In der Mitte angekommen

Saarbrücken · Einst trug er Maske und boxte sich im Rap-Geschäft mit den handelsüblichen Provokationen nach oben. Jetzt ist Sido Familienvater mit Eigenheim. Wie hat sich das auf seine Musik ausgewirkt?

Die Karriere von Paul Würdig - Rappername Sido - gehört zu den erstaunlichsten Künstlerlebensläufen in Deutschland: Berühmt-berüchtigt wurde der 1980 in Ost-Berlin Geborene durch Texte voller sexueller Brutalität, die es in dieser Form vorher nicht gab. Heute jedoch rappt Sido mit Helge Schneider die Zeile "Was is‘ nur los in diesem Land, bei uns zuhause wohnt ein rosa Elefant". Der Kurzfilm, zum Konzertbeginn am Sonntag in der Saarbrücker Garage auf eine Leinwand projiziert, zeigte eine ähnliche Entwicklung: Darin versucht Moritz Bleibtreu, Sido zu erpressen. Der weigert sich zu zahlen, also wird er erschossen. Dem Leben eines Gangster-Rappers entflohen, landet Sido in der Hölle, die sich als Kneipe herausstellt, deren Barkeeper und Teufel sich als niemand anderes als der Komiker Kurt Krömer entpuppt. Aber da Sido ja noch eine Tour zu bewältigen hat, darf er der Hölle noch mal entfliehen.

Und schon steht er leibhaftig auf der Saarbrücker Bühne, der harte Gangster-Rapper mit dem großen Sinn für Humor. Neben derben Reimen und Späßen hat der Berliner aber noch ein drittes Thema: die Familie. "Papa, was machst du da?" - das möchte er nie hören, sollte er in Anwesenheit seines Kindes die Contenance verlieren. Seine aktuelle Single heißt "Liebe" und könnte, rein textlich, auch zu Helene Fischer passen. Überhaupt wäre Sido mittlerweile ein heißer Kandidat, sollten eines Tages Kuschel-Rap-CDs herausgebracht werden. Doch selbst diesen Umstand nimmt er selbstironisch auf die Schippe, indem er befürchtet, dass seine CDs neben Revolverheld und Tokio Hotel im Regal stehen.

Dann jedoch verschärft die großartig groovende Band wieder den Beat. "Wollt ihr mehr Hip-Hop, Saarbrooklyn?", wird gefragt - dieser Szene-Begriff hat sich also mittlerweile bis nach Berlin herumgesprochen. Schon erscheinen auch die beiden umjubelten Lokalmatadoren, das Rap-Duo Genetikk, für den gemeinsamen Song "Maskerade". Nach zwei Stunden beendet Sido das Konzert mit jenem Stück, das einen ruppigen Ausdruck für Analverkehr enthält - das brachte ihm den Aufstieg, damals, als er vor allem rüpelte.

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