Mit Musik Mut machen und ein Zeichen setzenPostrocker von Nonrem beherrschen die Kunst des Schreis

Neunkirchen. Wenn am Ende dieses Jahres wieder die Top-5-Listen ins Internet erstellt werden und es darum geht, die Konzerthighlights aufzustellen, wird der 19. April sicher bei vielen der gut 50 Besucher auftauchen, die am Dienstag im Neunkircher Jugend- und Kulturzentrum waren

 Die japanische Band Nonrem will auf ihrer Tour durch Europa ein Zeichen setzen. In Neunkirchen gelang ihr ein beeindruckendes Konzert. Foto: Marc Prams

Die japanische Band Nonrem will auf ihrer Tour durch Europa ein Zeichen setzen. In Neunkirchen gelang ihr ein beeindruckendes Konzert. Foto: Marc Prams

Neunkirchen. Wenn am Ende dieses Jahres wieder die Top-5-Listen ins Internet erstellt werden und es darum geht, die Konzerthighlights aufzustellen, wird der 19. April sicher bei vielen der gut 50 Besucher auftauchen, die am Dienstag im Neunkircher Jugend- und Kulturzentrum waren.Schon "Die Nerven" aus Saarbrücken sorgten mit ihrer Staccato-Noise-Attacke für einen Auftakt, wie er besser nicht hätte sein können. Kaum hatte das Trio seine Kabel eingerollt, betraten die vier Japaner von Nonrem die Bühne im wunderbaren Konzertsaal des JuZ, in dem ein nahezu perfekter Sound zum gelungen Abend beitrug.

Die Kunst des Schreis beherrschen die Postrocker von Nonrem wie nur wenige in ihrem Genre,und so war es ein großes Vergnügen, Hide, Yagi, Yuma und Domu bei ihrem Trip durch die schroffen Felder von Hardcore und Screamo zu bewundern. "Seila Chiara" aus Lyon waren schon vor zwei Jahren zu Gast in Neunkirchen und wirkten bei ihrem damaligen Debüt im Saarland noch etwas fahrig. Das hat sich geändert. Die drei Gitarristen verstehen sich blind, richten sich nach den Vorgaben von Bass und Schlagzeug und beherrschen das Zusammenspiel von laut und leise. Postrock? Emo? Screamo? Das lässt sich kaum sagen, so wie bei dem Quintett die Grenzen verwischen. Nach gut einer Stunde hagelte es Applaus für diese Demonstration der Langsamkeit, die sich mit stoischer Wucht ihren Weg bis in die letzte Pore der Zuhörer ebnete. pra

myspace.com/tokyojupiter

records

Neunkirchen. "Tokyo Jupiter Records from Japan" steht auf dem handgeschriebenen Zettel, der auf einem Tisch im Neunkircher JuZ liegt. Kimiyuki, der das unabhängige Plattenlabel "Tokyo Jupiter Records" vor vier Jahren gegründet hat, sitzt dahinter und sortiert CDs und T-Shirts der Band Nonrem, mit denen der 26-Jährige momentan auf einer kleinen Clubtour durch Europa ist.

Am Dienstag stand das Jugend- und Kulturzentrum Neunkirchen auf dem Tourplan. "Uns gefällt es sehr gut hier, vor allem das Essen ist fantastisch", sagt er in gebrochenem Englisch und bittet Réni, für ihn zu übersetzen. Réni ist der Sänger der französischen Band Seila Chiara, die gemeinsam mit Nonrem tourt. Seine Mutter stammt aus Japan, er selbst hat sechs Jahre in Tokio gelebt. Natürlich seien die Ereignisse in Fukushima ein Thema, über das gesprochen werde, erzählt er, aber niemand wolle, dass sich während der Tour alles darum drehe. "Die Japaner sind diesbezüglich eher verschlossen. Sie tragen ihre Gefühle nicht nach außen, sondern machen vieles mit sich selbst aus. Das ist Teil ihrer Kultur. Aber wenn man sie darauf anspricht, sind sie auch gerne bereit, darüber zu reden", weiß Réni.

Die Tour, die von Brügge über Neunkirchen nach Paris führt, und am 24. April in Lyon endet, hatte Kimiyuki schon vor einem halben Jahr geplant. Lange bevor das Erdbeben in Japan so vieles veränderte. "Die Unglücksmeldungen rissen nicht ab. Zuerst das Erdbeben, dann der Tsunami, dann die Katastrophe im Kernkraftwerk. Es passierte alles auf einmal und es blieben eine Menge Fragen unbeantwortet. "Zuerst wollten Kimiyuki und Nonrem die Tour absagen, aber irgendwann fiel dann der Entschluss, die Reise dennoch anzutreten.

Keine leichte Entscheidung, zumal es kaum möglich ist, mit den Familien und Freunden in der Heimat in Kontakt zu treten. "Wir haben viel diskutiert und uns dann für die Tour entschieden, weil wir ein Zeichen setzen und Mut machen wollen. Auch wenn unser ganzes Land von der Katastrophe betroffen ist, wollen wir mit unserer Musik Hoffnung machen. Egal wie verheerend die Ausmaße des Erdbebens auch sein mögen, das Leben geht weiter. Für uns alle. Jetzt zu resignieren würde niemandem etwas bringen", sagt Kimiyuki. Nach dem bisherigen Verlauf der Tour seien sich alle einig, dass ihr Entschluss richtig war. Und auf ein Highlight freuen sich alle: "Wir werden Paris besuchen. Das wird sicherlich toll."

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