Integrationsbeirat hofft auf hohe Wahlbeteiligung

Saarbrücken · 21 000 Saarbrücker dürfen nicht wählen, weil sie keinen deutschen Pass haben. Außer am 6. April. Dann steht die Wahl zum Integrationsbeirat an. Er steht dem Stadtrat beratend zur Seite.

In Saarbrücken leben 178 800 Menschen. Davon haben 14 Prozent einen ausländischen Pass. "154 Nationen haben hier eine neue Heimat gefunden", fasste Migrationsdezernent Thomas Brück am Donnerstagabend im Rathausfestsaal zusammen. Am 6. April sind 21 000 Saarbrücker ohne deutschen Pass aufgefordert, den Integrationsbeirat, der sich aus zehn gewählten ehrenamtlichen Mitgliedern mit ausländischem Pass und fünf Vertretern des Stadtrates zusammensetzt, neu zu wählen.

Emine Isgören, von der "Liste 8: Türken für Saarbrücken" war die letzen fünf Jahre schon Mitglied des Integrationsbeirats. Ihr größtes Ziel sei es, mehr Wahlbeteiligung zu erreichen. "Mir ist egal, wer gewählt wird. Aber geht wählen", appellierte sie. Vor fünf Jahren betrug die Wahlbeteilung gerade mal 6,5 Prozent. "Das wird belächelt", sagte die 43-Jährige: "aber wenn wir sagen können, 14 Prozent der Ausländer stehen hinter uns, hat das ein anderes Gewicht". "Ich darf nicht einmal meinen Bürgermeister wählen", empörte sie sich. Der Beirat habe "nur eine Beratungsfunktion und Wiedergabefunktion", kein echtes politisches Gewicht. Dennoch zeigten sich alle Kandidaten kampfbereit.

Auch Natalia Meleva (63, Liste 3 "Verein Russisches Haus") stellt sich zur Wiederwahl. Die Russin will, dass auf Landesebene ein "kommunales Wahlrecht für alle Migranten" angestoßen wird. Altbekannt ist auch Lamine Mohamed Conté (48, Liste 6 "Haus Afrika"). Neben mehr Integration, gerechte Flüchtlings- und Asylpolitik, wolle er vor allem gegen "versteckten Rassismus" kämpfen, aber auch mehr fair gehandelte Produkte in der Stadt etablieren und eine "Verdoppelung der Zuschüsse für Vereine" anstreben.

Jura-Student Oumar Keita (28, Liste 4, "Viel Falt Saarbrücken") erlebt Rassismus gegenüber Afrikanern nicht nur versteckt: "Viele bekommen nicht einmal einen Nebenjob", weil das Vorurteil herrsche, "Afrikaner wollen nicht arbeiten". Ausländische Studenten hätten keine Vertretung. Er wolle sie bei "Wohnungs-, Job- oder Deutschkurssuche" unterstützen.

Auf "Liste 1: Kultur- und Bildungszentrum Kalinka" stellt sich Spitzenkandidat Valeri Vorobets (34) der Wahl. Er will "Verantwortung übernehmen" und findet, dass viele Programme und Projekte zur Integration "zwar viel Geld kosten, aber das Angebot" komme nicht an.

Jahangir Mohammad Dogar aus Pakistan ist Einzelkandidat der "Liste 7: Dogar" und sieht seine Kandidatur als Zeichen seiner Integration und dem Willen "weiterzukommen". Viele Ausländer "interessieren sich nicht für Politik", beschrieb der Koch: "In Pakistan haben wir keine Demokratie, keine Meinungsfreiheit", sagte er, "hier schon: Deswegen bin ich hier."

Über die größte Wahlkampfunterstützung darf sich Müzeyya Akyel (53, Liste 5: SPD Saarbrücken) freuen. Sie ist Mitglied der SPD und will "Frauenrechte stärken" und sich für die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen einsetzten.

Der Bosnier Nermin Salihovic (43, Liste 2: Liste International) möchte muttersprachlichen Unterricht an Schulen etablieren, "weil unsere Kinder ihre Sprache verlernen". Die Anerkennung von ausländischen Schul- und Berufsabschlüssen müsse transparenter gestaltet werden, findet er.

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