Ein Schwarm, der tanzt und spielt

St Johann · Darsteller des Saarländischen Staatstheaters (SST) studieren derzeit die Komödie „Die Vögel“ von Aristophanes ein – auf der Probenbühne des SST im Eschberger Weg. Regie führt Thomas Schulte-Michels, für die Choreografie zeichnet Teresa Rotemberg verantwortlich. Die Premiere ist am 18. Januar im SST.

 Bei den Proben zur Staatstheaterinszenierung der Komödie Die Vögel von Aristophanes. Foto: Rich Serra

Bei den Proben zur Staatstheaterinszenierung der Komödie Die Vögel von Aristophanes. Foto: Rich Serra

Foto: Rich Serra

"Und dehnt!" - 36 Leiber, die zeitgleich einfallen. "Und streckt!" - 36 Armpaare, die sich Richtung Decke der "Neuen Probebühne" am Eschberger Weg recken. "Kollaps!" - Entspannung. Auf Befehl der Choreografin Teresa Rotemberg erschlaffen 36 Leiber. Vielfaches Ausatmen.

Den Statisten wird schon beim Aufwärmen einiges an Körpereinsatz abverlangt. Wer ihnen dabei zusieht, merkt sofort: Hier fließt Energie, hier werden die vielen quirligen Körper sich im Verlauf zu einer Einheit zusammenschließen. Laien, die sich zusammentun, um später eine gemeinsame Rolle, die wichtigste im Stück, zu spielen. Sie sind "Die Vögel".

Während die Statisten und Schauspieler langsam auf ihre Positionen traben, geht Regisseur Thomas Schulte-Michels noch in sich. Er soll die Masse zu einem großen Ganzen formen, muss Dompteur sein, muss den Überblick wahren. Wie ihm das gelingt? "Macht's denen schwer!", gibt Schulte-Michels, genannt "Schumi", vor.

Mit "denen" sind die fünf Schauspieler Nina Schopka, Gertrud Kohl, Johannes Quester, Robert Prinzler und Heiner Take gemeint. "Seid noch mehr Rasselbande!" Die Dynamik des Stücks steht und fällt mit der der Statisten. Und dann: "Den ganzen Quatsch noch mal von vorne!" Der Beobachter wird Zeuge eines bemerkenswerten Schauspiels: Die Massen wiegen sich auf der Bühnenkonstruktion wild hin und her, trappeln Treppen rauf und runter, wuseln lebendig, hetzen chaotisch, formieren sich zum Schwarm, tanzen, spielen, jubilieren. Nicht nur ihr Körperspiel macht das Geschehen zum Erlebnis: Mit einer Papiermünze hinter den Zähnen können die Vögel pfeifen, ohne dabei ihre Hände zur Hilfe zu nehmen.

"Einmal begonnen, ist das Stück wie in einem Sog", sagt Schulte-Michels. Wenn die Masse erst einmal losstampft, gibt es kein Halten mehr. Dennoch unterbricht Schulte-Michels, wenn es sein muss. "Ladys and Gentlemen, you're the actor, I'm the spectator", verkündet der Regisseur, lehnt sich zurück, blickt auf die Stufen. Das Bühnenbild, das Schulte-Michels erdacht hat, ist genial: Bei der Premiere am 18. Januar wird der Zuschauer einer riesigen Stufenkonstruktion entgegenblicken, auf der der Mob herumturnt. Manche der Statisten tun dies sogar in hochhackigen Schuhen.

"Sicher ist das anstrengend, sehr sogar", sagt einer der älteren Statisten, "im Lauf der Proben entsteht aber so eine Spannung, dass man die Anstrengung erst später bemerkt."

Andere würden Geld fürs Fitness-Studio bezahlen, die Statisten würden dafür sogar noch etwas rausbekommen. Natürlich gehört noch mehr dazu, als voller Körpereinsatz. Die ersten Proben waren für die Statisten reine Sprechproben. Schließlich sind die Vögel nicht nur schmuckvolle Zierde, sondern bilden dazu den Chor der antiken Komödie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort