"Ich lasse mich auch gerne überraschen"

Herr Scherer, die neue Saison, in der Sie seit Jahren wieder als Aufsteiger in der Bundesliga spielen, hat begonnen. Sind Sie mit den Entwicklungen bei den Saarland Hurricanes in den letzten Monaten zufrieden?Thorsten Scherer: Im Winter war ich mit unserer Trainingssituation nicht zufrieden

Herr Scherer, die neue Saison, in der Sie seit Jahren wieder als Aufsteiger in der Bundesliga spielen, hat begonnen. Sind Sie mit den Entwicklungen bei den Saarland Hurricanes in den letzten Monaten zufrieden?Thorsten Scherer: Im Winter war ich mit unserer Trainingssituation nicht zufrieden. Mittlerweile hat es sich so eingebürgert, dass wir auf zwei Kunstrasenplätzen trainieren können, nämlich in Ensheim und Fechingen. Im Winter war das nicht immer der Fall, aber immer noch besser als im vergangenen Jahr, als wir hauptsächlich auf unserem alten Hartplatz auf dem Matzenberg trainieren mussten. Der Trainingsbesuch ist dafür nicht mehr so üppig wie im letzten Jahr, weil wir ganz einfach weniger Spieler zur Verfügung haben als 2010. Wir haben sehr viele, auch namhafte Abgänge, die uns über die gesamte Saison fehlen werden. Nico Hell und Steven Schirra haben beispielsweise aus beruflichen Gründen zurückgefahren und trainieren jetzt unsere zweite Mannschaft. Dazu kommt, dass einige, wie zum Beispiel Ulf Weisgerber, ihre Karriere beendet haben.

Wie erklären Sie sich diese Fluktuation nach einem Erfolg wie dem Aufstieg in die Bundesliga?

Scherer: Zum einen ist der Schwund schon noch in einem normalen Rahmen, den man jährlich hat. Aber dieses Mal traf es uns halt mit zwei hochkarätigen Spielern wie Hell und Schirra besonders. Dann sehen viele einen zeitlichen Mehraufwand, der sie abschreckt. Aber eigentlich sollte der sportliche Erfolg nach einem Aufstieg in die höchste Liga die Spieler zusätzlich motivieren und ihnen einen neuen Schwung geben, aber den habe ich ein bisschen vermisst. Ich glaube, manche hatten zu viel Respekt vor dem, was da auf uns zukommt.

Neben den zahlreichen Abgängen gab es auch zahlreiche, teilweise hochkarätige Neuzugänge zu vermelden. Wie haben die Neuen sich integriert?

Scherer: Die haben sich hervorragend integriert. Die Gruppe, die aus der Region um Mannheim zu uns kommt - wir nennen sie die "Mannheimer Zelle" (Daniel McCray, Okan Kilic, Torrance Brown und Louis Starke, Anm. d. Red.) - kennt sich schon seit der Jugend und wollte dieses Jahr wieder zusammen spielen. Wir konnten ein Angebot machen, das attraktiv genug war. Alles in allem ist der diesjährige im Vergleich zum 2010er Kader deutlich dünner. Das meine ich sowohl gewichtstechnisch als auch zahlenmäßig. Es ist aber ein sehr viel stärkerer Kader, weil sich eben die Spreu vom Weizen getrennt hat. Diejenigen, die nicht richtig wollen und nicht richtig mitziehen, sind nicht mehr dabei. Die haben in diesem Jahr allerdings die Chance, in der zweiten Mannschaft weiterzuspielen. Was meiner Meinung nach eine super Lösung ist.

Besteht aber nicht die Gefahr, dass die zweite Mannschaft für viele Spieler, die sich die Bundesliga nicht zutrauen oder nicht antun wollen, zu verlockend wird?

