Ex-Linke: Der Parteispitze ist die Basis egalKompletter Vorstand der Wiebelskircher Linken verlässt Partei

Saarbrücken. Wenn Oskar Lafontaine und Rolf Linsler auf das Chaos in vielen Ortsverbänden der Linken angesprochen werden, haben die Partei-Oberen schnell eine Erklärung parat. Lafontaine spricht dann gerne von "schwierigen" Personen in der noch jungen Partei

 Rolf Linsler und Oskar Lafontaine im Landtag. Foto: Dietze/dpa

Rolf Linsler und Oskar Lafontaine im Landtag. Foto: Dietze/dpa

Saarbrücken. Wenn Oskar Lafontaine und Rolf Linsler auf das Chaos in vielen Ortsverbänden der Linken angesprochen werden, haben die Partei-Oberen schnell eine Erklärung parat. Lafontaine spricht dann gerne von "schwierigen" Personen in der noch jungen Partei. Parteichef Linsler sagte jüngst, es handele sich mitunter um Menschen, die "überfordert" und "schwer in eine Gemeinschaft einzugliedern" seien - den Landesvorstand treffe hingegen keinerlei Schuld.Mehrere ehemals führende Funktionäre, die der Partei inzwischen nicht mehr angehören, fühlen sich von Lafontaine und Linsler daher verunglimpft. "Sie schütten Dreckkübel aus, ohne zu wissen, wovon sie reden", sagt der frühere Vorsitzende des Kreisverbandes Saarpfalz, Ralf Berberich. "Das ist ein Hohn und an Lächerlichkeit nicht zu überbieten." Dieser Auffassung schließen sich weitere Ex-Funktionäre von der Orts- bis zur Landesebene an, die sich nun an die SZ wandten.

Seit Jahren kämpft die Saar-Linke mit Problemen in den Kommunen. Mindestens 20 der einst 54 Fraktionen sind zerbrochen. Erst im März hatten 18 Mitglieder der Linken, zum Teil Mandatsträger und Vorstandsmitglieder, der Partei den Rücken gekehrt. In einer gemeinsamen Erklärung klagten sie über "Stasi-Methoden" (die SZ berichtete). In weiteren Austrittserklärungen, die der SZ vorliegen, ist von "Personenkult" und regelmäßigen Verstößen gegen Parteiregularien die Rede.

Die Ex-Funktionäre machen die Parteispitze für die Krise verantwortlich. Lafontaine und Linsler interessierten sich nicht für die Ortsverbände, auch nicht wenn es dort Probleme gebe. "Es moderiert niemand", sagt der frühere Merziger Linken-Kreischef Dieter Heinrich, der 2010 nach einem Streit mit der Abgeordneten Dagmar Ensch-Engel aus der Partei ausgeschlossen wurde. "Es gibt in den Ortsverbänden einen Wildwuchs an Problemen. Aber oben sitzt man und guckt nur zu." Linsler nehme seine Aufgabe, "den Laden zusammenzuhalten", nicht wahr. Funktionierende Ortsverbände gibt es nach Berberichs Darstellung im Saarland "so gut wie überhaupt nicht mehr". In der Parteispitze, berichtet das frühere Landesvorstandsmitglied Heike Meine, sei nicht über die Probleme gesprochen worden. "Der größte Teil des Landesvorstandes wollte mit diesen Problemen nichts zu tun haben. Das ist der Hauptgrund, warum die Ortsverbände jetzt kaputtgehen." Die Analyse deckt sich mit dem, was die Friedrichsthaler Stadtratsfraktion bei ihrer Auflösung im März an Linsler schrieb: Die Parteispitze habe in einer schwierigen Situation des Ortsvereins "in keiner Weise dessen Mitglieder ernst genommen beziehungsweise unterstützt". kir

Neunkirchen. Der komplette zwölfköpfige Vorstand des Ortsverbandes Wiebelskirchen der Partei Die Linke verlässt zum Monatsende die Partei. Grund ist nach Angaben des Vorsitzenden Peter Bretzius und des Geschäftsführers Horst Schock, dass sich der Kreisvorstand "unsozial und diskriminierend" gegenüber mehreren Ortsverbänden verhalte. So würden Beschlüsse des Kreisvorstandes trotz mehrmaliger Bitten nicht an die Ortsverbände weitergegeben. Angeführt wird auch, dass bei der Mitgliederversammlung im Kreis Neunkirchen am 22. April den gewählten Kassenprüfern die Revision der Kreisfinanzen verwehrt worden sei, dies mit Billigung des Landesvorstandes. Vier Ortsverbände hatten deshalb die Versammlung boykottiert, aus dem Vorstand der Eppelborner Linken wurden die Ergebnisse der Tagung angefochten. gth

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort