„Es gibt viel Integrations-Klimbim“

Saarbrücken · Giovanni Barba ist stellvertretender Bezirksbürgermeister im Saarbrücker Westen und Landesvorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt. In beiden Ämtern sieht er es als seine Aufgabe an, Einwanderer dazu zu bewegen, sich einzumischen – nicht nur in Vereinen, sondern auch in der Politik.

 Giovanni Barba Foto: Maurer

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Foto: Maurer

Die Familie ist wichtig, sagt Giovanni Barba. In der Familie kann man Dinge wachsen lassen, vorantreiben, aber auch verkümmern lassen, die für eine ganze Gesellschaft wichtig sein können. Und mit der Geschichte einer Familie kann man gesellschaftliche Entwicklungen manchmal besser erklären, als das mit klugen politischen Analysen gelingt.

Die Geschichte, die Giovanni Barba zu erzählen hat, beginnt auf Sizilien. Dort, sagt Giovanni Barba, war sein Großvater Bürgermeister. In Deutschland habe sich seine Familie dagegen immer aus der Politik rausgehalten. In der Gewerkschaft seien viele seiner Verwandten aktiv gewesen und viele von ihnen sind es immer noch. Aber eine Partei? Nein, dass sei nie ein Thema gewesen - bis Giovanni Barba sich entschied, den Linken beizutreten.

"Bei den Linken kriegst Du Dein Thema", habe er gedacht. Sein Thema, das ist "die politische Partizipation", also die Teilhabe von Einwanderern am gesellschaftlichen Leben. Davon reden Parteien immer wieder gerne, aber dass eine Partei wirklich Ernst macht mit Einfluss für Einwanderer in ihren Reihen, das komme nur sehr selten vor.

"Es gibt in Deutschland viel Integrations-Klimbim. Viel alter Wein in neuen Schläuchen", sagt Barba. Aber kaum ein Politiker werbe "wirklich dafür, dass sich Menschen mit Migrantionsbiografie selbst engagieren". Man tue etwas für die Einwanderer, lasse sie aber nicht selbst an die entscheidenden Stellen.

Was ganz gut funktioniere, weil Einwanderer in Deutschland auch offenbar gar nicht so den Drang zur politischen Macht haben, wie etwa in den USA, in Frankreich oder Belgien (wo der Ministerpräsident ein Sozialist mit italienischen Wurzeln ist).

Politische Teilhabe sei "das beste Mittel gegen Ausgrenzung", sagt Barba, der vor drei Jahren zur SPD wechselte und dort vor einem Jahr den Vorsitz der Landesarbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt übernommen hat. Der zweite "Schlüssel" zu einer Gesellschaft sei Bildung, "das hat uns unser Papa beigebracht", sagt Giovanni Barba.

Sein Vater, Antonio Barba, kam 1952 von Sizilien über Rom nach Hamburg, von dort nach Saarbrücken. Im Kino und mit Micky-Mouse-Heftchen habe er Deutsch gelernt. Die Kinder hat er immer ermuntert, sich zu engagieren.

Zuwanderer zu ermutigen, sich einzumischen, reiche aber nicht. "Wenn die Jungen sehen, wie der Papa sich engagiert, und nichts passiert, dann wenden die sich ab", weiß Giovanni Barba. Das habe er nicht nur bei Italienern so erlebt.

Deshalb fordert er, dass der Integrationsbeirat, der am 6. April neu gewählt wird, nicht nur eine Plauderrunde bleibt. Der Beirat müsse ein eigenes Budget bekommen, Antrags- und Rederecht im Stadtrat und seinen Ausschüssen. Das städtische Zuwanderungs- und Integrationsbüro solle weniger kulturelle, folkloristische Veranstaltungen machen, sondern die Zuwanderer, die sich engagieren wollen, schulen.

Und Saarbrücken brauche eine echte Einbürgerungskampagne - so wie in Hamburg. "Die schreiben dort die Leute gezielt an", weiß Barba. Er fordert "Werbung für eine doppelte Staatsbürgerschaft". Und er will selbst weiter dafür werben - auch in der Familie.

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