"Pfefferspray gegen Kinder"

Stuttgart. Die halbwüchsigen Gymnasiasten wollten eigentlich nur an der Demo gegen Stuttgart 21 teilnehmen. Mehrere tausend nahmen teil. Endpunkt sollte der Schlossgarten gegenüber dem Hauptbahnhof sein. Nun stehen die Burschen da: nass, mit roten Augen, hektischen Flecken in Gesichtern, in die der Schrecken geschrieben steht. "Pfefferspray gegen Kinder", empört sich ein Mann

Stuttgart. Die halbwüchsigen Gymnasiasten wollten eigentlich nur an der Demo gegen Stuttgart 21 teilnehmen. Mehrere tausend nahmen teil. Endpunkt sollte der Schlossgarten gegenüber dem Hauptbahnhof sein. Nun stehen die Burschen da: nass, mit roten Augen, hektischen Flecken in Gesichtern, in die der Schrecken geschrieben steht. "Pfefferspray gegen Kinder", empört sich ein Mann. Die Schüler seien von den Stuttgart-21-Gegnern instrumentalisiert worden, um aussagestarke Bilder der wütenden Staatsmacht zu bekommen, wettern die Befürworter. Schließlich kommt es zum Einsatz von Wasserwerfern und Reizgas, was die Jugendlichen und andere Gegner noch mehr aufbringt. Die Stimmung wird aggressiv. Die Gegner zählen mehr als 50 am Auge verletzte Jugendliche sowie neun Nasenbrüche.Den ganzen Tag ertönen die Sirenen der Rettungswagen.

Es sind genau diese Bilder, die die Projektbefürworter von Stuttgart 21 nicht brauchen können. Es sind Bilder, die den Gegner die Schlagzeile ermöglicht: "Mappus führt Krieg gegen seine Bürger". Mit zwei Wasserwerfern und sechs Hundertschaften Polizei, angefordert vom Bund wie aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Rheinland-Pfalz, soll die erste nennenswerte Baustelle für das Bahnprojekt Stuttgart 21 eingerichtet werden: ein Areal für die Einrichtung des Grundwassermanagements, um Veränderungen im Untergrund überwachen zu können. Auf 1000 Quadratmetern werden 17 Kilometer Wasserleitungen sowie eine Aufbereitungsanlage aufgebaut. Das, so Projektsprecher Udo Andriof, diene dem "Schutz der Bäume in den gesamten Parkanlagen". Über die "Vorarbeiten im Mittleren Schlossgarten" informieren Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU), die Umweltministerin Tanja Gönner (CDU), der Polizeipräsident Siegfried Stumpf, sowie die beiden Projektsprecher Udo Andriof und Wolfgang Dietrich kurzfristig die Landesmedien. Die Polizei müsse Baustelle und sich selbst "absichern", bittet Rech um Verständnis. Ungestörte Bauarbeiten seien nicht zu erwarten. Rund 1000 Polizeibeamte wurden angefordert. "Antikonflikt-Teams" seien, ähnlich wie beim Nato-Gipfel, im Einsatz. Diese hätten sich bewährt.

In Stuttgart haben sie an diesem Tag jedenfalls keine Chance. Die Lage eskaliert. Ab 1. Oktober endet naturschutzrechtlich die Wachstumsperiode, Bäume dürfen dann bis Februar gefällt werden. Die Projektträger wollten keine Zeit verstreichen lassen, sondern Fakten schaffen. grn

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