Ex-Schulleitung in der KritikEltern solidarisieren sich mit aktueller Schulleitung

Homburg. Die Missbrauchsfälle am früheren Internat des Homburger Johanneums beschäftigen nach wie vor die Öffentlichkeit. Zwei Patres der Hiltruper Missionare hatten zugegeben, vor mehr als 25 Jahren sexuelle Handlungen an Schutzbefohlenen vollzogen zu haben

 Im früheren Internat des Johanneums wurden Kinder vor mehr als 25 Jahren von zwei Patres sexuell misshandelt. Foto: SZ/Heitz

Im früheren Internat des Johanneums wurden Kinder vor mehr als 25 Jahren von zwei Patres sexuell misshandelt. Foto: SZ/Heitz

Homburg. Die Missbrauchsfälle am früheren Internat des Homburger Johanneums beschäftigen nach wie vor die Öffentlichkeit. Zwei Patres der Hiltruper Missionare hatten zugegeben, vor mehr als 25 Jahren sexuelle Handlungen an Schutzbefohlenen vollzogen zu haben. Die frühere Schulleitung hat mehrmals gesagt, sie habe von den damaligen Vorfällen nichts gewusst - im Gegensatz zur Internatsleitung. Der heutige Provinzial der Hiltruper Missionare, Pater Werner Gahlen (Foto: PM/Wolf), war zu dieser Zeit Direktor am Johanneum. Jetzt tritt eine Zeugin an die Öffentlichkeit, die die Darstellung des früheren Schulleiters ins Wanken bringt.Besagte Augenzeugin hatte nach eigener Aussage in ihrer Oberstufenzeit ein Gespräch im Direktorat der Schule verfolgt, in dessen Verlauf mehrere Schüler aufgrund unangenehmer Nachfragen diszipliniert worden seien. Unter Androhung eines Schulverweises durften diese - allesamt Redakteure der Schülerzeitung "Ictus" - einen Artikel nicht veröffentlichen. Die Zeugin selbst war nicht Mitglied der "Ictus"-Redaktion, sondern wurde von Mitschülern gebeten, als Unterstützerin mitzukommen. "Der geplante Artikel sollte den distanzlosen Umgang von Patres gegenüber Schülern thematisieren. Es ging meiner Erinnerung nach um Umarmen und Anfassen, was die Schüler als unangenehm empfanden." Thema in dem Artikel sei insbesondere das Verhalten eines Ordensmitglieds gewesen - ein Bruder, kein Pater -, der Kinder - meist Mädchen der fünften Klasse - dazu aufgefordert habe, Bonbons aus dessen Hosentaschen zu nehmen." Die Zeugin, Erzieherin für Heim- und Sonderpädagogik, erinnert sich weiter, dass bei dem Gespräch nicht nur Pater Gahlen, sondern auch der Geschäftsführer des Ordens, Pater Hans Linnenbrink, anwesend gewesen sei, der eigens aus Münster angereist war. "Die knallharten Drohungen an die Mitschüler kamen von Linnenbrink, Pater Gahlen hat sich bei dem Gespräch im Hintergrund gehalten."

Die Schülerin weiter: "Ich hätte erwartet, dass der Schulleiter im Anschluss des Gesprächs auf Aufklärung der Vorfälle gedrängt hätte. Aber nichts ist geschehen." Zu keinem Zeitpunkt hätten Gahlen oder Linnenbrink signalisiert, dass sie die Behauptungen der Schüler ernst nähmen oder überprüfen würden. "Nach dieser massiven Einschüchterungskampagne seitens der Schulleitung und des Ordens erschien der Artikel nicht in der Schülerzeitung. Keiner von uns traute sich, diese Thematik noch einmal anzusprechen", so die ehemalige Schülerin weiter.

