Nichts als Ärger für Guttenberg "Auf die Kanzlerin kommt es an"

Berlin. Spitzenwissenschaftler fürchten durch die Affäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) negative Wirkungen auf Wissenschaft und Achtung des geistigen Eigentums. Plagiate seien kein Kavaliersdelikt, mahnte die Deutsche Forschungsgemeinschaft

Berlin. Spitzenwissenschaftler fürchten durch die Affäre um Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) negative Wirkungen auf Wissenschaft und Achtung des geistigen Eigentums. Plagiate seien kein Kavaliersdelikt, mahnte die Deutsche Forschungsgemeinschaft. SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, sie schade durch ihr Festhalten an Guttenberg der Demokratie. Hunderte Demonstranten protestierten am Samstag in Berlin dagegen, dass Guttenberg Teile seiner Arbeit kopiert hat, aber nur den Doktortitel verlor. Als Protest hängten sie Schuhe an den Zaun des Verteidigungsministeriums - eine Anspielung auf fehlende Fußnoten und im Islam ein Symbol der Schmähung.Die Wissenschaft ist in Wut: Der Bayreuther Jura-Professor Oliver Lepsius, der den Lehrstuhl von Guttenbergs inzwischen emeritierten Doktorvater übernommen hat, nannte Guttenberg einen Betrüger. Er habe "planmäßig und systematisch" wissenschaftliche Quellen zum Plagiat zusammengetragen und behaupte, nicht zu wissen, was er tue, sagte Lepsius der "Süddeutschen Zeitung". "Ich würde einem Kandidaten nicht glauben, der in so einem Fall behauptet, dass es bloße Fahrlässigkeit war", sagte der Kölner Strafrechtsprofessor Thomas Weigend dem "Spiegel".

Auch in der Union verliert Guttenberg an Rückhalt. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) zweifelt am politischen Überleben des Senkrechtstarters. "Ich halte das Verhalten des Doktoranden zu Guttenberg weder für legitim noch für ehrenhaft", sagte er dem "Tagesspiegel". Es sei "eine Frage der Redlichkeit", dass man Quellen angebe, wenn man längere Passagen anderer Texte übernehme. Angesichts zunehmender Vorwürfe sagte Böhmer: "Ich weiß nicht, wie lange er das erträgt und aushalten kann."

Ärger hat Guttenberg auch in seiner eigentlichen Aufgabe als Verteidigungsminister: Der von ihm abgesetzte "Gorch Fock"-Kapitän Norbert Schatz wird nach "Focus"-Angaben im Untersuchungsbericht der Marine entlastet. Ein "disziplinarrechtlich relevantes Fehlverhalten" des Kapitäns sei "nicht zu erkennen". In Marinekreisen werde erwartet, dass Guttenberg den von ihm suspendierten Kapitän rehabilitiert.

Zu allem Überfluss sieht das Kanzleramt Guttenbergs Pläne für die Reform der Bundeswehr offenbar kritisch. Die vom Verteidigungsministerium vorgelegten Eckpunkte seien eine "nur sehr rudimentäre und unausgewogene Grundlage für Entscheidungen zur Reform der Bundeswehr", heißt es dem "Spiegel" zufolge in einem Vermerk vom Dezember. So fehlten Aussagen dazu, welche strategischen Zielsetzungen die neue Bundeswehr erfüllen solle. Das Kanzleramt kritisierte laut "Spiegel" auch, Guttenberg reduziere "politisch unzulässig" die Kosten der Reform auf den Personalumfang der Truppe, statt auch auf die "Notwendigkeit der Finanzierung von Fähigkeiten und Einsätzen" einzugehen. dpa/afp

Sind die Minister-Tage von Guttenberg gezählt?

Falter: Es ist eher zweifelhaft, dass sich Herr zu Guttenberg auf Dauer im Amt halten kann. Er wird sicher gehalten werden, bis die Wahlen Ende März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorbei sind. Alles andere wäre das falsche Signal für große Teile der Unions-Anhängerschaft. Guttenberg ist ja immer noch der beliebteste Politiker in der Bevölkerung.

Warum denkt eine Mehrheit in der Bevölkerung deutlich anders als die veröffentlichte Meinung?

Falter: Weil man sich nicht so gern seinen weißen Ritter rauben lässt, einen, der so anders ist als die anderen Politiker, der auch mal ein klares Wort riskiert, der unabhängig zu sein scheint und der etwa Glamour in die graue Politik bringt.

Jüngsten Umfragen zufolge gehen Guttenbergs Sympathie-Werte zurück, und bis zum Wahlsonntag sind immerhin noch vier Wochen Zeit.

Falter: Auf die Kanzlerin kommt es an. Wenn Angela Merkel zu ihm hält, dann verläuft sich die Affäre. Wenn sich keine neuen Vorwürfe gegen den Verteidigungsminister finden lassen, dann wird das irgendwann langweilig. Die Opposition ist schon jetzt schier verzweifelt, dass sie Guttenberg nicht stürzen kann.

Vor neun Jahren ist der Grüne Cem Özdemir im Zuge der Bonusmeilen-Affäre von allen Ämtern zurückgetreten. Heute ist er Parteichef. Wäre das auch ein Szenario für Guttenberg?

Falter: Das sind doch sehr unterschiedliche Vorfälle. In einer Dissertation zu betrügen, hat eine andere Dimension als Özdemirs damaliges Vergehen. Es geht um eine gravierende Täuschung, die zumindest in der Welt der Wissenschaft eine Todsünde darstellt und im Falle nachgewiesenen Plagiats mit gemeinem Diebstahl gleichzusetzen ist.

Meinung

Mit heißer Nadel gestrickt

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Ja, es gibt Wichtigeres als die Plagiatsaffäre von Karl-Theodor zu Guttenberg. Das ist sein ureigenster Aufgabenbereich, die Bundeswehr. Bislang haben seine Anhänger erfolgreich die Auffassung genährt, dass er zwar einen miserablen Doktor abgibt, aber dafür einen umso besseren Verteidigungsminister. Doch diese Haltelinie droht ebenfalls zu zerfasern. Es zeigt sich nämlich immer mehr, dass die Bundeswehrreform mit heißer Nadel gestrickt ist. Die Liste der ungeklärten Fragen fängt bei der Finanzierung des Truppenumbaus an und hört bei der Nachwuchsgewinnung noch lange nicht auf. Bislang hat Guttenberg das Schrumpfen der Truppe nur mit dem Sparzwang begründet. Selbst das könnte sich als Windei entpuppen, denn eine Berufsarmee ist nicht zum Nulltarif zu haben. Solche Herausforderungen zu meistern, verlangt deutlich mehr politische Qualität, als sich von einem offensichtlich erschlichenen Doktertitel zu distanzieren.

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