Beste Lehrerin der Welt: Marie-Aude Murails neuer Jugendroman

Als sie ganz klein ist, steht für Cécile bereits fest, dass sie einmal Lehrerin wird. Ihr Papa unterrichtete auch, und der war einfach der Beste.

Ihr großes Ziel wird sie erreichen. Aber als sie zum ersten Mal vor ihrer Klasse an der Louis Guilloux Grundschule steht, geht ihr auf: Das wird alles etwas schwieriger als sie sich vorgestellt hat.

Mit "Ein Ort wie dieser” erzählt die Französin Marie-Aude Murail in ihrer unnachahmlich liebenswürdigen Art einmal mehr eine Familiengeschichte mit stark sozialkritischer Komponente. Von einem schüchternen Mädchen handelt sie, dessen bewunderter Vater viel zu früh stirbt und das sich nun mit Feuereifer an ihre Lebensaufgabe macht, die beste Grundschullehrerin aller Zeiten zu werden; von ihrem geliebten jüngeren Bruder, den sie betüddelt wie eine Mutter; und von dem forschen Jungen in diesem Burger-Laden, in den sie sich verknallt. Der will seiner Familie entkommen, mit allen Mitteln.

Wie Murail Céciles Hemmungen beschreibt, aber auch ihren Wagemut, die kleinen Schüler mit erfundenen Geschichten von "Kicko-Kack Hase" zu ermuntern - mit ihren unorthodoxen Methoden verdient sie sich selbst bei anfangs hämischen Kollegen Respekt -, das wirkt hinreißend lebensecht. Und hat Humor.

Auf die Schule kommt schließlich Ärger zu, wegen der Baoulés, gleich zwölf schwarze Kinder, die manchen mehr als ein Dorn im Auge sind. Murail beschreibt ein herzergreifendes Flüchtlingsschicksal. Profitgier, Ausbeutung, abgelehnte Asylanträge, administrative Kälte: Spielend kriegt die Autorin diese und noch viel mehr Themen unter einen Hut. Eine Moral gibt es auch: Mancher wird hier zum selbstlosen Helfer, von dem man es nie dachte.

Marie-Aude Murail: Ein Ort wie dieser. Fischer Verlag, 412 Seiten, 16,99 Euro.

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