Schritt zu mehr Professionalität"Wir steigen in den Probebetrieb nicht vor 2012 ein"

Merchingen. Zahlreiche Änderungen oder Neuerungen gibt es auf den vielseitigen Arbeitsgebieten der Behördenorganisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Für den Kreis Merzig-Wadern Anlass genug, für Samstag zu einer Tagung der Führungskräfte ins Vereinshaus Merchingen einzuladen, um dort Arbeitsweisen, Techniken und Optionen zu erörtern

Merchingen. Zahlreiche Änderungen oder Neuerungen gibt es auf den vielseitigen Arbeitsgebieten der Behördenorganisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Für den Kreis Merzig-Wadern Anlass genug, für Samstag zu einer Tagung der Führungskräfte ins Vereinshaus Merchingen einzuladen, um dort Arbeitsweisen, Techniken und Optionen zu erörtern.

In ihrer Begrüßungsrede hob Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich hervor, dass durch diese Tagung auch die wichtige Rolle der ehrenamtlich Tätigen in den Rettungs- und Hilfsdiensten gestärkt werde. Im Landkreis habe man viele Anstrengungen unternommen, die Professionalität dieser Organisationen weiter auszubauen. "Ich glaube, dass gerade deshalb diese Tagung ein Baustein in der Professionalisierung der Arbeit im Katastrophenschutz ist", sagte Schlegel-Friedrich.

Rund 135 leitende Mitarbeiter von Feuerwehr, Rotem Kreuz, Malteser, THW und Co. hörten interessante Fachvorträge zu Themen wie: "Organisation des Katastrophenschutzes im Landkreis", "Führungsorganisation bei Einsätzen der alltäglichen Gefahrenabwehr und größeren Schadenslagen", "Einführung der digitalen Alarmierung im Kreis Merzig-Wadern" oder "Das Technische Hilfswerk und seine Eisatzoptionen". Gleich zu Veranstaltungsbeginn galt besondere Aufmerksamkeit dem Referat von Polizeihauptkommissar Gerhard Schneider, der zum Thema "Nutzung von Sonder- und Wegerechten im Einsatz" sprach. Seit der Abschaffung des Sirenenalarms habe sich einiges geändert.

Sonderrechte bei Blaulicht

Schneider erläuterte die Möglichkeiten und Risiken beim Einsatz mit Blaulicht. Dabei legte er großen Wert auf die Darstellung der Sonderrechte, die unter entsprechenden Umständen auch Privatpersonen und Privatfahrzeugen zuerteilt werden können. "Es bedarf dazu allerdings eines hoheitlichen Auftrages", so Schneider, der einschränkend ergänzte: "Mit Sonderrechten darf ich fast alles, es darf nur nichts passieren".

Auch wies Schneider auf die Erschwernisse während Einsatzfahrten hin. "Wenn sich bei einem jungen Autofahrer an dessen Pkw die Türen leicht nach außen beulen und sein Fahrbahnnachbar klar und deutlich seinen Musikgeschmack erkennt, kann man kaum erwarten, dass dieser Verkehrsteilnehmer ein Martinshorn hört oder gar ein Blaulicht wahrnimmt." Wenn allerdings während der Einsatzfahrt keiner da sei, der Platz machen müsste, sollte das Einsatzfahrzeug auch nicht die ganze "Alarmgalerie" in Gang setzen. Schneider kritisierte scharf das Fehlen einer bundesweiten Regelung zur Rechtslage bei Noteinsätzen. Jedes Bundesland backe da seine eigenen Brötchen. "Wir brauchen eine generelle, umsetzbare und ordentliche Lösung", forderte der Polizeihauptkommissar.

Herr Weber, was veranlasste den Landkreis Merzig-Wadern, diese erste Tagung für Führungskräfte ins Leben zu rufen und die vielen Ehrebnamntlichen zu mobilisieren?

Weber: Es stehen einige Neuerungen an, darunter Digitalfunk und digitale Alarmierung. Da kommen viele Informationen zusammen, die es gilt, weiter zu vermitteln. Die Führungskräfte der einschlägigen Organisationen werden detailliert in Kenntnis gesetzt, damit sie diese Informationen an ihre Mitarbeiter weitergeben können.

