„Pflege ist ein ständiges Armutsrisiko“

Saarbrücken · Immer mehr Menschen werden älter und müssen befürchten, zum Pflegefall zu werden. Bei einer Informationsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Saarbrücken wurden die Probleme dieser Entwicklung aufgezeigt.

. Mit Sorge blicken viele Menschen auf ihr Leben im Alter und die Möglichkeit, ein Pflegefall zu werden. "Alt werden ist nichts für Feiglinge": Dieser provozierenden Aussage in der Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Saarbrücken waren am Montagabend über 100 meist ältere Menschen gefolgt.

"Pflege ist kein Minderheitenthema mehr, 16 bis 20 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt in Deutschland betroffen", erläuterte Moderator Armin Lang, Landsvorsitzender des Sozialverbandes VdK. Und: In der Pflege "brodelt" es, weil die Menschen um das, was ihnen zustehe, kämpfen müssten. Nach Auffassung von Jürgen Gohde, Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Altenhilfe, "wird sich die Lage nur verbessern, wenn sich die finanzielle Situation der Kommunen bessert". Für die Angehörigen seien ausgewogene finanzielle Regelungen äußerst wichtig. "Pflege ist ein ständiges Armutsrisiko", sagte Gohde. Pflegende Angehörige verzichteten heute auf Arbeit und damit auch auf einen eigenen Rentenanspruch. Diese Probleme müssten dringend gelöst werden. "Wenn man kein Geld hat, muss man mehr Ideen haben", so Gohde.

Die Pflege stehe und falle mit der Infrastruktur, betonte die Bundestagsabgeordnete Elke Ferner (SPD). Nur wenn die Voraussetzungen direkt vor Ort stimmten, sei häusliche Pflege möglich. Ferner forderte dazu einen sozialen "Landesentwicklungsplan" zu erstellen. Überlegenswert sei etwa, jede Erdgeschosswohnung, die im Besitz der öffentlichen Hand sei, barrierefrei umzubauen. Öffentliche Bauten müssen bereits barrierefrei gestaltet werden. Leerstehende Wohnungen sollten vielfach zudem als Beratungsstellen für Pflegebedürftige genutzt werden. Um dies zu finanzieren, sollten die Beiträge zur Pflegeversicherung angehoben werden, erklärte Ferner.

Die Geschäftsführerin des Pflegestützpunktes in St. Wendel, Helga Setz, erklärte: "Wir müssen das Ehrenamt und die Nachbarschaftshilfe stärken, da die Pflege sonst nicht mehr bezahlbar sein wird." Die Regisseurin Anne Frisius, die einen Film über ausländische Pflegekräfte in Deutschland gedreht hatte, forderte von allen Beteiligten ein energischeres Vorgehen: "Es muss mehr Druck dahinter, um diese Probleme zu lösen." Die heute vielfach praktizierte Lösung einer zu fragwürdigen Bedingungen arbeitenden ausländischen Pflegekraft sei mit Sicherheit kein Modell mit Zukunft.

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