Spröde bis „Sunny“: Ein Blick auf die mittellangen Filme

Immer wieder Entdeckungen bietet der Wettbewerb des mittellangen Films (zwischen 30 und 65 Minuten). Wir stellen einige Werke vor, die heute im Cinestar und im Achteinhalb zu sehen sind.

"Du bist eine Mutti mit Schwanz, Alter." Das hört Hajo öfter von seinen Freunden. Er ist 19, arbeitslos, seit kurzem Vater - und hoffnungslos überfordert. Dass seine Frau das (wenige) Geld verdient und er sich um seinen Sohn kümmern muss (mehr schlecht als recht), setzt ihm zu. Den Frust lässt er immer wieder bei Prügeleien raus. "Sunny" von Barbara Ott (Regie und Buch) erzählt kein Sozialrührstück, sondern eine ganz alltägliche, traurige Geschichte von einem Mann, der sich selbst im Weg steht. Als er das ändern will, kommt es fast noch schlimmer. Trotz seiner fast parabelhaften Konstruktion wirkt der Film durchweg authentisch, dank des fantastischen Darstellers Vincent Krüger und Bildern, die die Trostlosigkeit zwischen Schnellstraßentankstelle und Industriegebiet fast dokumentarisch einfangen. Auf Barbara Otts nächste Arbeiten muss man gespannt sein.

"GeschwisterDiebe" erzählt von den Schwestern Lene und Hanna. Nach Kuba wollen sie, doch erst einmal hausen sie in einem alten Wohnwagen. Von dort beginnen sie ihre Raubzüge: Die ältere gabelt Männer in der Disco auf und kopiert deren Schlüssel, um später deren Häuser auszuräumen. Die Trauer um die tote Mutter und der Traum von der Flucht halten sie zusammen, aber als die ältere Schwester sich in ein mögliches Opfer verliebt, beginnt die Schwesternliebe zu bröckeln. Eine melancholische Geschichte (Buch: Vasko Scholz), die Regisseur Antoine Dengler mit innerer Spannung erzählt, die auch ihre Vorhersehbarkeit meist vergessen macht: etwa das alte Prügeleien-Klischee, dass man kurz vor dem Erwürgtwerden immer einen Stein in Griffweite findet, mit dem es sich gut zuschlagen lässt.

Die beiden Filme laufen heute ab 10 Uhr im Cinestar 2.

Ist das nun der Platz an der Sonne oder eher der im Schatten? "Hotel Pennsylvania" von Marc Raymond Wilkins erzählt von einer Handvoll Nicht-Amerikaner, die in New York einen Sprachkurs besuchen. Sie tun sich schwer mit der Sprache und noch mehr mit ihrem Lehrer, der den Frust über das eigene Leben in den Klassenraum mitnimmt. Hier hat jeder sein Päckchen zu tragen, leidet an Wehmut und Unsicherheit. Der Film hat viel Atmosphäre, man glaubt den Schweiß im Klassenraum und den Kaffee im Diner um die Ecke riechen zu können - aber die Figuren bleiben leider auf einiger Distanz.

Knappe Dialoge, stille Momente, wenige Erklärungen - Julian Köberer (Buch und Regie) drängt sich dem Zuschauer mit "Meer zwischen uns" nun wirklich nicht auf. Da ähnelt er seiner Hauptfigur Helge, der nach dem Unfalltod seiner Frau nur noch eins will: Das gemeinsame Boot verkaufen, mit dem man die Welt bereisen wollte. Wer sich für ihn interessiert, den blockt er ab - auch eine Verkäuferin in der Drogerie am Hafen. Zurückhaltung und Konzentration aufs Wesentliche sind die Stärke dieses gut gespielten Films, der die Erklärungen nur häppchenweise liefert und seine Figuren sich lange umkreisen lässt.

Beiden Filme laufen heute ab 20.15 Uhr im Kino Achteinhalb.

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