Scherer: Die Gefahr habe ich auch gesehen und war deshalb anfangs auch nicht sehr überzeugt von der Idee einer zweiten Mannschaft. Als ich dann aber mal im Training war und mit angeschaut habe, wer alles dabei ist und was die da so reißen . . . Für viele ist die zweite Mannschaft sicherlich die richtige Lösung, aber es gibt auch einige, bei denen ich froh gewesen wäre, wenn ich sie in meinem Kader hätte. Aber mal ganz ehrlich und auf gut Deutsch gesagt: Wenn ich nicht den Arsch in der Hose habe, mich so zu quälen, dass ich in der Bundesliga spielen kann, bin ich da auch nicht richtig.

Kann es auch sein, dass sich einige Stammspieler aus dem Aufstiegsjahr auch wegen der zahlreichen Neuzugänge, die ja alle in der Startelf stehen werden, schlicht und einfach übergangen fühlten und sich deshalb andere Prioritäten setzten?

Scherer: Das war nicht so. Es ist grundsätzlich so, dass nach jeder Saison geschaut wird: Wer will aufhören, wer ist vielleicht nicht gut genug auf seiner Position und wo kann ich Verstärkungen bekommen? Der Markt in Deutschland ist gerade in unserer Gegend nicht der allergrößte. Wir können nach Kaiserslautern oder nach Trier schauen, ansonsten hätten die Spieler zu weite Anfahrtswege, und das wäre nicht zumutbar. Auf der anderen Seite müssen wir uns möglichst früh einen Überblick verschaffen, wie die Motivation in der Mannschaft ausschaut: Wer gehen möchte, wer bleiben möchte, wer seine Position wechseln will - das gibt es auch immer wieder. Von daher haben wir zuerst mit unserer bestehenden Mannschaft gesprochen, geschaut, wo es eventuell Lücken geben wird, und gleichzeitig zugesehen, dass wir Neuzugänge bekommen. Dass wir dabei jemanden vergrämt hätten, kann ich mir nicht vorstellen.

Welches Saisonziel haben Sie als Aufsteiger? Geschäftsführer Torsten Reif hatte ja noch im September letzten Jahres davon gesprochen, man wolle "nicht einfach nur antreten, sondern etwas erreichen". Glauben Sie an das Erreichen der Playoffs?

Scherer: Wenn man sich den Altersschnitt unserer Offensivlinie anschaut, kommt man auf 21 Jahre oder weniger. Es wird ein paar Jahre dauern, bis die Mannschaft, wenn sie so lange zusammenspielt, weiterkommen kann. Ich will jetzt natürlich nicht sagen, dass sie nicht spielen können. Sonst würde ich sie ja auch nicht aufstellen. Aber bis das Ganze Playoff-tauglich wird, dauert es noch eine Weile. Aber ich lasse mich auch gerne überraschen . . .

Wie schätzen Sie die Liga ein? Wer wird der Haupt-Konkurrent im Kampf um den Ligaverbleib?

Scherer: Ich glaube, dass Schwäbisch Hall und Marburg ganz vorne um die Meisterschaft spielen werden. Plattling wird wohl ganz weit unten sein, weil die - wie man hört - arge finanzielle Probleme haben und der Kader während der Vorbereitung auseinandergebrochen ist.

Die Hurricanes wollen sich langfristig in der Bundesliga halten und irgendwann auch wieder an den Playoffs teilnehmen. Ist es absehbar, dass dafür der Stamm dieser jungen Mannschaft über längere Zeit gehalten wird, oder ist das im Football prinzipiell nicht möglich?

Scherer: Im Football ist so etwas sicherlich schwieriger als in anderen Sportarten, weil das körperlich sehr anspruchsvoll ist. Wir versuchen im Moment natürlich, den Kader so zu halten. Dadurch, dass wir so viele Neuzugänge von außerhalb holen mussten, wird das aber im nächsten Jahr sicher schwierig.

