Wurde die Justiz getäuscht?

Saarbrücken. In der Affäre um die Telefondaten-Kontrolle bei einem V-Mann im Fall Pascal sind neue Ungereimtheiten zu Tage getreten. Wie aus dem Sitzungsprotokoll des Innenausschusses vom 14. August 2008 hervorgeht, hat der V-Mann der Polizei am 15

 Die Telefondaten-Kontrolle von Verbindungen eines V-Manns der Polizei im Fall Pascal - hier symbolisch dargestellt - hat den Landtag und die Justiz beschäftigt. Nun tauchen neue Ungereimtheiten in dem komplexen Fall auf. Foto: dpa

Die Telefondaten-Kontrolle von Verbindungen eines V-Manns der Polizei im Fall Pascal - hier symbolisch dargestellt - hat den Landtag und die Justiz beschäftigt. Nun tauchen neue Ungereimtheiten in dem komplexen Fall auf. Foto: dpa

Saarbrücken. In der Affäre um die Telefondaten-Kontrolle bei einem V-Mann im Fall Pascal sind neue Ungereimtheiten zu Tage getreten. Wie aus dem Sitzungsprotokoll des Innenausschusses vom 14. August 2008 hervorgeht, hat der V-Mann der Polizei am 15. März 2003 - also zwei Tage vor Initiierung der Telefon-Kontrolle durch die Kripo - selbst mitgeteilt, dass er mit dem Magazin "Der Spiegel" in Kontakt stand. Das haben sowohl der damalige Kripo-Chef Peter Steffes als auch der Kripobeamte B. erklärt.

Die Angaben der beiden Beamten stellen die Begründung in Frage, die die Kripo am 17. März 2003 gegenüber Staatsanwaltschaft und Amtsgericht für die Telefon-Kontrolle genannt hatte. Mit der Datenerhebung sollte angeblich nachgewiesen werden, dass ein Kontakt zwischen V-Mann und "Spiegel" bestand. Laut Innen-Staatssekretär Gerd Müllenbach wollte die Kripo den V-Mann mit diesem Nachweis unter Druck setzen, damit er Hinweise zum Mordverfahren, die er dem "Spiegel" gegeben haben könnte, auch der Polizei zuteil werden lässt. Es stellt sich jedoch die Frage, wieso die Kripo etwas nachweisen wollte, was der V-Mann zuvor selbst eingeräumt hatte.

Diese Ungereimtheiten stützen die Auffassung des Landgerichts Saarbrücken, wonach die Telefon-Kontrolle - im Gegensatz zur Darstellung von Staatssekretär Müllenbach - "noch nicht einmal im Ansatz einen sachlichen Bezug" zum Mordverfahren hatte, obwohl sie formal im Zuge dieses Verfahrens erwirkt wurde. Dies stellte das Landgericht jedenfalls am 4. September dieses Jahres in einem Beschluss fest, nachdem die SPD-Fraktion im Landtag Rechtsmittel gegen die Erhebung der Verbindungsdaten eingelegt hatte.

Das Gericht machte dabei deutlich, dass die Telefon-Kontrolle aus seiner Sicht offenbar einen ganz anderen Grund hatte, womöglich einen politischen. Der V-Mann hatte nämlich nicht nur mit dem "Spiegel" telefoniert, sondern auch das Vorzimmer von SPD-Fraktionschef Heiko Maas angerufen. Die Verbindungsdaten flossen später in ein zweites Ermittlungsverfahren wegen der Weitergabe eines Ausschuss-Protokolls aus dem Landtag ein, in dem Kripo-Chef Steffes selbst ermittelte. Es ging dabei um den von der CDU erhobenen Vorwurf, die SPD habe das Protokoll (in dem es um Kindesmissbrauch ging) an den "Spiegel" weitergeleitet und so die Ermittlungen behindert. Steffes stellte seinerzeit die These auf, dass der V-Mann "Informationsmittler" zwischen dem "Spiegel" und SPD-Abgeordneten sein könnte.

Vor diesem Hintergrund zeigte sich das Landgericht in seinem Beschluss befremdet darüber, dass die Kripo die Telefondatenerhebung "nicht von vorneherein" im Zuge dieses zweiten - bei der Staatsanwaltschaft "ohnehin anhängigen" - Ermittlungsverfahrens beantragt hat. Im Klartext: Das Gericht geht davon aus, dass es der Polizei bei der Telefon-Kontrolle "von vorneherein" nicht um die Aufklärung eines Mordes ging, sondern allein um die Frage, wer das Protokoll an den "Spiegel" weitergeleitet hat. Dies hätte aber keine Verbindungsdatenerhebung gerechtfertigt, zumal das Protokoll weder als vertraulich noch als geheim eingestuft war. Somit stellt sich die Frage, ob die Kripo die Erlaubnis für die Erhebung nur deshalb erhielt, weil sie die Justiz über deren wahren Grund getäuscht hatte. Im Visier der Ermittler hätte demnach nicht der V-Mann gestanden, sondern die SPD-Fraktion im Landtag.

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