Wie lange laufen bereits die Vorbereitungen zum Digitalfunk und wann wird das System endgültig starten?

Weber: Seit dem Jahr 2003 ist die Sache im Gespräch. Es wurde dann immer konkreter. Schließlich wurde vom Bund die Behörde für Digitalfunk geschaffen, die das Vorhaben koordiniert. Auf Landesseite wurde eine Projektgruppe installiert. Mit dem Einstieg in den Probebetrieb ist nicht vor Anfang 2012 zu rechnen.

Können die Kommunen diese Umstellung finanziell alleine stemmen. Gibt es Finanzierungshilfen?

Weber: Es gibt eine Finanzierungshilfe durch das Land. Das Land hat alle Gerätschaften bestellt und im Voraus bezahlt. Die Kommunen haben nun drei Jahre Zeit, die Forderung des Landes zu begleichen.

Gibt es seitens der Kommunen eine Verpflichtung, am Stichtag auf das neue System umzustellen, oder können bei Bedarf Karenzzeiten vereinbart werden?

Weber: Es gibt eine Verordnung, nach der alle beteiligten gleichzeitig die Umstellung auf das digitale System zu vollziehen haben. Im Vorfeld läuft noch der alte Analogbetrieb parallel zum neuen System. Das gilt auch für die Zeit der Umstellung. Sobald das Digitalsystem störungsfrei eingesetzt werden kann, hat der analoge Funk ausgedient.

Herr Jager, wie weit sind die Vorbereitungen zum Umstieg auf Digitalfunk in unserem Landkreis gediehen?

Jager: Der Kauf der Geräte ist abgeschlossen. Derzeit baut das Land die dazu gehörige Infrastruktur wie Sendemasten und Vermittlungstechnik aus. Das wird alles noch in diesem Jahr laufen, so dass wir Anfang des kommenden Jahres mit dem erweiterten Probebetrieb starten können.

Sie sprachen in Ihrem Vortrag von einer großen Herausforderung, die zu bewältigen sei. Um welches Problem handelt es sich?

Jager: Die Herausforderung liegt darin, in den Fahrzeugen neben dem alten System auch noch die neue Technik unterzubringen. Da manche Fahrzeuge jetzt schon vollgestopft sind, werden wir uns besonders anstrengen müssen, um während der Testphase beide Systeme in Funktion zu halten.

Nun hört man Stimmen, die meinen, man sollte sich vielleicht im Ausland kundig machen, um an deren Erfahrungen zu partizipieren. Haben unsere Nachbarländer nicht schon überwiegend Digitalfunk?

Jager: Was wir hier aufbauen, gibt es bei unseren Nachbarn nicht. Wir bauen hier ein Netz auf für alle BOS (Behördenorganisationen mit Sicherheitsauftrag), also für Polizei, Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz, Malteser und alle, die an der Staatlichen Gefahrenabwehr beteiligt sind. Das ist bei anderen Nationen nicht der Fall. Die Franzosen haben noch nicht einmal ihre Gendarmerie und ihre Polizei im selben Netz.

Gibt es eine weitere Besonderheit im deutschen System?

 Er hat bald ausgedient - der analoge Sprechfunk. Foto: SZ

Er hat bald ausgedient - der analoge Sprechfunk. Foto: SZ

Jager: Ja, ein wesentlicher Bestandteil der Hoheitsaufgaben erfüllt in Deutschland die Ehrenamtlichkeit. Netze anderer Nationen haben viel weniger ehrenamtliche Systeme neben der Polizei. Dort ist vieles polizeilich oder militärisch organisiert, was in Deutschland von Ehrenamtlichen geleistet wird. Bei uns muss ein solcher Helfer ebenso im Netz präsent sein, wie es sein Kollege im Staatsdienst ist. Dann ist noch zu beachten, dass sich Feuerwehr und Verfassungsschutz nicht in die Quere kommen. Deshalb wird unser Netz, das ja für alle gilt, entsprechend errichtet und auch abgeglichen. Das erklärt den größeren Management-Aufwand.

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