Franzmanns Olympia-Plan steht schon

Saarbrücken · Auf den letzten Drücker hat es Tobias Franzmann geschafft. Im Leichtgewichts-Vierer ohne Steuermann sicherte er sich erst Ende Mai das Ticket für die Olympischen Spiele. Dort will er „die Atmosphäre aufsaugen“.

 Der Leichtgewichts-Vierer um den Saarbrücker Tobias Franzmann (unten rechts) hat sich erst spät für die Olympischen Spiele qualifiziert. Bei der Qualifikation in Luzern wurden Franzmann, Jonathan Koch (unten links), Lucas Schäfer und Lars Wichert (oben, von links) Zweiter.

Der Leichtgewichts-Vierer um den Saarbrücker Tobias Franzmann (unten rechts) hat sich erst spät für die Olympischen Spiele qualifiziert. Bei der Qualifikation in Luzern wurden Franzmann, Jonathan Koch (unten links), Lucas Schäfer und Lars Wichert (oben, von links) Zweiter.

Foto: Deutscher Ruderverband/Seyb

Im September des vergangenen Jahres hatte er "mit dem Rudern abgeschlossen". Am Donnerstag fliegt Tobias Franzmann nach Rio de Janeiro und wird an seinen ersten Olympischen Spielen teilnehmen. Schon am 6. August, einen Tag nach der Eöffnungsfeier im Maracanã-Stadion, wird der Saarländer mit Jonathan Koch, Lars Wichert und Lucas Schäfer im Leichtgewichtsvierer ohne Steuermann seinen Vorlauf bestreiten - und hat ein klares Ziel: "Das A-Finale der besten Sechs zu erreichen, wäre für uns eine persönliche Goldmedaille. Ein realistisches Ziel ist, unter die besten Acht zu kommen", sagt Franzmann, der für den RV Saarbrücken startet.

Wegen des frühen Renntermins wird der Wahl-Hamburger und seine Kollegen nicht an der Eröffnungsfeier teilnehmen. Franzmann bedauert das, weiß sich aber selbst zu trösten. "Auch wenn der Fokus auf der sportlichen Leistung liegt, ist das natürlich nicht schön. Uns wurde aber gesagt, dass man die Feier vor dem Fernseher besser verfolgen kann. Außerdem haben wir zum Ausgleich nach unseren Wettkämpfen eine Woche Freizeit und können an der Abschlusszeremonie teilnehmen."

Wie er die freie Zeit nutzen wird, weiß der Saarbrücker schon. Er werde sich mit seinen Eltern und Freunden treffen, die vor Ort sind, um ihn zu unterstützen. Außerdem freue er sich auf die anderen Sportarten. "Beachvolleyball finde ich sehr spannend, aber auch Leichtathletik, Handball und Triathlon", sagt der 25-Jährige und hofft, live vor Ort sein zu können.

Dass er in Rio überhaupt dabei ist, hat er Jost Schömann-Finck zu verdanken. Sein Saarbrücker Vereinskollege überzeugte ihn, wieder ins Boot zu steigen. Denn Franzmann wollte, nachdem er es vergangenen September nicht ins WM-Boot und damit nicht zur ersten Qualifikations-Möglickeit geschafft hatte, mit dem Rudersport aufhören. Doch Schömann-Finck, der 2009 in Posen (Polen) mit seinem Bruder Matthias und den Zwillingen Jochen und Martin Kühner für den RV Saarbrücken WM-Gold im leichten Vierer holte, konnte ihn umstimmen. Und während die Schömann-Fincks es bei dem finalen "Casting" nicht ins Boot schafften und ihre Karrieren beendeten, biss Franzmann sich durch. Bei der Qualifikations-Regatta in Luzern sicherte er sich am 24. Mai mit seinen Kollegen in einem spannenden Rennen Platz zwei hinter Russland und damit das letzte Ticket nach Brasilien.

Bis Franzmann dort an den Start geht, wird er nicht viel von Rio sehen können. Wegen gesundheitlicher Risiken wurde den Sportlern nahe gelegt, sich möglichst häufig in den eigenen Zimmern aufzuhalten. Besonders das Deutsche Haus soll Tabu sein. Eine weitere Gefahr geht von der Regatta-Strecke auf dem Lagoa Rodrigo De Freitas aus. Der See liegt mitten in der Stadt, und je nach Wetterlage schwankt die Wasserqualität. Immer wieder gab es in den vergangenen Wochen und Monaten Berichte über Risiken und Beschwerden bei Test-Wettkämpfen. So sollen vor allem Magen-Darm-Erkrankungen vom Wasser verursacht werden. "Deswegen üben wir jetzt schon die Abläufe, wie wir Boot und Ruder richtig desinfizieren", erzählt der Student für Wirtschaftsingenieurwesen. Auch das Zika-Virus ist ein Thema, doch die Ärzte geben laut Franzmann leichte Entwarnung. "In Brasilien ist Winter. Die Zahl der Mücken ist daher zurückgegeangen. Trotzdem haben wir Moskito-Netze und Mückenspray dabei", sagt der Leichtgewichts-Ruderer.

In den letzten Tagen hatten er und seine drei Kollegen einen klaren Fahrplan. Der Trainingsrhythmus wurde reduziert. Und nachdem beim Trainingslager kürzlich in Österreich die Positionen im Boot noch einmal umbesetzt worden waren, stand die Feinabstimmung auf dem Programm. "Wir sind auf einem guten Weg. In Österreich haben wir einen Sprung gemacht. Wie groß der ist, werden wir in Rio sehen", erklärt Franzmann.

Zum Abschluss des Trainingslagers in Ratzeburg stand am vergangenen Freitag der Teamgedanke im Vordergrund. Beim gemeinsamen Grillabend, an dem alle Olympia-Fahrer teilnahmen, sollte der Mannschaftsgeist gestärkt werden. "Das spielt schon eine wichtige Rolle. Bei den Spielen drückt man den anderen natürlich die Daumen und feuert an - besonders bei den Medaillen-Hoffnungen", erzählt der Saarbrücker und ergänzt: "Das Gesamtabschneiden spielt auch eine große Rolle."

Egal wie das ausfallen wird, Franzmann will die Atmosphäre und alles drumherum "einfach aufsaugen". Es wird sein zweiter Aufenthalt in Brasilien, daher weiß er, was ihn erwartet und auf was er sich freuen kann: "Die brasilianische Mentalität, das Lebensgefühl, das ist etwas ganz Besonderes."

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