Glockenturm ist seit 150 Jahren im Dienst

Altstadt. In anderen Orten wäre ein solch runder Geburtstag sicherlich willkommener Anlass für ein großes Fest, in Altstadt jedoch blieb das große Jubiläum ungefeiert: Der Glockenturm, das Wahrzeichen des kleinsten Kirkeler Ortsteils, wurde 150 Jahre alt

Altstadt. In anderen Orten wäre ein solch runder Geburtstag sicherlich willkommener Anlass für ein großes Fest, in Altstadt jedoch blieb das große Jubiläum ungefeiert: Der Glockenturm, das Wahrzeichen des kleinsten Kirkeler Ortsteils, wurde 150 Jahre alt. 17,25 Meter hoch, aus heimischen Buntsandsteinquadern errichtet, ein Pyramidendach obendrauf - das sind die wesentlichen Merkmale des Bauwerks, das den Status als historisches Baudenkmal genießt. Noch immer werden unter der Woche und wenn nicht gerade Ferien sind pünktlich morgens um halb acht die Glocken ganz traditionell über ein Seil geläutet. Seit alters her wird so an den bevorstehenden Beginn des Unterrichts erinnert. Allerdings gibt es in Altstadt seit vielen Jahren keine Schule mehr. Die Geschichte des markanten Türmchens hat viel mit Krieg zu tun. Sie beginnt eigentlich schon 1792/93, als Altstadt im Verlauf der Französischen Revolution plötzlich zwischen allen Fronten lag. Die kleine Kirche des Ortes, die seit dem hohen Mittelalter auf dem bis heute benutzten Friedhof stand, wurde dabei weitgehend zerstört. Was als Ruine übrig blieb, taugte nicht mehr als Gotteshaus. Allein der Turm mit seinem Satteldach war noch einigermaßen intakt, so dass wenigstens die Glocken weiter benutzt werden konnten. Im Laufe der Jahre verfiel die Kirche weiter, Geld selbst für die notdürftigsten Reparaturen war nicht vorhanden. Zwangsläufig folgte dann 1829 der Abriss. So sah sich die Gemeinde zwar im Besitz zweier Glocken, doch eine Möglichkeit, sich dieser zu bedienen, hatte sie nicht mehr. Eine provisorische Holzkonstruktion, 1833 errichtet, leistete 25 Jahre gute Dienste. Schon zu Beginn der 1850er-Jahre war zunehmend von Baufälligkeit die Rede. Bald sah der Gemeinderat keinen Ausweg mehr, als einen Neubau in Auftrag zu geben. Zur Auswahl standen drei Entwürfe: einer mit Zwiebelhaube, ein weiterer im Stil der Romanik und schließlich ein dritter ganz neogotisch. Letzterer erhielt schließlich den Vorzug. In den Steinbrüchen am Hirschberg im Kirkeler Wald wurde der Buntsandstein gebrochen. Dabei hatten die örtlichen Haushalte die Baumaterialien unentgeltlich herbeizuschaffen. Mit 400 Gulden schlug der neuerliche Turmbau zu Buche, der 1859 fertig gestellt wurde und seither an Ort und Stelle steht. Nur kleinere Veränderungen wurden seitdem an dem mit Zinnen und Scharten versehenen Bauwerk vorgenommen. Nie Wirklichkeit wurde indes die Turmuhr, für die in der oberen Hälfte auf allen vier Seiten Platz gehalten wurde. 2003 wurde das Altstadter Glockentürmchen schließlich ganz stilgerecht in seinem Erscheinungsbild aufpoliert - die Homburger Karlsberg-Brauerei war in die Spendierhosen gesprungen. Anlass dafür war das 175. Jubiläum des Unternehmens, dessen Gründer Christian Weber 1840 im Gebäude just vis-à-vis, also im Schatten des damals noch hölzernen Turmes, das Licht der Welt erblickt hatte. Viel getan hat sich freilich im unmittelbaren Umfeld des Denkmals. Ein "Alignement-Plan der Altstadter Ortstraverse" - damals noch als "Bliesstraße" firmierend - vom April 1885 dokumentiert beispielsweise die Existenz eines heute längst verfüllten und überbauten Ziehbrunnens unmittelbar neben dem Turm. Was jetzt noch im Glockenstuhl hängt und bisweilen Dienst tut, wurde am Silvestertag 1949 eingeweiht - also vor genau 60 Jahren. red

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