Der Unbequeme hat Gesellschaft

Saarbrücken · Um die Erinnerung an den in Saarbrücken geborenen Regisseur Wolfgang Staudte wachzuhalten, hat sich 2011 die ehrenamtliche Wolfgang-Staudte-Gesellschaft gegründet. Ein Blick auf ihre Arbeit.

 Ein Blick in den Nachlass: ein Artikel über den Widerstand von Kulturpolitikern gegen Staudtes Film „Herrenpartie“ (1964), der sich mit deutschen Greueltaten im Krieg beschäftigt. Foto: WSG

Ein Blick in den Nachlass: ein Artikel über den Widerstand von Kulturpolitikern gegen Staudtes Film „Herrenpartie“ (1964), der sich mit deutschen Greueltaten im Krieg beschäftigt. Foto: WSG

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Diese zwölf Umzugskisten bergen einen Schatz: Der Nachlass des in Saarbrücken geborenen Regisseurs Wolfgang Staudte (1906-1984) erzählt mit Briefen, Verträgen, Exposés und Drehbüchern von einer fruchtbaren, gleichzeitig schwierigen Karriere, von einem Engagierten und deshalb Unbequemen. "Die Mörder sind unter uns", "Der Untertan" und "Rosen für den Staatsanwalt" sind Klassiker eines zeitkritischen deutschen Kinos und Werke eines pazifistischen Filmemachers, dem die Geldgeber nicht eben nachliefen. "Staudte wollte mit seinen Filmen die Welt verändern", sagt Uschi Schmidt-Lenhard, "aber dazu brauchte er das Geld von denen, die die Welt eigentlich ganz in Ordnung finden."

Schmidt-Lenhard ist Mitglied der Wolfgang-Staudte-Gesellschaft, die sich vor zwei Jahren in Saarbrücken gegründet hat. Knapp 20 Mitglieder zählt sie zurzeit, darunter einige gute Bekannte in der saarländischen Kinoszene: Gerhard Rouget von der VHS Saarbrücken, der regelmäßig Filmveranstaltungen anbietet ("Filmfreunde Saar"), Ingrid Kraus vom Achteinhalb, Sigrid Jost vom Filmbüro und auch Nils Peiler von der Uni Saarbrücken, der zuletzt die ambitionierte Retrospektive des US-Regisseurs Wes Anderson in Saarbrücken organisierte. Peiler und Schmidt-Lenhard haben im September ein Blockseminar über Staudte angeboten, Peiler sprach jüngst im Rahmen der internationalen Tagung "Das Nachkriegskino in Deutschland" in Frankfurt über Staudtes Bedeutung. Und gerade ist in der Internetzeitschrift "German as a foreign language" ein großer Artikel von Uschi und Andreas Schmidt-Lenhard über Staudtes Nachkriegsfilme erschienen. Anlässlich dessen 30. Todestags 2014 wird in Saarbrücken eine Gedenkstele enthüllt, gestiftet von der Kulturpolitischen Gesellschaft; zudem will die Staudte-Gesellschaft 2014 einige von dessen Filmen in Saarbrücken zeigen: die TV-Serie "MS Franziska" passenderweise auf dem Theaterschiff an der Saar, und auch die "Tatort"-Episode "Ein Toter braucht keine Wohnung", bei der der legendäre Michael Ballhaus die Kamera führte.

Herzstück der Arbeit bleibt aber die Archivierung des Nachlasses, der vom Filmmuseum in Düsseldorf ausgeliehen wurde und jetzt im Landesarchiv lagert. "Das lief inoffiziell, und deshalb hat das auch geklappt", sagt Schmidt-Lenhard. Das Filmmuseum besitze zurzeit nicht die Mittel, die Archivierung vorzunehmen. Das kann die ehrenamtlich arbeitende Gesellschaft jetzt selbst in Angriff nehmen - die Defa-Stiftung unterstützt das mit 4000 Euro, auch die Volkshochschule des Stadtverbands und Saartoto sind dabei. Der archivierte Nachlass soll später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und Basis von Publikationen sein. Es wird viel zu entdecken geben.

Am Montag zeigt das Filmhaus Staudtes Film "Rose Bernd" als Begleitung der aktuellen Staatstheater-Inszenierung. Der Film beginnt um 20.30 Uhr, Uschi Schmidt-Lenhard gibt eine Einführung.

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