Filmische Vorboten des Arabischen Frühlings

Saarbrücken. Skateboarder, die durchs Getümmel über Trottoirs flitzen. Fluchende Graffiti-Sprayer. Die rasant geschnittenen Szenen aus "Microphone", die am Mittwoch in der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar über die Leinwand flimmern, sehen aus, als wären sie in einer südlichen europäischen Großstadt gedreht

Saarbrücken. Skateboarder, die durchs Getümmel über Trottoirs flitzen. Fluchende Graffiti-Sprayer. Die rasant geschnittenen Szenen aus "Microphone", die am Mittwoch in der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar über die Leinwand flimmern, sehen aus, als wären sie in einer südlichen europäischen Großstadt gedreht. Doch dieser inzwischen international prämierte Independent-Film über Underground-Künstler entstand in Kairo, kam dort 2010 heraus, vor der Revolution. "Es gab damals zwei Filme, die uns Hoffnung machten", sagt Emad Mabrouk. Er gehört zu einer Gruppe von 15 Filmemachern aus Ägypten, Sudan und Palästina, die die Situation des Films in ihren Ländern ein Jahr nach dem "arabischen Frühling" vorstellten. Sind Facebook und Youtube für die Revolution in Ägypten zwar nicht zu überschätzen, wie Mabrouk mit einer Reportage belegt, so hätten unabhängige Filmemacher sie doch wesentlich mit vorbereitet und begleitet.Sie unterhalten auch rege Kontakte zum Sudan, wo Talal Affifi, Autor, Filmkurator und Menschenrechtsaktivist, 2010 am dortigen Goethe-Institut die "Sudanese Film Factory" begründete. Jeweils 15 bis 20 junge Frauen und Männer, Studenten, Menschenrechtsaktivisten, ließen sich hier bei bisher sechs Workshops ins Filmhandwerk einführen. Das experimentelle Medienlabor, XM Lab der HBK, das den Abend mit dem Ophüls-Festival veranstaltete, will die Factory in Karthum zwecks Workshop zum Jahresende besuchen.

In der seit dem Militärputsch 1989 kulturell erstickten Islamischen Republik "hungern die Menschen nach Film", sagt Areej Zarrouq, seit dem ersten Workshop bei der Film Factory dabei. Die jungen Sudanesen haben bisher 16 Kurzdokus gedreht, deren Titel wie "Diversity" oder "In search of Hiphop" zeigen, dass sie auf die kulturelle Öffnung hoffen.

"Wir konzentrieren uns auf die Kunst, um unsere Botschaft unterzubringen", sagt auch der Palestinänser Mustafa Istaiti, der in seinem Film die Arbeit des "Freedom Theatre" mit Jugendlichen im Flüchtlingslager Jenin dokumentiert. "Jetzt will ich lieber mein Talent entwickeln und später eines natürlichen Todes sterben", erzählt da ein Junge, der vorher Märtyrer werden wollte. Der Rahmen ihrer Filme sei per se immer politisch, doch sie müssten versuchen die "Images" der Nachrichten zu durchbrechen, beschreibt Istaiti den Anspruch der palästinensischen Filmer. Die Gruppe nimmt noch bis Samstag am Festival teil, dann besucht sie auf ihrer Goethe-Reise weitere Filmstandorte wie die Bavaria Studios und die Filmakademie Ludwigsburg. sbu

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