"Körpernah" stärkt Bindung zwischen Mutter und Kind

Saarbrücken. Zwei Drittel der Frauen auf der Welt tragen ihre Babys und Kleinkinder in den ersten Jahren an ihrem Körper. Ein Bild, das in den Industriestaaten zunächst fast verschwunden war, Kinderwagen dominierten. Doch seit etwa 15 Jahren sind auch in Deutschland wieder viele Mütter und auch Väter zu sehen, die den Nachwuchs in Tragetücher vor Brust und Bauch gebunden haben

 Ärztin Viktoria Glasmann trägt Sohn Nathan im Tuch. Foto: hth

Ärztin Viktoria Glasmann trägt Sohn Nathan im Tuch. Foto: hth

Saarbrücken. Zwei Drittel der Frauen auf der Welt tragen ihre Babys und Kleinkinder in den ersten Jahren an ihrem Körper. Ein Bild, das in den Industriestaaten zunächst fast verschwunden war, Kinderwagen dominierten. Doch seit etwa 15 Jahren sind auch in Deutschland wieder viele Mütter und auch Väter zu sehen, die den Nachwuchs in Tragetücher vor Brust und Bauch gebunden haben. Im Saarland hat sich Anfang des Jahres eine Initiative von Trageberaterinnen gegründet. Acht Frauen, die das Ziel verfolgen, das Tragen von Babys und Kindern noch populärer zu machen und die Vorteile aufzuzeigen. Zugleich wollen sie Kniffe und Tricks vermitteln, die das Tragen der Kinder einfacher machen.Es sind die Urinstinkte nach Nähe und Geborgenheit, die durch das Tragen von Babys und Kleinkindern erfüllt werden. Viktoria Glasmann, Ärztin und Mutter von zwei Kindern, hat sich entschieden, ihr Kind im Tuch zu tragen. "Das Tragen stärkt den Aufbau einer engen Bindung", erklärt Glasmann und fügt hinzu: "Kinder, die getragen werden, sind stille Kinder." Der enge Körperkontakt schaffe Vertrauen und habe eine beruhigende Wirkung. Eine Aussage, die Eva Vogelgesang unterstreicht. Sie ist pflegerische Leiterin der Kinderintensivstation des Klinikums Saarbrücken, hat sich auf das Stillen und Tragen von Frühgeborenen und Kindern mit besonderen Pflegeanforderungen spezialisiert. Getragen zu werden, fördere zudem das motorische, kognitive und soziale Verhalten. "Richtiges Tragen unterstützt eine gesunde Rumpfbildung", betont Glasmann.

Dass Kinder richtig im Tragetuch getragen werden, nicht nur von den Eltern, sondern auch von Großeltern oder älteren Geschwistern, ist das Ziel der Acht-Frauen-Initiative. "Der Markt für Tragetücher und Tragehilfen ist unüberschaubar groß geworden", erklärt Glasmann. Es gebe gute und schlechte Produkte. Hinzu komme, dass viele Betriebsanleitungen zu Missverständnissen führten. Qualifizierte Trageberaterinnen böten eine Auswahl an Tragetüchern und Hilfen zum Ausprobieren an. Außerdem zeigten sie den Eltern, wie Tücher richtig gebunden werden.

"Jeder kann Trageberaterin werden, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich", erklärt Vogelgesang. Die meisten Beraterinnen sind Hebammen, aber auch Mütter, die selbst Erfahrungen mit dem Tragen ihrer Kinder gemacht haben. Allerdings ist der Name "Trageberaterin" nicht geschützt. Daher legen die Mitglieder der Initiative Wert darauf, in ihrer Vorstellung auf die Schule zu verweisen, in der sie ausgebildet wurden. Zu den bekanntesten Schulen gehören "Die Trageschule", "Didymos" oder "ClauWi". In der Regel umfasst die Schulung drei Wochenendkurse. Zwischen den Kursen liegen drei Monate Pause, um Praxiserfahrungen zu sammeln, die wiederum in Erfahrungsberichten zusammengefasst werden müssen.

Die Initiative der Trageberaterinnen im Saarland will mit Hilfe des Hebammenverbandes für das Tragen werben. "Wir wissen, dass es beispielsweise in Geburtsvorbereitungskursen kaum Informationen darüber gibt", erklärt Glasmann. "Klinken putzen" wolle man aber auch in Geburtskliniken, beispielsweise mit Info-Veranstaltungen. hth

initiative-trageberatung- saar.de

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