Der damaligen Augenzeugin ist bewusst, dass ihre Ausführungen aufgrund der Verjährung der Straftaten keine strafrechtliche Verfolgung mehr nach sich ziehen. "Aber da ich in der öffentlichen Darstellung Pater Gahlens die Anerkennung seines persönlichen Anteils zumindest an moralischer Schuld sowie den Anteil des Geschäftsführers Linnenbrink vermisse, ist für mich der Zeitpunkt gekommen, die Öffentlichkeit zu informieren." Ihr gehe es nicht um eine rechtliche Aufklärung, sondern darum, wie der Orden damit umgeht. "Ein klares Wort des Bedauerns habe ich bisher vermisst."

Pater Werner Gahlen, der 26 Jahre Direktor des Johanneums war, zu den Anschuldigungen: "Ich habe in meiner Amtszeit zahlreiche Gespräche mit Redakteuren der Schülerzeitung geführt. An diesen Vorfall kann ich mich in keinster Weise erinnern." Bei den Gesprächen zwischen Schulleitung und "Ictus"-Redaktion sei es häufig um Lehrergeschichten gegangen. Gahlen: "Wenn ich auch als Schulleiter versucht habe, angegriffene Lehrer aus der Schusslinie zu halten, habe ich aber immer im Anschluss das Gespräch mit Schülern und Lehrern gesucht." Die Geschichte über den Ordensbruder, der Bonbons an die Kinder verteilt, ist Pater Gahlen dennoch nicht unbekannt. "Ein Lehrer hat mich damals darauf aufmerksam gemacht. Daraufhin habe ich den Bruder direkt zu mir zitiert und ihn ermahnt." Der Ordensmann, der später schwer erkrankt sei, habe nicht lange danach Homburg verlassen. Er sei bis zu seinem Tod in Hiltrup gepflegt worden, so Gahlen. Homburg. Die Elternvertretung des Gymnasiums Johanneum hat in einem Appell an den Stiftungsrat der Schule der jetzigen Schulleitung um Direktorin Eva-Maria Wenzel-Staudt ihre Loyalität ausgesprochen und sich mit ihr solidarisch erklärt. "Wir Eltern schätzen die vertrauensvolle Zusammenarbeit, die von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt ist, zum Wohle unserer Kinder und der ganzen Schule", heißt es in dem Schreiben.

Die Elternschaft appelliert an den Stiftungsrat, den Handlungsspielraum der Schulleitung zu erweitern. "Von der rückhaltlosen Unterstützung der Schulleitung durch den Stiftungsrat gehen wir aus." Nur die harmonische Zusammenarbeit aller Gremien innerhalb der Schulgemeinschaft sichere den Erfolg und das Profil und damit den Fortbestand des Johanneums.

Das Johanneum ist seit einigen Jahren eine Stiftung. Der Stiftungsrat ist der Schulleitung übergeordnet. pn

Meinung

Von SZ-RedakteurPeter Neuheisel

Hintergrund

 Im früheren Internat des Johanneums wurden Kinder vor mehr als 25 Jahren von zwei Patres sexuell misshandelt. Foto: PM/Heitz

Im früheren Internat des Johanneums wurden Kinder vor mehr als 25 Jahren von zwei Patres sexuell misshandelt. Foto: PM/Heitz

Zwei Patres der Hiltruper Missionare, die am Homburger Johanneum im ehemaligen Internat gearbeitet haben, haben vor Kurzem zugegeben, vor mehr als 25 Jahren sexuelle Handlungen an Schutzbefohlenen vollzogen zu haben. Der frühere Internatsleiter, Pater Hans Ollertz, hatte daraufhin zugegeben, in einem Fall informiert gewesen zu sei. Er hat daraufhin den Pater versetzen lassen, den Fall aber nicht öffentlich gemacht, was ihm nun vorgeworfen wird. Ollertz hatte daraufhin vor vier Wochen seine Ämter - unter anderem die Pfadfinderleitung - niederlegt und die Verantwortung übernommen. Gleichzeitig zeigte er sich bei der Staatsanwaltschaft in Saarbrücken selbst an. Inzwischen hat die Behörde mitgeteilt, dass gegen Ollertz nicht ermittelt wird. pn

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