Liebe auf den ersten Ton

Saarbrücken · Musiker und ihr Instrument: eine lebenslange Beziehung. Wie finden Mensch und Instrument zusammen? Was fasziniert an einem Instrument? In loser Folge wollen wir diesen Fragen im Gespräch mit Künstlern auf den Grund gehen. Heute: das Musikerehepaar Vilmantas Kaliûnas und Britta Jacobs.

 Musikalische Seelenverwandte mit ihren "Lebensgefährten": Britta Jacobs mit Flöte, Vilmantas Kaliûnas mit Oboe. Foto: Oliver Dietze

Musikalische Seelenverwandte mit ihren "Lebensgefährten": Britta Jacobs mit Flöte, Vilmantas Kaliûnas mit Oboe. Foto: Oliver Dietze

Saarbrücken. "Seelenverwandtschaft", sagt Vilmantas Kaliûnas und schaut seine Frau Britta Jacobs lächelnd an. Was liegt näher, als ein Musiker-Ehepaar zu fragen, ob es die Musik gewesen ist, die sie zusammenführte. "Ja. Eindeutig", bekräftigt die zierliche Flötistin.Als sie 2003 zum Rundfunkorchester Kaiserslautern kam, spielte sie in der ersten Runde des Probespiels hinter einem Vorhang: Mozart. Schon beim Hören der ersten Töne hatte der Solo-Oboist Vilmantas Kaliûnas ein "Aha-Erlebnis".

Britta Jacobs bekam die Stelle als Soloflötistin. Und das Musikerpaar heiratete 2005. Im selben Jahr kam Sohn Leonas zur Welt, Sohn Jovis ist heute fünf Jahre und Mykolas zwei Jahre alt. Das Orchester, dem beide heute verbunden sind, heißt Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken/Kaiserslautern (DRP).

"Bei einem Musiker ist die Musik der Spiegel der Seele", davon ist Vilmantas Kaliûnas überzeugt. Für den in Litauen geborenen Oboisten ist wichtig, einen individuellen Klang mit seinem Instrument erzeugen zu können, deshalb schnitzt er seine Mundstücke selbst. Sein Probespiel in Kaiserslautern absolvierte Vilmantas Kaliûnas seinerzeit mit einem geliehenen Instrument der Musikhochschule Saarbrücken, dort studierte er bei Professor Armin Aussem. Um sein erstes eigenes wertvolles Instrument kaufen zu können, hätte ihm - noch in der Probezeit - keine Bank einen Kredit gegeben, deshalb bürgte der Lehrer für ihn.

Bei einem Oboenhändler in Neuss wurde der Profi dann nach langer Suche nach "seinem" Instrument fündig und unvergesslich glücklich: "Das war ein schöner Tag!", erinnert er sich heute noch. Seit 14 Jahren spielt er seine Oboe - 9000 Euro müsste man heute dafür bezahlen - die in Paris gebaute Marigaux.

"Das Instrument ist mein Ein und Alles", sagt er. "Das ist mein Brot. Das ist meine Musik. Manchmal vergleiche ich ein Instrument mit einer Beziehung, wenn man einander vertraut. Ich weiß das Instrument lässt mich so gut wie nie im Stich." Die Formulierung ist mit Bedacht gewählt, denn einmal ist es doch passiert. Zwei Tage vor einem Konzert ließ er das Instrument über Nacht am Rundfunk in seinem Spind. Auf dem Nachhauseweg dachte er noch: "Hm, das hast du noch nie gemacht, deinen Freund alleine in der Dunkelheit zu lassen." Bei der konzertanten Aufführung von "Eugen Onegin", kurz vor der Briefszene, einer schwierigen Oboenstelle, passierte es. Aus der Oboe fiel ein Schräubchen raus. Ein Riesenschreck. Seine Kollegin lieh ihm spontan ihr Instrument und rettete die Situation. Ob ihm seine Oboe einen Denkzettel geben wollte? Darüber habe er durchaus nachgedacht, meint Kaliûnas. Oder vielleicht hatte er es einfach zu wenig gepflegt. Denn das sei auch wichtig.

"Wie bei einer Beziehung.", wirft Britta Jacobs lebhaft ein. Die Profimusikerin spielt auf einer Yamaha 14 Karat Goldflöte, die 27 000 Euro gekostet hat und vom Orchester angeschafft wurde. Vor der Goldflöte spielte Britta Jacobs eine Silberflöte. Der Wechsel war schwierig für sie und dauerte zwei Jahre: "Gold hat eine andere Dichte, ist weicher und schwingt anders. Ich brauche einen höheren Widerstand, mehr Stütze, mehr Kraft, um das Instrument optimal zum Schwingen zu bringen."

Die Flötistin entwickelt immer wieder neue Klangvorstellungen, deshalb muss sich ihr Instrument mit Hilfe der Kunst ihres "Flötendoktors" Toru Nomura mitentwickeln. Das verwundert, denn das Holzblasinstrument ist aus Metall, man ahnt nicht, dass es so veränderbar ist. Kürzlich hat der Yamaha-Querflöten-Experte wieder gebastelt und drei neue Pölsterchen eingebaut. "Das macht den Musiker aus, dass man immer auf der Suche nach Neuem bleibt", sagt Britta Jacobs.

Das Konzertgeschäft sei ein Momentgeschäft, Musik jedes Mal anders, Lampenfieber gehöre dazu, und der Kick "was Geniales geben" zu können, zeichne einen besonderen Musiker aus. Dass er auf der Bühne die Seele zeigen kann. Da ist sich das Musikerpaar einig.

Auf einen Blick

Wer die Fahrt nach Kaiserlauters nicht scheut, kann Britta Jacobs beim Ensemblekonzert der Deutschen Radio Philharmonie am 13. Mai, 11 Uhr, im SWR Studio Kaiserslautern (Emmerich-Somla-Saal) erleben. Sie spielt das Konzert für Flöte und Orchester von Carl Reinecke.

Vilmantas Kaliûnas dirigiert am 13. Mai, 17 Uhr, das Kreissymphonieorchester Saarlouis bei einem Konzert in der Turn- und Festhalle Schwalbach/Elm.

Ein gemeinsames Projekt des Musikerpaares ist das Quintett Camerata Accolata (www.camerataaccolata.de ).

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort