Schempp nahezu perfekt

Östersund · Miriam Gössner geht mit neuem Optimismus in die neue Biathlon-Saison. Nach vielen Rückschlägen will die zweimalige Staffel-Weltmeisterin in diesem Winter wieder angreifen. Der Startschuss erfolgt heute.

Treffsicher mit dem Gewehr, pfeilschnell auf dem Ski: Überflieger Simon Schempp hat im schwedischen Östersund nach einer nahezu perfekten Leistung einen glänzenden Start in den Biathlon-Weltcup erwischt. Im kräftezehrenden Einzel über 20 Kilometer lief der 27-Jährige aus Uhingen (Baden-Württemberg) nach einem Schießfehler auf den zweiten Platz - nur um 27,1 Sekunden vom norwegischen Altmeister Ole Einar Björndalen geschlagen.

"Ich bin einfach nur happy, es gibt wenig Verbesserungspotenzial. Ich habe nicht den ersten Platz verloren, sondern den zweiten gewonnen", sagte Staffel-Weltmeister Schempp und lobte den 41-jährigen Björndalen für dessen Leistung: "Das ist Wahnsinn. Ich ziehe meinen Hut vor ihm." Der fehlerfreie Björndalen feierte auf den WM-Strecken von 2019 bereits seinen 95. Weltcup-Sieg. Hinter Schempp kam der Russe Alexei Wolkow (+38,2 Sekunden) als Dritter auf das Podest.

Schempp nahm drei Tage nach dem zweiten Platz mit der Mixedstaffel den Klassiker, noch immer die Königsdisziplin im Biathlon, offensiv in Angriff. Bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt gehörte der Schwabe in der Loipe zu den Besten, die ersten beiden Schießeinlagen absolvierte er trotz der großen Anstrengung ohne Hektik - und ohne Fehler. Erst beim dritten Anschlag ließ der Staffel-Weltmeister die erste und einzige Scheibe an diesem Tag knapp stehen.

Für seine letzten fünf Schüsse nahm sich Schempp wieder deutlich mehr Zeit - und das zahlte sich aus. Schempp verfehlte kein Ziel, brannte eine grandiose letzte Runde in den Schnee und löste gleich im ersten Einzelrennen des Winters das Ticket für die WM am legendären Holmenkollen von Oslo (3. bis 13. März).

Erik Lesser als zweiter, hoch gehandelter DSV-Skijäger konnte die Erwartungen anders als Schempp nicht erfüllen. Der Staffel- und Verfolgungsweltmeister aus Frankenhain, der bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 im Einzel noch Silber gewonnen hatte, schoss viermal daneben und wurde nur 39. "Das war ein bisschen Hass", sagte Lesser: "Wenn man gleich den ersten daneben schießt, steht man eben unter Zugzwang."

Andreas Birnbacher (Schleching) erfüllte als Zwölfter die halbe WM-Norm. Benedikt Doll (Breitnau/46.), Arnd Peiffer (Clausthal-Zellerfeld/51.) und Daniel Böhm (Buntenbock/76.) enttäuschten. Fortgesetzt wird der erste Weltcup des WM-Winters heute (17.15 Uhr/ZDF) mit dem Einzel der Frauen über 15 Kilometer.Im heimischen Garmisch-Partenkirchen genoss Miriam Gössner noch ein letztes Mal die Ruhe. Spätestens wenn die 25-Jährige heute (17.15 Uhr/ZDF) in Östersund im ersten Einzelrennen des Biathlon-Winters in die Loipe geht, ist es damit vorbei. Im gleißenden Flutlicht in den schwedischen Wäldern werden alle Augen auf sie gerichtet sein, doch von großem Druck will Gössner nichts wissen.

"Ein riesiger Stein" sei ihr gerade erst vom Herzen geplumpst, sagte die zweimalige Staffel-Weltmeisterin. Nicht, weil sie nach vielen Rückschlägen wieder für das deutsche Weltcup-Team nominiert wurde. "Sondern viel mehr, weil ich gemerkt habe, dass ich wieder in Form bin und mich auch im Rennen wieder gut fühle." Es sei schon eine Weile her, "seit ich im Wettkampf so ein gutes Gefühl hatte".

Gössner hat eine lange Leidenszeit hinter sich. Ihre drei Weltcupsiege vor drei Jahren scheinen eine Ewigkeit her. Ein schwerer Mountainbike-Unfall im Frühjahr 2013 in Norwegen warf sie weit zurück. Olympia 2015 musste sie absagen, für die WM in Kontiolahti verfehlte sie die Norm. Sie dachte sogar ans Aufhören. Doch im Sommer arbeitete Gössner hart an sich.

Das große Ziel heißt Oslo. In Norwegen, der Heimat ihrer Mutter, findet im März die WM statt. Gössner wäre liebend gerne dabei. Einfach wird das nicht, denn alleine die Konkurrenz im eigenen Team ist groß. Gössner war nur Zuschauerin, als die junge deutsche Staffel in Finnland überraschend WM-Gold gewann. Doch zumindest was die Laufleistung angeht, ist Gössner wieder in Topform - auch wenn es beim Schießen noch haperte. "Ich weiß, dass ich weiter ganz konsequent arbeiten muss", sagte sie. Doch aktuell freut sie sich einfach. Endlich ohne Beschwerden zu sein - und wieder im Weltcup zu starten. Miriam GössnerBiathlet Simon Schempp hat gestern beim ersten Weltcup-Rennen im schwedischen Östersund eine starke Leistung in der Loipe gezeigt. Auch am Schießstand unterlief ihm nur ein Fehler. Foto: olsson/dpa

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