Hebamme, Mutter, Durchsetzer

Saarbrücken · Am Freitag wird zum dritten Mal der Neunkircher Günter Rohrbach Filmpreis verliehen. Am Abend zuvor hat das sehenswerte Porträt Premiere, das der Regisseur Boris Penth über den Namensgeber des Preises gedreht hat: „Ich habe mich immer eingemischt – Der Filmproduzent Günter Rohrbach“.

 Alte Freunde in der Sonne: Wolfgang Petersen (l.) und Günter Rohrbach an Petersens Haus in Los Angeles. Foto: Carpe Diem Film & TV

Alte Freunde in der Sonne: Wolfgang Petersen (l.) und Günter Rohrbach an Petersens Haus in Los Angeles. Foto: Carpe Diem Film & TV

Foto: Carpe Diem Film & TV

Ein idyllisches Bild. Am Pool unter kalifornischer Sonne plaudern zwei alte Freunde, die zusammen manche Schlacht geschlagen haben. Ihre größte war "Das Boot" vor 30 Jahren, als Produzent Günter Rohrbach statt eines US-Regisseurs den Emdener Wolfgang Petersen engagierte. Und statt eines internationalen Produkts einen "sehr deutschen Film" auf den Weg brachte, wie Rohrbach es sagt, und dann, ohne boshaft zu sein, hinzufügt, "Das Boot" sei bis heute Petersens bester Film. Rohrbach ist kein Mann falscher Höflichkeit, falscher Töne.

So beginnt das sehenswerte Porträt "Ich habe mich immer eingemischt - Der Filmproduzent Günter Rohrbach" von Boris Penth und der Saarbrücker Produzentin Barbara Wackernagel-Jacobs. Die einstündige Fassung erlebt morgen in Neunkirchen seine Premiere, die halbstündige TV-Fassung zeigt der SR am Samstag.

Penth hat Rohrbach besucht und begleitet: zu Petersen nach Los Angeles, nach München, wo Rohrbach lebt und auch im Alter von 85 Jahren an Projekten arbeitet, und auch in die alte Heimat Neunkirchen, wo er 1928 geboren wurde - eine Stadt, die er lange nicht mehr sah und ihr nun, nicht zuletzt durch den nach ihm benannten Preis, wieder näher gekommen ist. Im Film erzählt er von seiner Jugend in Neunkirchen, von seiner kindlichen Begeisterung über die Siege deutscher Soldaten im Zweiten Weltkrieg, die endet, als Rohrbach nach einem Bombardement blutige Leichen vor dem Elternhaus sieht. Nach dem Krieg fürchtet er, nie aus Deutschland herauszukommen, weil die Weltgemeinschaft Deutschland die Untaten nie verzeihen werde. Es kommt anders, und Rohrbach verlässt das Saarland, geht "raus aus der Enge, aus der Provinz, aus der Sprache", wie er es sagt. Nach einem Studium in Paris, München und Bonn beginnt eine Karriere, die den deutschen Film und das Fernsehen prägt. Beim WDR hat ein Mitarbeiter seiner Abteilung eine Idee, die Rohrbach dann bundesweit durchsetzt: Der "Tatort" ist geboren.

"Ich hatte schon immer ein starkes Bedürfnis, über Macht zu verfügen", sagt er, eben um Dinge zu verändern. Er verpflichtet den jungen Fassbinder als Regisseur, zeigt damals Provokantes von Rosa von Praunheim, kauft die umstrittene US-Serie "Holocaust" fürs deutsche Fernsehen ein. "Er war nie beliebig", sagt sein Freund Uwe Timm im Film, der Rohrbach insgesamt als einen sehr facettenreichen Charakter zeigt, als dünnhäutigen Dickhäuter (oder umgekehrt): Premierenvorstellungen seiner Filme hält er nicht aus, weil ausbleibende Lacher oder Bonbontütenrascheln an seinen Nerven zerren; Drehorte besucht er selten, "weil ich da keine richtige Funktion habe". Von der Regie hat er trotz einer frühen Assistenz am Saarbrücker Theater abgesehen: "Man muss wissen, was man nicht so gut kann." Als reiner Projekt-anschieber sieht er sich aber auch nicht - so erklärt sich der Titel des Films über ihn. Seine Sicht seiner Arbeit fasst Rohrbach, dem man im Film sehr gerne zuhört, so zusammen: "Ich will nicht nur die Hebamme sein - auch die Mutter".

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TerminDer Film läuft morgen ab 19.30 Uhr in der Stummschen Reithalle in Neunkirchen. Eine Podiumsdiskussion zum Thema "Arbeitswelt im Film" schließt sich an (Eintritt frei). Am Freitag wird der Günter Rohrbach Filmpreis in der Neunkircher Gebläsehalle verliehen. Karten (30 Euro) an allen bekannten Vorverkaufsstellen, unter www.proticket.de und unter Tel. (02 31) 917 22 90.Die halbstündige Fassung von "Ich habe mich immer eingemischt" läuft an diesem Samstag ab 18.45 Uhr im SR. red

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