Der Spaßvogel ist erwachsen geworden

Saarbrücken · Calogero Rizzuto hat sich in der 2. Bundesliga etabliert. Der Sprung gelang ihm allerdings nicht in Kaiserslautern, sondern in Aue.

 Aues Calogero Rizzuto (r) und Heidenheims Marcel Titsch-Rivero im Zweikampf um den Ball.Location:Aue

Aues Calogero Rizzuto (r) und Heidenheims Marcel Titsch-Rivero im Zweikampf um den Ball.Location:Aue

Foto: Thomas Eisenhuth (dpa-Zentralbild)

"Rizzi" - so heißt Calogero Rizzuto bei Erzgebirge Aue. Selbst die örtlichen Zeitungen verwenden diese Kurzform, wenn sie über den Fußball-Profi berichten. Anders im Saarland: Hier kennen Rizzuto alle als "Lillo". Dass der Saarbrücker nun einen weiteren Spitznamen trägt, spricht für zweierlei: einen klangvollen Vornamen, den auch im Erzgebirge nur die wenigsten unfallfrei aussprechen können. Und für das Talent, überall schnell Anschluss zu finden. Egal, wen man nach Calogero Rizzuto fragt: Jeder erinnert sich gern an ihn. Trotzdem wäre er beinahe in Vergessenheit geraten.

Vor zwei Jahren schien es, als ob der heute 25-Jährige sportlich den Anschluss verlieren würde. Für den 1. FC Kaiserslautern machte Rizzuto annähernd 100 Spiele - für die U23 in der Regionalliga Südwest. Kein einziges für die Profis. 2015 lief sein Vertrag bei den Pfälzern aus. Schließlich entschied er sich für einen Wechsel in die 3. Liga - nach Aue. Aus Lillo wurde Rizzi. Mit seinem neuen Verein glückte Rizzuto auf Anhieb der Aufstieg in die 2. Bundesliga - als Stammspieler. Diesen Status hat der Rechtsverteidiger auch in der laufenden Saison, wenngleich diese nicht sonderlich gut verläuft. Sein Trainer Pavel Dotchev hat gerade seinen Rücktritt eingereicht, und der Verein hat ihn angenommen. Turbulente Zeiten also beim Liga-Schlusslicht.

Kurios: Als Jugendspieler des SV Schafbrücke musste Rizzuto nachhelfen, um vom größeren 1. FC Saarbrücken entdeckt zu werden. "Ich hatte in Schafbrücke einige Freunde, die zum FCS gewechselt sind. Da wollte ich es auch versuchen", erzählt er. Vater Salvatore sagte: "Mehr als Nein können sie auch nicht sagen."

Mit 15 Jahren kam er für die Blau-Schwarzen zu ersten Einsätzen in der Junioren-Bundesliga. Einer seiner älteren Mitspieler war der heutige Gladbacher Patrick Herrmann. Die Talente aus Saarbrücken stiegen ab, fielen aber auf. "Es gab einige Interessenten, fünf, sechs Vereine, die mich haben wollten", erinnert sich Rizzuto. Doch er wollte nicht zu weit weg von seinem Umfeld, von Familie und Freunden. Also entschied er sich für Kaiserslautern.

Nach der Schule hastete Rizzuto zum Saarbrücker Hauptbahnhof. Nachmittags um 16.30 Uhr fuhr sein Zug zum Training. "Das war sehr anstrengend", erzählt Rizzuto heute. Der Wechsel nach Kaiserslautern verlangte ihm noch mehr ab: "In Saarbrücken war ich der Spaßvogel, kannte jeden." Dagegen erschien in der Pfalz alles neu, größer, auch ernsthafter, weil der Profi-Fußball nun greifbar wurde. Schließlich zog Rizzuto nach Kaiserslautern um, ins Internat. Denn: "Ich habe das Privileg zu schätzen gewusst, bei so einem Verein zu spielen."

Es ist vor allem das letzte Jahr bei den Junioren, das ihm in Erinnerung geblieben ist: 2011 erreichte Rizzuto mit Lauterns U19 das Endspiel um die deutsche Meisterschaft. "Da ist einem bewusst geworden, dass es im Fußball höhere Aufgaben gibt", sagt Rizzuto. Der Saarländer stand in der Endrunde immer auf dem Platz, nur im verlorenen Finale gegen den VfL Wolfsburg (2:4) musste er zwangsweise zuschauen.

"Der Lillo war relativ jung und unbekümmert, als er zu uns kam", erzählt Gunther Metz, früher Profi in Lautern und beim Karlsruher SC. Metz trainiert seit etlichen Jahren die U19 der Roten Teufel. An Rizzuto erinnert er sich genau. Plastisch beschreibt Metz, wie sich das Talent im letzten Moment des Abschlusstrainings vor dem Meisterschafts-Finale in Wolfsburg verletzte. "Für uns war das ein ganz herber Verlust", sagt der Trainer: "Wir hätten den Lillo dringend gebraucht."

Dabei waren die Junioren des FCK in der Defensive prominent besetzt: Willi Orban stellt mittlerweile mit RB Leipzig die Bundesliga auf den Kopf, Dominique Heintz glänzt als Mitspieler von Jonas Hector beim Erstliga-Konkurrenten 1. FC Köln. Jean Zimmer wechselte vor dieser Saison zum Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart. Das waren seine Partner in der Viererkette. Und Rizzuto? Der hat es in Aue doch noch zum Profi geschafft. Fragt man Metz, sagt der Jugendtrainer: "Das überrascht mich nicht." Rizzuto bringe unheimlich viel mit, so dass sein Weg "irgendwie vorgezeichnet" gewesen sei. Doch in Kaiserslautern schien sich diese Perspektive zu verlieren - nach vier Jahren bei den Amateuren. Also ging er ins Erzgebirge, mit einem klaren Ziel: "Ich wollte ein gestandener Drittligaspieler werden."

Nach nicht einmal einem halben Jahr verlängerte Aue den Vertrag des Saarländers. Aus zwei sollten nun vier Jahre werden, im Fußball eine Ewigkeit. Erst recht bei einem Verein, der gerade abgestiegen war. Am Ende der Saison stand für Aue die Rückkehr in die 2. Bundesliga - für Rizzuto der zweite Aufstieg in Folge. Schließlich hatte er in Kaiserslautern nur in der 4. Liga gespielt.

 Mit der Saarauswahl war Calogero Rizzuto, damals noch beim 1. FC Saarbrücken, sogar schon in Japan bei einem von Udo Hölzer organisierten Austausch. Foto: klein

Mit der Saarauswahl war Calogero Rizzuto, damals noch beim 1. FC Saarbrücken, sogar schon in Japan bei einem von Udo Hölzer organisierten Austausch. Foto: klein

Foto: klein
 Calogero Rizzuto

Calogero Rizzuto

Foto: FCE Aue

Auch in der 2. Liga ist Rizzuto aus der Mannschaft nicht wegzudenken. "Mit der Spielpraxis entwickelt man sich, bekommt Ruhe und Ausstrahlung", sagt er selbst. Das deckt sich in etwa mit dem, was sein ehemaliger Jugendtrainer Gunther Metz meint: "Für Lillo ist es wichtig, eine gewisse Konstanz in sein Spiel zu bringen." Mit zunehmender Zeit könne Rizzuto ein sehr guter Zweitligaspieler werden, sofern seine Mannschaft nicht wieder absteigt. Klingt so, als ob man sich einen seiner Namen merken sollte - egal welchen.

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