Ein wichtiger Schritt in der Geschichte der Canes wird der neue Kunstrasenplatz in Burbach am Matzenberg. Die Bauarbeiten sind im vollen Gange, offiziell soll er am 6. Mai fertig sein. Welche konkreten Vorteile sehen Sie als Trainer?

Scherer: Allein die Tatsache, dass wir einen eigenen Platz haben, auf dem wir unsere Trainingszeiten selbst bestimmen können und nicht auf das Wohlwollen anderer angewiesen sind, ist einfach eine wahnsinnige Erleichterung. Zum Zweiten haben wir auf dem neuen Platz die für uns so wichtigen Linien. Die mussten wir bisher vor jedem Training mit Hütchen simulieren, was für die Orientierung auf dem Platz nicht gerade förderlich war. Und drittens hat endlich das ewige Wegesuchen ein Ende. Wir haben jetzt einen festen Platz, ein festes Zuhause und müssen nicht kurzfristig Trainingspläne ändern, weil wir auf einen anderen Platz müssen. Dort können wir auch unsere ganzen Trainings-Utensilien aufbewahren und wegschließen. Die wurden bisher immer auf die Autos verteilt und durch das ganze Saarland gefahren.

Auf der anderen Seite werden Sie mit Ihrer Mannschaft künftig auf einem Kunstrasen trainieren, am Wochenende aber die Pflichtspiele auf dem Naturrasen im Saarbrücker Ludwigspark abhalten. Welche Unterschiede gibt es da zu beachten?

Scherer: Der Rasen im Ludwigsparkstadion ist für mich einer der schönsten in ganz Deutschland. Von daher glaube ich nicht, dass es bei Heimspielen eine große Wirkung haben wird. Bei Auswärtsspielen aber schon. Da kann es sein, dass es zu Abstimmungsschwierigkeiten kommt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die so überragend sein werden, dass die Mannschaft das nicht ausgleichen kann. So übertrainiert sind wir ja jetzt auch wieder nicht.

Auf einen Blick

Die Saison 2011 in der Football-Bundesliga, die bisherigen Partien der Hurricanes:

Mönchengladbach Mavericks - Saarland Hurricanes 43:14

Munich Cowboys - Saarland Hurricanes 17:15

Die weiteren Spiele:

Saarland Hurricanes - Wiesbaden Phantoms 30.4., 17 Uhr

Stuttgart Scorpions - Saarland Hurricanes 7.5., 18 Uhr

Saarland Hurricanes - Stuttgart Scorpions 14.5., 17 Uhr

Saarland Hurricanes - Schwäb. Hall Unicorns 21.5., 17 Uhr

Saarland Hurricanes - Munich Cowboys 28.5., 17 Uhr

Wiesbaden Phantoms - Saarland Hurricanes 11.6., 16 Uhr

Marburg Mercenaries - Saarland Hurricanes 26.6., 16 Uhr

Saarland Hurricanes - M'gladbach Mavericks 23.7., 17 Uhr

Saarland Hurricanes - Marburg Mercenaries 6.8., 17 Uhr

Plattling Black Hawks - Saarland Hurricanes 14.8., 15 Uhr

Saarland Hurricanes - Plattling Black Hawks 20.8., 17 Uhr

 Beim Titelgewinn in der 2. Liga ließ Thorsten Scherer die obligatorischen Duschen regungslos über sich ergehen. Foto: Wieck

Beim Titelgewinn in der 2. Liga ließ Thorsten Scherer die obligatorischen Duschen regungslos über sich ergehen. Foto: Wieck

 Beim Titelgewinn in der 2. Liga ließ Thorsten Scherer die obligatorischen Duschen regungslos über sich ergehen. Foto: Wieck

Beim Titelgewinn in der 2. Liga ließ Thorsten Scherer die obligatorischen Duschen regungslos über sich ergehen. Foto: Wieck

Schwäb. Hall Unicorns - Saarland Hurricanes 3.9., 17 Uhr

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