Von Lack bis Louis XIV.

Saarbrücken. Für Theaterbesucher ist er als Person nicht sichtbar, und sein Büro im "Großen Haus" ist ziemlich klein. Doch Markus Maas leitet eine Abteilung am Saarländischen Staatstheater (SST), ohne die keine Aufführung möglich wäre: die Kostümabteilung. Ein Rundgang durch seinen Wirkungsbereich führt über alle Stockwerke und vermittelt das Gefühl, Kilometer zurückzulegen

Saarbrücken. Für Theaterbesucher ist er als Person nicht sichtbar, und sein Büro im "Großen Haus" ist ziemlich klein. Doch Markus Maas leitet eine Abteilung am Saarländischen Staatstheater (SST), ohne die keine Aufführung möglich wäre: die Kostümabteilung. Ein Rundgang durch seinen Wirkungsbereich führt über alle Stockwerke und vermittelt das Gefühl, Kilometer zurückzulegen. Dabei tun sich Welten auf, die fast so irreal wirken wie bei Alice im Wunderland. Hier rollt jemand einen Kleiderständer mit Brautkleidern durch den engen Flur; dort Lodenmäntel à la Humphrey Bogart. Über- und hintereinander in meist etwas düsteren Kammern hängen und stapeln sich Garderoben, Hüte und Schuhe aus verschiedenen Zeiten, von grau-beige bis knallbunt in allen Konfektionsgrößen.Eine Reihe von Berufen traditioneller Handwerkskunst werden hier im Hintergrund des Theaterbetriebs ausgeübt. In einem kleinen Atelier führt eine Hutmacherin ihre feinen Arbeiten aus; andernorts rattern zwischen Schnittmodellen und Dampfbügeleisen die Nähmaschinen. Da arbeiten die Gewandmeisterinnen und -meister der Kostümabteilung, Schneidermeister, die nicht nur zeitgemäß modische Kleidung herstellen können, sondern auch solche aus früheren Zeiten. "Im Idealfall können sie sich einfühlen: Was hätte ein Couturier für Ludwig den XVI. entworfen, und wie hätte er das umgesetzt? Eine hohe Herausforderung!" erklärt Markus Maas. Die Kompetenzen seiner Mitarbeiter stellt er gerne heraus: "Wunderbar ist auch, dass wir mit Thomas Seibold einen Schuhmachermeister haben, und nicht einfach einen Schuster. Wenn zum Beispiel gelbe Schnürstiefel mit Federn gebraucht werden, dann kann er sie herstellen." Die hohen roten Lackstiefel für die Rocky Horror Show hat Seibold allerdings fast bühnenfertig in einem Erotik-Fachgeschäft kaufen können. Wirtschaftliche Lösungen gehen vor.

Markus Maas ist seit Beginn der letzten Spielzeit, seit Herbst 2011, Leiter der Kostümabteilung des SST. Einiges hat er schon bewegen können, eine Menge hat er weiterhin vor. Die Arbeitsbedingungen zu verbessern ist eines seiner Ziele. In der Färberei wurde bereits durch ein neues Zu- und Abluftsystem buchstäblich das Arbeitsklima verbessert, andernorts erleichtern große neue Sichtfenster die Kommunikation. Eingeführt hat Maas Teamsitzungen, bei denen all die Kostüm-Mitarbeiter aus all den vielen Winkeln des Hauses regelmäßig zusammentreffen. Ein "perfektes Ziel" ist für Maas "eines, das gemeinsam entwickelt wird. Immer unter der Maßgabe: Wie können Kostümabteilung und "das Haus" optimal zusammenarbeiten?"

Markus Maas denkt auch über die Grenzen des Hauses hinaus: Für die Kostümbegeisterten der ganzen Region will er den Theaterfundus noch weiter öffnen, dieses "riesige Kapital" breiter für den Verleih nutzbar machen. Schon jetzt klingelt das Telefon von Markus Maas pausenlos mit allerlei Anfragen auch zu diesem Thema. Ohne die digitale Erfassung all der Schätze im Theaterfundus wird das allerdings kaum zu bewältigen sein, und die kann Jahre dauern. "Das wird eine Riesenanforderung für das Personal. Entsprechend besonnen müssen wir es angehen", sagt Maas.

Am 2. September wird die neue Spielzeit eröffnet. Dazu gibt es einen Tag der offenen Tür mit Flohmarkt und Kostümversteigerung.

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-staatstheater.de

Zur Person

Markus Maas, Jahrgang 1967, ist gebürtiger Saarlouiser. Schon als Jugendlicher entdeckte er die Nähmaschine der Großmutter für sich und begann, zu experimentieren und nach eigenem Geschmack zu schneidern.

Als Ausbildung wählte er "den soliden Weg": eine Lehre als Herrenschneider bis zum Meisterbrief, später Ausbildungen zum Gewandmeister und Kostümbildner. Berufserfahrung sammelte er zunächst in einem sehr traditionellen Atelier und schließlich an mehreren deutschen Theatern.

Mitte der 90er erhielt er die Auszeichnung "Meisterpreis der bayerischen Staatsregierung" in Nürnberg. Kostüme zu entwerfen, sagt er, hat für ihn viel mit Architektur gemeinsam.

Maas liebt es, Neues zu erproben und genreübergreifend zu denken, was gerade auch in der Zusammenarbeit mit Intendanz, Dramaturgie und Regie gefordert ist. Die Kostümabteilung des SST leitet er seit November vergangenen Jahres.

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