RWE lässt die Muskeln spielen

Berlin. RWE will es eigentlich nicht auf die Spitze treiben. Dennoch reicht der Konzern am Freitagmorgen beim Verwaltungsgerichtshof Kassel eine Klage ein gegen die zwangsweise Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis A. Den ganzen Tag über lässt RWE dann die Muskeln spielen und droht mit dem Wiederanfahren des ältesten deutschen AKW, dies war durch die Klage möglich geworden

Berlin. RWE will es eigentlich nicht auf die Spitze treiben. Dennoch reicht der Konzern am Freitagmorgen beim Verwaltungsgerichtshof Kassel eine Klage ein gegen die zwangsweise Abschaltung des Atomkraftwerks Biblis A. Den ganzen Tag über lässt RWE dann die Muskeln spielen und droht mit dem Wiederanfahren des ältesten deutschen AKW, dies war durch die Klage möglich geworden. Damit bettelt RWE indirekt um die Anordnung eines Sofortvollzugs zur Stilllegung. Doch das hessische Umweltministerium verweigert diesen - erst wenn Biblis A wirklich hochgefahren wird, soll er kommen.Warum ist dieses juristische Geplänkel wichtig? Nur mit einem Sofortvollzug wird nach Meinung von Juristen der Weg frei für eine rasche Entscheidung des Gerichts und vor allem für Schadensersatzzahlungen. Für die Regierung ist die Klage so oder so höchst unangenehm, Regierungssprecher Steffen Seibert sagt lapidar: "Die Bundesregierung hat das zur Kenntnis genommen."

Das Bild, auf dem RWE-Chef Jürgen Großmann (Foto: dpa) der Kanzlerin zuprostet, wurde vor einem halben Jahr zum Symbol für den guten Draht der Regierung zur Atomwirtschaft. Es wirkt wie ein Relikt vergangener Tage. Zufrieden waren die Energieversorger, als Merkel eine Laufzeitverlängerung um durchschnittlich zwölf Jahre durchsetzte. Dann kamen die Katastrophe von Fukushima und eine Kehrtwende der schwarz-gelben Koalition. Sie gipfelte in der Anordnung zum Herunterfahren der ältesten deutschen AKW.

Der Konzern betont, er müsse die Interessen seiner Aktionäre wahren. Mit dem für drei Monate im Rahmen des Atom-Moratoriums verfügten Stillstand von Biblis A entgehen RWE Millionenbeträge. Bei Biblis A geht es allein um 700 000 Euro pro Tag. Hochgerechnet auf drei Monate ergebe das 60 Millionen Euro, die am Ende die Steuerzahler bezahlen müssten, warnt die hessische Fraktionschefin der Linken, Janine Wissler.

Die Beziehung zwischen Großmann und CDU-Chefin Merkel ist nun auf einem Tiefpunkt angekommen. In Regierungskreisen gilt ein endgültiges Aus für den 1974 ans Netz gegangenen Meiler als ausgemacht, Großmann will aber um die Anlage kämpfen.

Die rot-grüne nordrhein-westfälische Landesregierung will derweil ein Atomausstiegs-Gesetz in den Bundesrat einbringen. "Wir brauchen endlich eine gesetzliche Grundlage für den Ausstieg und keine Placebo-Politik durch ein rechtlich zweifelhaftes Moratorium", sagte Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Das fordert auch Saar-Umweltministerin Simone Peter (Grüne): "Der Bundestag muss (. . .) den sieben ältesten Atomkraftwerken und Krümmel die Betriebsgenehmigungen dauerhaft entziehen." Außerdem solle die Verlängerung der Restlaufzeiten zurückgenommen und die Reststrommengen der verbleibenden Atomkraftwerke verkürzt werden. dpa/red

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