Wie ein Blinder zum "Häuslebauer" wurde

Passau. Beobachtet man Wolfgang Hermann beim Hantieren mit der Kreissäge, möchte man ihm am liebsten den Stecker aus der Steckdose ziehen. Für Außenstehende grenzt es an ein Wunder, dass Hermann noch alle Finger hat. Denn der 65-Jährige ist blind.Als Kind hat er durch einen Unfall einen mehrfachen Schädelbasisbruch erlitten

Passau. Beobachtet man Wolfgang Hermann beim Hantieren mit der Kreissäge, möchte man ihm am liebsten den Stecker aus der Steckdose ziehen. Für Außenstehende grenzt es an ein Wunder, dass Hermann noch alle Finger hat. Denn der 65-Jährige ist blind.Als Kind hat er durch einen Unfall einen mehrfachen Schädelbasisbruch erlitten. Seitdem hatte er Probleme mit seiner Sehkraft, ehe er mit 31 Jahren vollständig erblindete. Doch das hält den gelernten Metallgießer nicht davon ab, eigenhändig sein Traumhaus in Ruhstorf an der Rott bei Passau (Niederbayern) zu bauen. Sogar ins Guinness-Buch der Rekorde hat es der blinde "Häuslebauer" geschafft: Er ist der einzige Blinde weltweit, der in Eigenregie ein Haus baut.Der Rohbau, an einem Hang gelegen und weithin sichtbar, hat imposante Ausmaße: Das dreistöckige Gebäude verfügt über 930 Quadratmeter Geschossfläche, eine Terrasse, eine Garage und ein neun mal 3,50 Meter großes Schwimmbecken. "Ich habe in meinem Leben mit so vielen Nachteilen zu kämpfen. Da will ich wenigstens mein eigenes, auf meine Bedürfnisse zugeschnittenes Haus", erklärt Hermann seine fixe Idee, die er Anfang der 90er Jahre umzusetzen begann und für die er von Nachbarn immer noch belächelt wird. Vor allem auf gerade, direkte Wege ohne Hindernisse komme es ihm an: "Ich will als Blinder schließlich keinen Slalom laufen."Ausgebaut ist das Haus noch nicht. Bislang bewohnt er zwei Zimmer im Keller. 60 Prozent des Hauses stammten aus seinen eigenen Händen, sagt Hermann. Für die tragenden Außenwände habe er natürlich Maurer beauftragen müssen, gibt Hermann zu. Doch die nichttragenden Innenwände von 320 Quadratmetern habe er selbst aufgestellt sowie sechs Rundbögen und 15 Türöffnungen gemauert. Kilometerweise habe er eigenhändig Leitungen verlegt, Fliesen verfugt und sogar das 600-Quadratmeter-Dach gedeckt. Selbst konstruierte Hilfswerkzeuge hätten es ihm ermöglicht, unter anderem akkurat zu verfugen oder Türen gerade einzubauen. Von windschiefen Wänden oder gar einem löchrigen Dach ist tatsächlich nichts zu sehen.Angst vor Verletzungen hat Hermann nicht. "Ich denke darüber nach, was passieren könnte und was ich tun muss, damit nichts passiert." Beispiel Kreissäge: Er habe einen "Heidenrespekt" vor dem laufenden Sägeblatt. Deshalb warte er nach dem Sägen ab, bis das Blatt sich nicht mehr bewege. Außerdem stelle er sich so zum Arbeitstisch, dass er sich nicht ins Bein sägt, sollte er mit dem Werkzeug abrutschen. "Nicht-Blinde sind da viel sorgloser", erklärt Hermann seine verletzungsfreie Hausbau-Bilanz.Erstaunlich ist, dass Hermann so viel Wert auf die Optik des Hauses und die Aussicht legt. "Ich bin ein Naturmensch, der noch eine Vorstellung davon hat, wie die Landschaft hier aussieht", erklärt er und zeigt treffsicher auf das kleine Schloss am gegenüberliegenden Hang. Wann sein Haus fertig sein wird, da wagt Hermann keine genaue Prognose. "Nachdem es im letzten Jahrtausend nicht geklappt hat, schaffe ich es mit Sicherheit in diesem."

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