Die Stadtautobahn, die Hölle und das Paradies im Tunnel

Saarbrücken · Mehr Geld für einen besseren öffentlichen Personennahverkehr – darin sehen die Piraten und der Verkehrswissenschaftler Heiner Monheim eine mögliche Lösung für das Saarbrücker Verkehrsproblem.

Da könne der Landtag ja den nächsten Untersuchungsausschuss schon mal vorbereiten, witzelt Michael Hilberer. Hilberer ist Vorsitzender der Piratenpartei-Fraktion im Landtag. Und dorthin hatten er und seine Fraktion Experten eingeladen, um über das Projekt "Stadtmitte am Fluss" zu reden. Hilberer, der sich im Landtagsrestaurant an den Rand gesetzt hat, während vorne diskutiert wurde, ist der finanziell etwas aus dem Ruder gelaufene und zum Politikum gewordene Neubau des Saarlandmuseums in den Sinn gekommen.

Saarbrückens Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer hatte da gerade erklärt, dass der Stadtautobahn-Tunnel nicht mehr als 200 Millionen Euro kosten wird. Und der Piraten-Landtagsabgeordnete Michael Neyses hatte entgegnet, dass man mit Blick auf die Kostenentwicklung anderer Großprojekte wohl eher von einer Milliarde Euro ausgehen müsse. Das fand der Verkehrswissenschaftler Professor Heiner Monheim übertrieben. Mit 200 bis 250 Millionen pro Tunnel-Kilometer müsse man rechnen. Wenn der Saarbrücker Tunnel wie geplant rund 1,5 Kilometer lang wird, kommt man nach dieser Rechnung auf 300 bis 375 Millionen Euro.

Eine solche Rechnerei ist für Monheim aber eh unnötig - so unnötig wie der Tunnel selbst, und so unnötig wie die von einer Initiative und vom Saarbrücker Bürgerforum geforderte Südumfahrung durchs Deutschmühlental. Monheim, der in Bundesbehörden, im Verkehrsministerium Nordrhein-Westfalen und als Professor an der Universität Trier gearbeitet hat, warnt davor, nach altem Muster weiterzuplanen.

Wenn ein Parkhaus nicht mehr ausreicht, werde ein weiteres gebaut. Und wenn der Verkehr in den zentralen Lagen unerträglich werde, dann verschiebe man "den Mist" woanders hin. Nach dem Sankt-Florians-Prinzip ("Verschon' mein Haus, zünd' andere an") baue man Ortsumfahrungen.

"Die Krönung von Sankt Florian ist der Tunnel", findet Monheim. Die Autos seien ja dann immer noch da. Moderne Verkehrspolitik müsse aber versuchen, den Autoverkehr zu verringern. Im Saarbrücker Modell verschwinde der Verkehr nur kurz unter die Erde. "Was ist gewonnen, wenn du 1,5 Kilometer Paradies hast, danach aber wieder die Hölle?", fragt Monheim. Er rät zum "Innehalten".

Das finden die Piraten, die den öffentlichen Personen-Nahverkehr mit einer für alle Saarländer ab 16 Jahren verbindlichen Netzfahrkarte für 19,20 Euro stärken wollen, nicht verkehrt. Auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Simone Peter findet das sympathisch. Sie nutzte die Piraten-Veranstaltung, um zu sagen, dass sie nicht mehr an den Tunnel glaubt.

Auf die Frage von Moderator Stephan Deppen (SR), ob sie denn noch an den Tunnel glaube, antwortet Wandel-Hoefer nicht ganz so klar. Sie redet von Förderperioden der Europäischen Union, von einem "intensiven Dialog mit dem Bund". Und sie räumt ein, dass sie 2009, als das Projekt Gestalt annahm, "zu optimistisch" war, was die Umsetzung angeht. Aber sie versichert: "Wir bleiben mit Zähigkeit dran." Die Stadt werfe nicht in den Papierkorb, was sie "fundiert erarbeitet" habe.

Der immer wieder geforderte "Plan B" bestehe darin, dass man umsetze, was ohne Geld für den Tunnel zu machen sei. Zum Beispiel stehe der Umbau der Wilhelm-Heinrich-Brücke an. Da zeige die Stadt, dass sie nicht nur Auto-Politik betreibe. "Wir nehmen den Autofahrern etwas weg, geben den Fahrradfahrern mehr", versicherte die Dezernentin. Die Südumfahrung sei jedenfalls keine Lösung, die koste rund 300 Millionen Euro.

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