Junge Ukrainerin wünscht Frieden für die Heimat

Saarbrücken · „Ich bin in einer Sporthalle groß geworden“, sagt die 22-jährige Ukrainerin Sabrina Geleverya. Damals lebte ihre Familie noch in Kiew. Vor elf Jahren kam die Familie nach Saarbrücken. 2003 war Geleverya saarländische Meisterin in der Rhythmischen Sportgymnastik.

 Sabrina Geleverya in ihrem Schlangendress. Foto: Iris Maurer

Sabrina Geleverya in ihrem Schlangendress. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Sabrina Geleveryas (22) Wirbelsäule scheint elastisch wie Gummi: Vom Handstand biegt sie ihren Rücken so stark durch, dass die Füße wie selbstverständlich auf dem Boden landen. Sie verharrt in einer Brücke. Wenig später umklammern ihre Hände die Fesseln, den Kopf schiebt sie durch die Beine und bleibt auf der Brust liegen.

Von einer Bewegung gleitet sie geräuschlos in die nächste Verdrehung. Auf ihrem Gesicht strahlt ein breites Lächeln, das sagt: "Alles okay. Mir geht's gut." Ihre Darbietungen als Schlangenfrau sind voller Ästhetik, aber sie jagen dem Zuschauer auch Schauer über den Rücken, weil sie den Körper - zumindest für Normalsterbliche - unnatürlich verdreht. Für die 22-jährige Ukrainerin ist ihre extreme Beweglichkeit "aber schon immer normal. Meine Mutter war auch Schlangenfrau, mein Vater Artist. Ich bin in einer Sporthalle groß geworden. Ein Leben ohne Sport wäre für mich undenkbar", sagt sie mit einem Schulterzucken.

Damals lebte die Familie in Kiew. "Meine Mutter starb, als ich drei war. Ich kann mich nicht mehr an sie erinnern. Aber das Talent zur Schlangenfrau hab' ich von ihr", sagt Geleverya. Neben dem Talent gehört aber auch jahrelanges Training dazu.

Mittlerweile hat die 22-Jährige den Sport zum Beruf gemacht. 2011 absolvierte sie eine Ausbildung zur Sport- und Fitness-Kauffrau. Heute arbeitet sie als Fitness-Trainerin. Am Wochenende tritt sie häufig bei Firmen- und Privatfeiern oder Events als Schlangenfrau auf. Privat trainiert sie manchmal - so wie heute - im Fitness-Center. Zwei bis drei Wochen dauert es, bis eine Choreografie fehlerfrei sitzt. "Als junges Mädchen träumte ich davon, Profisportlerin zu werden, wollte auch bei Olympia teilnehmen. Ich hab' jahrelang Rhythmische Sportgymnastik - der Sport ist in der Ukraine sehr populär - gemacht." Dann gleitet Geleverya erneut in eine Brücke und schwingt sich in den Stand.

Das Einzige, was zwickt, ist der Rollkragen ihres neuen, hautengen Polyamid-Anzuges in Schlangenhaut-Optik, der außer Gesicht und Händen alles an ihrem 1,60 Meter großen Körper verpackt. "Der ist zu eng", sagt sie und zerrt am Stoff. Dass sie eine Vielzahl an Kostümen für ihre Shows hat, wundert nicht. Ihre Stiefmutter Natella Don, die einst in der Ukraine beim Theater in der Leitung arbeitete, hat sich in Saarbrücken als Näherin selbstständig gemacht. "Den Kragen wird sie ändern müssen", sagt die Schlangenfrau lachend. "Meine Kostüme unterstreichen die Choreografie: Mische ich Tango-Elemente unter, trage ich Rot. Wenn's nur um Akrobatik geht, dann packe ich den Schlangenanzug ein."

Vor elf Jahren kam die Familie nach Saarbrücken. "Damals trainierte ich in der Landessportschule." 2003 brachte sie es mit der Rhythmischen Sportgymnastik zur Landesmeisterin. "Doch ich musste mich entscheiden: Entweder ich konzentriere mich auf den Sport, oder aber ich schaue, dass ich meine Schulbildung hinkriege. Ich konnte damals gar kein Deutsch." Sie entschied sich für die Schule, machte ihre Fachhochschulreife auf der Gesamtschule Rastbachtal. Als Schlangenfrau ist sie viel unterwegs. "Ich war schon in Dubai und Schweden gebucht", sagt sie stolz. Ihre Geburtsstadt Kiew vermisse zwar immer noch, "aber hier in Saarbrücken bin ich mittlerweile zuhause".

Dann erlischt ihr Lächeln. Sie wirkt ernst: Die Ukraine-Krise "berührt mich sehr. Ich hab' ja auch viel Familie in Kiew. Ich wünsche mir, dass die Korruption im Land aufhört, dass Regeln herrschen und dass die Menschen Arbeit finden".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort