Was noch fehlt? Ein Konzertsaal

Saarbrücken. Als Gesprächspartner wird Christoph Poppen bisweilen zum schwierigen Fall. Fragen nach Ungeklärtem, Ungereimtem, die Journalisten berufsnotorisch stellen, pariert der Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie (DRP) meist lächelnd. Und selbst wenn's mal ganz arg kommt, destilliert er noch Konstruktives aus dem Negativen

 Christoph Poppen bleibt noch bis 2011 bei der DRP. Foto: SR

Christoph Poppen bleibt noch bis 2011 bei der DRP. Foto: SR

Saarbrücken. Als Gesprächspartner wird Christoph Poppen bisweilen zum schwierigen Fall. Fragen nach Ungeklärtem, Ungereimtem, die Journalisten berufsnotorisch stellen, pariert der Chefdirigent der Deutschen Radio Philharmonie (DRP) meist lächelnd. Und selbst wenn's mal ganz arg kommt, destilliert er noch Konstruktives aus dem Negativen. Wundert's da, dass seine Bilanz der Orchesterfusion aus SR Rundfunk-Sinfonieorchester und Radioorchester Kaiserslautern "vollkommen positiv" ausfällt?

Doch Poppen ist kein chronischer Schönfärber. Eben seine Fähigkeit auf Menschen zuzugehen, zu vermitteln, und auch die Zeit, die er hier seit 2006 investierte, waren Garanten, dass die Verschmelzung der beiden Ensembles zur DRP glückte. Poppen seinerseits lobt die "hohe Sozialkompetenz der Musiker" - und die Arbeit Hand in Hand mit Orchestermanager Benedikt Fohr.

Und in der Tat, schaut man auf Fusionen andernorts, gab's in Saarbrücken und Kaiserslautern kaum Misstöne. Wer nichts von den beiden Ur-Ensembles weiß, hört heute vor allem ein exzellentes Orchester. Diesen Prozess sieht im Übrigen auch SR-Intendant Fritz Raff so: "Christoph Poppen ist als Dirigent ein absoluter Glücksfall für das fusionierte Orchester des SR und des SWR. Er wird für uns immer der Fusionsdirigent bleiben."

Viel Zuspruch also, der sich auch in nackten Zahlen dokumentiert: Sowohl bei den Konzertabos hat das Orchester unter Poppen zugelegt: Um sechs Prozent stiegen sie von der Saison 2006/2007 zur Saison 2009/10 auf jetzt 1550. Und bei den Einzelkarten ging's von 06/07 auf 08/09 sogar um 19 Prozent rauf. Trotzdem verlängert Poppen seinen Vertrag nicht (wir berichteten). Finale im Sommer 2011: Warum? Wo er jetzt doch die Früchte der Fusionsarbeit ernten könnte.

Der Wunsch, wieder Neues zu beginnen, sei mächtiger, antwortet der 54-Jährige. Mehr gastieren zu können, die Wiener Symphoniker und das Danish National Radio Orchestra stehen etwa auf der Liste, lockt, auch Asien und Amerika, dazu die Oper. Ein, zwei Jahre will er auf jeden Fall "diese Freiheit" auskosten. 2011, meint der Dirigent, könne er sein Orchester guten Gewissens übergeben. Die schwerste Etappe der Fusionsstrecke sollte bewältigt sein. Und er glaubt, dass sich die DRP behaupten kann in der Konkurrenz zu den anderen SWR-Orchestern. Dennoch: Einiges kommt noch auf die Radio Philharmonie zu. Von derzeit 108 Stellen muss das Orchester auf 87 runter, so wollen es SR und SWR.

Vor allem aber brauche das Orchester endlich einen echten Konzertsaal, moniert Poppen. Derzeit müssten sich die Musiker immer wieder auf andere Proben- und Spielorte einstellen - schon durch die beiden Standorte Saarbrücken und Kaiserslautern. Darum will er auch bis zur letzten Minute seines Hierseins für die "Saarphilharmonie" kämpfen, einen Konzertsaal, der im E-Werk in Burbach entstehen soll.

Bislang allerdings hat der Förderverein dafür noch keine große Summe auftreiben können. Und wo sollen öffentliche Gelder herkommen, im klammen Saarland? Zumal man gerade weitere Großprojekte wie eine Veranstaltungshalle zum Abschluss bringen will. "Gerade jetzt", entgegnet Poppen, seien die Chancen noch da. Und weist auf die Unterstützung für die Saarphilharmonie von Politikern aller Couleur hin. Außerdem macht er klar, dass das nicht sein Projekt ist, oder das der DRP. "Das muss alle Saarländer interessieren", sagt er. Und wenn die Halle wird, sei das was für wenigstens 100 Jahre. Dennoch wird er diese Aufgabe wohl auch seinem Nachfolger weiterreichen müssen.

Was er der oder dem wünscht? Und vor allem: Wen wünscht er seinem Orchester? Da lächelt Poppen dann wieder - und schweigt. Das Orchester hat jedenfalls schon drei Wunschkandidaten unter den Gastdirigenten der jüngsten Zeit ausgeguckt. Nun wird verhandelt. Noch in dieser Saison, verspricht aber Orchestermanager Fohr, will man den Neuen präsentieren.

Hintergrund

Die Saar-Philharmonie, ein Konzertsaal mit etwa 1300 Plätzen, soll im Burbacher E-Werk entstehen. Der renommierte Architekt Stephan Braunfels hat dafür einen Entwurf vorgelegt, der im Inneren des historischen Gebäudes einen modernen Konzertsaal einfügt. Die Kosten für den Umbau werden auf 40 Millionen Euro geschätzt. Die Hälfte der Summe soll privat erbracht werden. Darum müht sich ein Förderverein. Auf dem Internetportal "you tube" findet man unter dem Stichwort "Saarphilharmonie" einen Kurzfilm, mit dem Politiker und Prominente für den Saal werben. oli

 Eine Halle in der Halle: der Entwurf der Saarphilharmonie im Burbacher E-Werk. Fotos: Stephan Braunfels Architekten

Eine Halle in der Halle: der Entwurf der Saarphilharmonie im Burbacher E-Werk. Fotos: Stephan Braunfels Architekten

Weitere Infos im Internet: www.saarphilharomie.de

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