Die große Chance am Bodensee

Saarbrücken · Der beste saarländische Volleyballer Moritz Reichert, U19-Weltmeister 2013 im Beachvolleyball, ist zu einem der besten deutschen Clubs gewechselt, zum VfB Friedrichshafen. Heute startet die Bundesliga-Runde.

 Diese Hände spielen ab heute in der Volleyball-Bundesliga. Sie gehören zu Junioren-Nationalspieler Moritz Reichert. Foto: Ruppenthal

Diese Hände spielen ab heute in der Volleyball-Bundesliga. Sie gehören zu Junioren-Nationalspieler Moritz Reichert. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Moritz Reichert verteilt des Bären Fell nicht, bevor er nicht erlegt ist. "Ich will mich im nächsten Jahr voll auf Volleyball konzentrieren und in der Bundesliga Fuß fassen", hatte Moritz Reichert im Mai noch unschuldig gesagt, ohne dabei konkret zu werden, oder auch nur anzudeuten, dass er zum VfB Friedrichshafen wechseln würde. Einem der Topclubs in der Volleyball-Bundesliga, mit dem er heute Abend um 19.30 Uhr in Coburg in die neue Saison startet.

"Ich freue mich richtig", sagt Reichert, "gerade nach der langen Vorbereitung". Seit Anfang August trainiert der Lebacher mit einer Welt-Auswahl in der kleinen Stadt am Bodensee . "Ich habe mich hier richtig gut eingelebt", sagt der 19-Jährige und lächelt, "es lässt sich hier auch ganz gut leben". Weil abgesehen von der landschaftlichen Umgebung mit Bodensee und Alpen, vor allem das Interesse an seinem Sport in Friedrichshafen so groß ist. "Man spürt ganz deutlich, dass hier etwas gewachsen ist. Allein zur Mannschaftsvorstellung kamen 400 Leute", sagt er. Bei Heimspielen kommen 2000 bis 2500 Zuschauer in die ZF-Arena. Alles sei professioneller, das Umfeld, die Organisation. "Es ist eben einer der besten Vereine in Deutschland", sagt Reichert.

Genau das will der zwölfmalige deutsche Meister und Pokalsieger nach drei Jahren ohne Meisterschaftstitel und "nur" zwei Pokalsiegen wieder unter Beweis stellen. "Wir treten hier an, um die Meisterschaft zu holen", verkündete Reicherts Mannschaftskollege Max Günthör, der mit der Nationalmannschaft jüngst WM-Bronze in Polen gewann. "Und den Pokal nehmen wir auch gerne mit", wird Club-Geschäftsführer Jürgen Hauke auf der Internetseite des Vereins zitiert. Dass die Ansammlung an Nationalspielern in der Champions League "nur" die zweite Runde erreichen will, schmälert weder den Druck noch die Belastung.

"Es sind schon extrem viele Spiele", sagt Reichert und sieht darin seine Chance: "Es kann sein, dass ich dadurch mehr Einsatzzeit bekomme." Sein Trainer Stelian Moculescu hält ihn ohnehin für "eines der vielversprechendsten Außen-Annahme-Talente in Deutschland". Dennoch bleibt der 55-malige Junioren-Nationalspieler der jüngste Spieler in einem Team, das sich nach sieben Neuzugängen noch finden muss. "Wir haben eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern", meint Reichert, der letzte Saison für das Volleyball-Internat in Frankfurt in der 2. Liga antrat.

Jetzt steht Reichert in einer Mannschaft, die sich aus Nationalspielern Deutschlands, Frankreichs, Tschechiens, Ungarns, Rumäniens und den USA zusammensetzt. Alle mit hohen Ansprüchen und dem gleichen Ziel: unbedingter Erfolg. "Titel sind hier schon sehr wichtig", sagt der U19-Beachvolleyball-Weltmeister von 2013, der seine persönlichen Ziele etwas anders formuliert: "Für mich ist wichtig, dass ich hier lernen kann, von einem der besten Trainer und in einer starken Mannschaft, dass ich mich gut entwickeln und an mir arbeiten kann", sagt er. Dabei wirkt er so gelassen wie vor einem halben Jahr - nur über ungelegte Eier spricht er immer noch nicht.

Wegvon dem Turnhallen-Mief


Ex-Bundestrainer Moculescu kritisiert Verantwortliche der Bundesliga

Die WM-Bronzemedaille der deutschen Volleyballer soll der Bundesliga einen Schub geben. Das hofft auch Trainer Stelian Moculescu von Rekordmeister VfB Friedrichshafen. Vor Saisonbeginn mag er aber noch nicht so recht daran glauben. Vieles ist ihm zu unprofessionell.


Startrainer Stelian Moculescu von Rekordmeister VfB Friedrichshafen hat die Verantwortlichen in der Volleyball-Bundesliga kurz vor Saisonbeginn aufgefordert, professioneller zu arbeiten. Allein durch die Bronzemedaille der deutschen Männer bei der WM in Polen werde es nicht zu einem Aufschwung der Sportart kommen. "Die Bronzemedaille ist sicher ein Türöffner, aber jetzt müssen die handelnden Personen auch durch diese Tür durchgehen", erklärte Moculescu: "Tun sie es nicht, war die schöne Medaille umsonst."

Moculescu ist es eine Herzenssache, Volleyball mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen - und er kann sehr emotional werden, wenn er darüber spricht. Seine Kritik trifft neben dem Ligaverband auch Teile der Konkurrenz in der höchsten Spielklasse. Sie startet heute mit der Partie VSG Coburg /Grub gegen Friedrichshafen in ihre 40. Saison.

Dem Verband wirft er vor, häufig seine eigenen Richtlinien nicht anzuwenden. Immer wieder gebe es Ausnahmeregelungen für Vereine, deren Hallen für die Bundesliga gar nicht geeignet seien. Auf den Hinweis, die Liga habe doch kürzlich einen "Masterplan" verabschiedet, der auch bessere Management-Strukturen in den Clubs anstrebe, antwortet Moculescu bissig: "Das ist ja wunderbar, nur muss die Liga ihre Vorgaben dann auch mit sehr großer Konsequenz umsetzen. Das tut sie aber nicht."

Im Fußball sei das anders: Erfülle ein Club nicht die Anforderungen an die Bundesliga-Stadien, dann sage die Deutsche Fußball Liga: "Tschüss, der Nächste bitte." Daran müsse sich der Volleyball orientieren und "endlich mal weg von diesem Turnhallen-Mief". Würden Vereine auch mal abgewiesen, dann hätte die Liga endlich die Chance, dass sich was ändert.

Zwar arbeiten gerade der Pokalsieger aus Friedrichshafen und Meister Berlin Volleys, den der VfB an der Bundesligaspitze wieder ablösen will, sehr professionell. Doch auch sie leiden unter dem internationalen Terminplan des Weltverbands. "80 Prozent der Bundesliga-Vereine spielen von Oktober bis März. Der Rest tritt dann in den Playoffs an, da sind es ein paar Wochen mehr", schimpft Moculescu. Danach zählten nur die Nationalteams, aber die Liga fände nicht mehr statt. "So macht sich der Volleyball kaputt."

Der Ex-Bundestrainer, der Friedrichshafen 2007 zum Champions-League-Sieg führte, glaubt, dass Volleyball ein großes Potenzial hat. "In Deutschland gibt es Millionen von Menschen, die eine Affinität zum Volleyball haben. Die lechzen doch danach, dass sie mal was anderes sehen als Fußball", betont Moculescu.

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