag nach der Mitgliederversammlung mit schelmischem Grinsen: "Ende gut, alles gut." Wenn die Mitglieder schon nicht die frühere Wimbledon-Siegerin zur Spitzenkandidatin wählen, dachte sich Lafontaine, dann soll es wenigstens auch nicht Thomas Lutze werden, mit dem er nach eigenen Worten "einige Schwierigkeiten" hat. Statt Lutze wählte die Linke in der Stichwahl mit 264 zu 251 Stimmen schließlich die 28 Jahre alte Bundestagsabgeordnete Yvonne Ploetz auf Platz eins der Landesliste. Lutze steht auf dem wenig aussichtsreichen zweiten Platz.

Von "Ende gut, alles gut" ist dennoch nichts zu spüren. In der Partei sorgt derzeit ein Verdacht für Misstrauen, für den sich auch die Polizei interessiert: Nach der turbulenten Versammlung vom Sonntag tauchte plötzlich die Wiedergabe einer vertraulichen Facebook-Unterhaltung zwischen Ploetz und einem örtlichen Linken-Vorsitzenden aus dem Kreis Neunkirchen im Internet auf. Beide gehen dem Vernehmen nach davon aus, dass sich ein unbekannter Hacker Zugriff auf die Daten verschafft hat. Damit stünde Ploetz im Mittelpunkt einer Ausspäh-Affäre. Sowohl Ploetz als auch der Anwalt des zweiten Betroffenen haben nach SZ-Informationen Anzeige erstattet. Ploetz wollte sich mit Verweis auf das Ermittlungsverfahren nicht dazu äußern.

Als einer der ersten hatte ein Anhänger von Yvonne Ploetz' innerparteilichem Gegenspieler Thomas Lutze einen Screenshot der Unterhaltung auf Lutzes Facebook-Seite veröffentlicht (und später wieder gelöscht). Für Lutze fiel der Inhalt unter das Recht auf freie Meinungsäußerung, weshalb er ihn nicht löschte. Politisch sei diese Art der Auseinandersetzung dennoch "unterirdisch", sagt Lutze.

In dem Chat, der vom Freitag vor der Listenaufstellung stammt, ging es unter anderem um die Frage, wie Lutzes Wahl verhindert werden kann. Ploetz' Gesprächspartner deutete dabei an, dass sich Andreas Pollak hinter den Kulissen für Ploetz einsetzen solle. Der Arzt verbüßt wegen Abrechnungsbetrugs eine Haftstrafe. Der Mail-Schreiber will freitags mit Pollak, der an diesem Tag nach SZ-Informationen Freigang hatte, lange gesprochen haben.

Spezialisten der Staatsschutz-Abteilung der Polizei ermitteln nun, wie das Material an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Möglich sei etwa, dass zum Ausspähen des Facebook-Accounts ein Spionage-Programm auf Ploetz' Computer aufgespielt worden sei oder ein Unbekannter sich in das Facebook-Konto eingehackt habe, hieß es. Ermittelt werde "in alle Richtungen". Lutze sagt dazu nur: "Ich bin der Meinung, dass es für die Polizei wichtigere Aufgaben gibt."

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