Aus dem kleinen Zverev wird „Alexander der Große“

St Petersburg · Alexander Zverev hat als jüngster Deutscher seit Boris Becker ein Turnier auf der ATP-Tour gewonnen. Unumstritten ist der 19 Jahre alte Hamburger nach den Querelen der vergangenen Wochen und Monate allerdings nicht.

 Glücklich und zufrieden: Alexander Zverev feiert in St. Petersburg seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Tour. Foto: MALTSEV/dpa

Glücklich und zufrieden: Alexander Zverev feiert in St. Petersburg seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Tour. Foto: MALTSEV/dpa

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Es hatte etwas von Schicksal. "Ich weiß gar nicht, was passiert ist. Ich hätte keinen besseren Ort für meinen ersten Turniersieg wählen können", sagte Alexander Zverev nach seinem Triumph beim ATP-Turnier in St. Petersburg . Seine Eltern Alexander senior und Irena stammen aus Russland.

Zverev, der als das größte Talent im deutschen Männer-Tennis gilt, kletterte nach dem Sieg gegen Stan Wawrinka in der Weltrangliste auf Platz 24. Mit 19 Jahren und 158 Tagen ist Zverev damit der jüngste Turniersieger seit dem Kroaten Marin Cilic 2008 und der jüngste deutsche Sieger seit Boris Becker 1985. Der Leimener hatte zwei Wochen vor seinem ersten Wimbledon-Sieg mit nur 17 Jahren und 199 Tagen in Queens triumphiert.

Für den Weg in die Weltspitze hat Zverev viel geopfert - zuletzt fiel die Teilnahme am Davis Cup der rigiden Karriereplanung zum Opfer. Zverev hatte im Vorfeld der Relegation gegen Polen erklärt, dass ihm der Belagwechsel von Hardcourt auf Sand zu beschwerlich und sein Terminplan insgesamt zu eng gestrickt sei.

Als die "Notbesetzung" unter Teamchef Michael Kohlmann vor einer Woche in Berlin den Verbleib in der Weltgruppe sicherte, war Zverev auf dem Weg nach St. Petersburg . Nach der dringend benötigten Pause im straffen Terminplan folgte der Sieg in Russland - inklusive eines Preisgelds von 145 000 Euro und wichtigen Weltranglistenpunkten. Aus seiner persönlichen Sicht hat Zverev alles richtig gemacht.

Der junge Deutsche und sein Management gehen konsequent ihren Weg - Ziel ist ein Platz unter den besten Zehn der Welt. Bei seinem Durchmarsch in St. Petersburg mit Siegen gegen Lokalmatador Michail Juschni, den früheren Wimbledon-Finalisten Tomas Berdych und zuletzt Wawrinka überzeugte Zverev auch die Konkurrenz. Berdych hatte Zverev nach dem Halbfinale bereits als "kommenden Grand-Slam-Champion" bezeichnet.

Dass Zverev für den Aufstieg allerdings gerade die Auftritte für Deutschland unter den Teppich fallen lässt, kommt nicht überall gut an. Die kurzfristige Absage für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, der Verzicht auf den Davis Cup - da hagelte es Kritik.

"Man kann sich fragen, ob seine Turnierplanung so richtig war", hatte Verbands-Sportdirektor Klaus Eberhard angemerkt. Und Hans-Jürgen Pohmann , der Pressesprecher des Deutschen Tennis-Bundes, ging noch weiter: "Mal ist es das Wetter, mal ist es der Belag, mal ist es die Müdigkeit, mal sind es die Reisestrapazen. Der Davis-Cup-Termin steht seit sechs Monaten fest. Da kann sich jeder mit seinem Turnierplan darauf einstellen."

Lob gab es zumindest von der ATP-Tour, die Zverev gleich mal als "Alexander den Großen" feierte. Turniersiege allein werden allerdings nicht reichen, um sich diesen Titel nachhaltig zu verdienen. Guter Stil und ein erwachsener Umgang mit den verschiedenen Akteuren im Tennis gehören ebenfalls dazu. Da hat Zverev noch Nachholbedarf.

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