Fünf Euro für das Pflege-Risiko

Berlin. Bislang gibt es in Deutschland nur 1,9 Millionen private Pflege-Zusatzversicherungen. Zum Vergleich: Mehr als 15 Millionen Bürger haben eine private Riester-Rente abgeschlossen. Einen ähnlichen Boom erhofft sich Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) im Pflege-Bereich

Berlin. Bislang gibt es in Deutschland nur 1,9 Millionen private Pflege-Zusatzversicherungen. Zum Vergleich: Mehr als 15 Millionen Bürger haben eine private Riester-Rente abgeschlossen. Einen ähnlichen Boom erhofft sich Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) im Pflege-Bereich. Mit der staatlichen Förderung gebe man "vielen Menschen ein Signal", an dieser Stelle privat vorzusorgen, sagte Bahr gestern.Die geplanten Zuschüsse, auf die sich die schwarz-gelbe Koalition am Montag verständigt hatte, fallen jedoch bescheiden aus. Wer sich für eine private Pflege-Zusatzversicherung entscheidet und dafür mindestens zehn Euro pro Monat selbst bezahlt, soll eine einkommensunabhängige Zulage von monatlich fünf Euro erhalten. Also 60 Euro im Jahr. Berücksichtigt werden muss allerdings, dass es sich bei der Pflege um eine Risikoabsicherung handelt. Vergleichsweise geringe Beiträge können daher eine spürbare Wirkung entfalten.

Nach Angaben der privaten Versicherungswirtschaft muss zum Beispiel ein 35-Jähriger nur sechs Euro im Monat aufbringen, um eine monatliche Unterstützung von 1500 Euro in der höchsten Pflegestufe III abzusichern. Wegen ihrer längeren Lebenserwartung muss eine gleichaltrige Frau dafür knapp zehn Euro im Monat bezahlen. Für ältere Menschen dagegen wäre der Zuschuss von fünf Euro nur ein symbolischer Betrag. Ein 50-Jähriger, der zusätzliches Geld für alle drei Pflegestufen absichern will, muss monatlich knapp 37 Euro hinlegen. Bei einer gleichaltrigen Frau sind es schon gut 57 Euro.

Diese Zahlen basieren aber auf privatwirtschaftlichen Spielregeln. Demnach verteuert sich eine Zusatzversicherung etwa wegen einer schweren Vorerkrankung des Versicherten. Bedingung für die staatliche Förderung ist dagegen, dass gesundheitliche Risiken unberücksichtigt bleiben. Auch dürfen die Versicherer keinen Antragsteller ablehnen. Zudem schreibt die EU ab Ende 2012 Unisex-Tarife, also geschlechtsunabhängige Beiträge vor. Unter dem Strich müssen die Versicherer daher neu kalkulieren, und im Ergebnis dürften Zusatz-Pflegeversicherungen teurer werden als jetzt. Wohl auch deshalb plant Minister Bahr eine Minimalvariante für bezuschusste Verträge. Demnach müssen mit den gesamten Beiträgen mindestens 600 Euro extra in der Pflegestufe III abgesichert sein.

Im Kern geht es darum, die Lücke zwischen der gesetzlichen Pflegeversicherung, die nur eine Art Teil-Kasko darstellt, und den tatsächlichen Pflegekosten zu schließen. So kann etwa ein Heimplatz für Pflegebedürftige der Stufe III locker 3000 Euro im Monat kosten. Von der gesetzlichen Pflegeversicherung gibt es dafür nur 1550 Euro. Den Rest muss der Betroffene aus eigener Tasche aufbringen - oder eben über eine Zusatzversicherung.

Deren staatliche Förderung hält die Opposition für verfehlt. Die fünf Euro dienten nicht der Vorsorge, "sondern vor allem der Versicherungswirtschaft", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Auch der Präsident des Deutschen Pflegerates, Andreas Westerfellhaus, sieht in den Plänen einen politischen Irrweg. "Es bedarf keiner zusätzlichen Versicherung, stattdessen hätte man besser die Beiträge im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung aufstocken sollen", sagte Westerfellhaus der SZ. Er gehe davon aus, dass viele Menschen trotz Förderung nicht von einer zusätzlichen Pflegevorsorge Gebrauch machten. "Denn anders als bei der Riester-Rente geht es doch in Sachen Pflege darum, etwas abzusichern, von dem man hofft, dass es nie eintritt." vet

Foto: Bilan/dapd

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