„Frage der Zeit, bis ich Weltmeister bin“

Saarbrücken · Jürgen Doberstein ist neuer Intercontinental-Champion des Verbandes WBA. Der Profiboxer aus Kleinblittersdorf besiegte in der Saarlandhalle den Argentinier Ruben Eduardo Acosta einstimmig nach Punkten.

 Der Sieger und sein Gürtel: Profiboxer Jürgen Doberstein aus Kleinblittersdorf ist neuer WBA-Intercontinental-Champion. Foto: schlichter

Der Sieger und sein Gürtel: Profiboxer Jürgen Doberstein aus Kleinblittersdorf ist neuer WBA-Intercontinental-Champion. Foto: schlichter

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Um 23.57 Uhr ist es plötzlich ganz still. Jürgen Doberstein hebt kurz den Arm. Ein zaghafter Versuch, den Glauben an seinen Sieg zu demonstrieren. Nach einer kurzen Runde durch den Ring zieht er seinen Mantel an, hängt sich die Deutschland-Fahne mit Saarland-Wappen um. Dann wartet er in der Ringmitte gemeinsam mit den 1500 Zuschauern in der Saarlandhalle auf das Urteil der Kampfrichter. Um Punkt Mitternacht folgt es: 119:109, 114:112, 117:111.

Taktisch klug und aggressiv

Aus der Decke knallen Lametta-Fetzen nach unten - die Anspannung löst sich auf einen Schlag. Doberstein ist neuer Intercontinental-Champion des Verbandes WBA. Er strahlt übers ganze Gesicht, greift sich seinen neuen Gürtel und präsentiert ihn stolz seinen Fans.

Mit einem einstimmigen Punktsieg hat Doberstein den unbequemen Argentinier Ruben Eduardo Acosta geschlagen und sich "in die 1. Liga" im Supermittelgewicht katapultiert, wie Manager Wolfgang Lauer sagt: "Die WBA wird ihn jetzt unter den ersten Zehn führen. Damit ist er ein Kandidat für einen Titelkampf." Das sieht der 26-Jährige aus Kleinblittersdorf genauso. Noch im Ring macht er den Zuschauern in der Halle ein Versprechen: "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich Weltmeister bin."

Vor ein, zwei Jahren wäre Doberstein für diesen Spruch noch belächelt worden, doch mit jedem Kampf wird das Szenario realistischer. Er ist nicht mehr der wilde Haudrauf früherer Jahre, der den Ring wie eine Zirkusbühne nutzt. Er macht keine Liegestütze mehr während des Kampfes oder schleudert die Faust vier Mal im Kreis, bevor er zuschlägt. Doberstein ist erwachsen geworden - dank Star-Trainer Pedro Diaz.

Doberstein boxt klug, taktisch geprägt, trotzdem aggressiv. Natürlich animiert er das Publikum, er ist ja noch er selbst, aber er verzichtet auf Provokationen. Nur in Runde zwölf geht einmal der Gaul mit ihm durch. Er hält seinen Handschuh ans Kinn, fordert Acosta, der immer wieder zu gefährlichen Schwingern ansetzt, auf, ihn anzugreifen - und zieht sich den Ärger von Diaz zu. "Die Aktion hat mir nicht gefallen. So ein Schwachsinn kann ihn auch einen Kampf kosten", sagt Diaz. Der Kubaner, der zu den besten Trainern der Welt zählt und auch den Schwergewichtler Ruslan Chagaev betreut, legt größten Wert auf Disziplin. Die hat er bei Doberstein - abgesehen von dem Ausrutscher am Ende - nur in der Kampfmitte kurz vermisst. "Da hat er seine Taktik vergessen. Deswegen musste ich zwischen den Runden laut werden", sagt Diaz.

Kein Gesangs-Talent

 Ein Küsschen für den Meistermacher: Jürgen Doberstein und Trainer Pedro Diaz. Foto: Wieck

Ein Küsschen für den Meistermacher: Jürgen Doberstein und Trainer Pedro Diaz. Foto: Wieck

Foto: Wieck
 Ruben Eduardo Acosta (rechts) versucht, einem Schlag von Jürgen Doberstein auszuweichen. Der 37-Jährige ist der bislang härteste Gegner, dem Doberstein gegenüber stand. Foto: Dietze

Ruben Eduardo Acosta (rechts) versucht, einem Schlag von Jürgen Doberstein auszuweichen. Der 37-Jährige ist der bislang härteste Gegner, dem Doberstein gegenüber stand. Foto: Dietze

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Die Ansage fruchtet. Doberstein fährt den Sieg nach Hause, der ihm viele Türen öffnen wird. Verteidigt er seinen neuen Titel drei Mal, erhält er eine WM-Chance. Er kann auch um einen Interims-WM-Titel boxen. Der nächste Kampf ist im März geplant, in Miami oder Fort Lauderdale. Und im Sommer soll ein ganz großes Spektakel steigen - am liebsten in der neuen Arena in Elversberg. "Das ist unser Wunsch", sagt Förderer Willy Kausch.

Doberstein selbst will an den nächsten Kampf noch gar nicht denken. "Ich freue mich jetzt erstmal auf viel Zeit mit meiner Frau und meinem Sohn", sagt der 26-Jährige, der in der Vorbereitung des Kampfes mehrere Wochen bei Diaz in Miami trainiert hatte. Erst Anfang Januar wird er wieder nach Florida fliegen und mit dem Training beginnen. "Ich arbeite mit Jürgen an jedem Tag so, als sei es der erste. Und ich habe keine Zweifel: Wenn er weiter so diszipliniert trainiert, wird er ein großer Star des Boxens. Nicht nur in Deutschland, sondern in der Welt", sagt Diaz.

Im Boxen mag ihm das gelingen, im Singen sicher nicht. Nach dem Kampf stimmt Doberstein übers Hallenmikrofon ein "Happy Birthday" für Schwägerin Chantal an. "Er kann definitiv besser boxen als singen. Ich bin froh, dass er nicht für mich gesungen hat", sagt Ehefrau Nadja lachend. Sie hat in diesen Tagen übrigens ernsthafte Konkurrenz in den eigenen vier Wänden. "Meinen neuen Gürtel", sagt Doberstein zum Abschied, "den nehme ich definitiv mit ins Bett".

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