Faszinierendes und umtriebiges Saarbrücken

Saarbrücken. Abgelegene saarländische Dörfchen, urige Gegenden, düstre Wälder und jetzt das Saarbrücken der 30er Jahre, die Krimiautorin Kerstin Rech hat einen ganz besonderen Hang zum Saarland. Das kommt nicht von ungefähr

Saarbrücken. Abgelegene saarländische Dörfchen, urige Gegenden, düstre Wälder und jetzt das Saarbrücken der 30er Jahre, die Krimiautorin Kerstin Rech hat einen ganz besonderen Hang zum Saarland. Das kommt nicht von ungefähr. Aufgewachsen ist sie in Bierbach bei Blieskastel, und obwohl sie schon seit mehr als 20 Jahren in Stuttgart lebt, fühlt sie sich der Heimat verbunden, mit ihr vernetzt und inspiriert von ihren Geschichten und Leuten. Weshalb sie auch alle ihre Krimis in hiesigen Gefilden ansiedelt. Genauso wie ihr jüngster, "Hotel Excelsior", der im Oktober beim Conte Verlag erscheint. "Als Kind war Saarbrücken für mich die Stadt überhaupt, was ganz Besonderes, wenn ich dort durch die Straßen schlendern und die Geschäfte betrachten konnte", erzählt Rech. Sie sei nicht oft vom Land hergekommen, und gerade deshalb habe sich ihr wohl alles stark eingeprägt. Nostalgische Erinnerungen und die Entdeckung bei ihren Recherchen, wie schön, mondän, herausragend Saarbrücken einmal war, haben sie dazu bewogen einen Teil Stadtgeschichte in "Hotel Excelsior" zu verarbeiten. "Natürlich musste ich als Erwachsene mein Bild von Saarbrücken irgendwann revidieren, aber gerade den St. Johanner Markt mit seinen engen Gäßchen mag ich immer noch sehr. Ich finde viele Teile der Stadt richtig schön", sagt Rech. Was sich aber nicht auf die Bahnhofstraße beziehe, die sei wie die meisten Einkaufsmeilen in anderen Städten auch austauschbar und gesichtslos. Und die Saarländer hätten ein mangelndes Selbstbewußtsein, was ihr Land betreffe. Das verstehe sie nicht, man habe das hier doch gar nicht nötig. 1982 ging Rech zum Studium nach Stuttgart, ist dann "dort hängengeblieben". Es fließe da viel Geld, kulturell tue sich einiges, man merke, dass Baden-Württemberg keine arme Region sei. Gleich ihr erster Krimi "Das fünfte Geschlecht" (Leda), 2003 erschienen, wurde für den Glauser-Preis für das beste Debüt nominiert, der neue ist jetzt ihr fünfter. Rech arbeitet auch im Marketing einer Firma, die Versandhandel für Büroausstattung betreibt: "Nur vom Krimischreiben kann ich nicht leben, das können die wenigsten." Schwer hätten es die deutschen Krimiautoren im stark angelsächsisch und skandinavisch geprägten Genre. Rech benutzt gerne historische Themen als Aufhänger wie das exklusive Hotel Excelsior auf das sie in einem Buch von Ralph Schock "Hier spricht die Saar" gestoßen sei: "Davor wußte ich gar nichts von diesem Hotel. Dann hab' ich recherchiert und entdeckt, wie faszinierend und umtriebig das Leben damals in Saarbrücken war." So hat sie eine dramatische Geschichte um diesen auch international nicht unbedeutenden Ort gewebt, in der kurz vor der Abstimmung über das Saargebiet ein nicht sehr Hitler-treuer Oberkellner des Excelsior ermordet wird. Eine Tat, an der erst Jahrzehnte später wieder gerührt wird. Das Tun von Nazis, Duckmäusern, Opportunisten und Unangepassten wirkt nach bis in die Gegenwart. Und natürlich hat's mit Liebe zu tun. Auch fehlt es nicht an saarländischen Originalen, lokalem Flair und Dialekteinsprengseln, obwohl Rech bewusst ist, dass regionale Krimis zu schreiben ein zweischneidiges Schwert sein kann. Da wird man schnell in eine Schublade gesteckt, aus der man nie mehr herauskommt. "Natürlich ist die Gefahr da, als Wald- und Wiesen-Schreiber zu gelten, aber ich siedle meine Krimis eben gern in Orten an, die ich mag, deren Geschichte ich kenne. Und die Leute mögen meine Bücher." Fragt man Rech nach ihrer Lieblingsregion hier, dann ist das immer noch Bierbach: "Und der Wald dort, eine bizarre, unheimliche Landschaft, um die sich viele Sagen ranken." Wie geschaffen also für kriminalistische Spürnasen.

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