Der große Frust

München · Heute wird Uli Hoeneß wieder zum Präsidenten des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München gewählt werden. Angesichts der aktuellen Krise der Mannschaft kommt die Rückkehr zum richtigen Zeitpunkt.

 Ein bezeichnendes Bild für die aktuelle Stimmung beim FC Bayern: Thomas Müller (links) und Kapitän Philipp Lahm gehen mit gesenktem Kopf vom Platz. Foto: Kneffel/dpa

Ein bezeichnendes Bild für die aktuelle Stimmung beim FC Bayern: Thomas Müller (links) und Kapitän Philipp Lahm gehen mit gesenktem Kopf vom Platz. Foto: Kneffel/dpa

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Die Reise in das ferne Rostow hatte sich Uli Hoeneß erspart. Er wolle sich, so war zu hören, auf heute Abend vorbereiten, wenn er von den Mitgliedern des FC Bayern erneut zum Präsidenten gewählt werden wird. Dem alten und neuen starken Mann des deutschen Fußball-Rekordmeisters wird kaum entgangen sein, dass und vor allem wie sich die Mannschaft am späten Mittwochabend im zum Zähneklappern kalten Russland blamierte.

Hoeneß ist nicht bekannt dafür, dass er in schwierigen Zeiten zusätzlich draufhaut - ähnlich hielt es zunächst Karl-Heinz Rummenigge nach dem 2:3 (1:1) bei FK Rostow. "Es nutzt nichts, da heute groß Zirkus zu machen", sagte er vor der abendlichen Rückreise von den Ufern des Don. Nicht zu übersehen war aber die innere Unruhe des Vorstandsvorsitzenden. "Wir müssen es in den nächsten Spielen und speziell am Samstag gegen Leverkusen besser machen", sagte er.

Zuvor hatte schon Philipp Lahm Alarm geschlagen. Krise? Nein, "Krise ist zu viel gesagt", beteuerte der Kapitän. Auch ihm war allerdings deutlich anzusehen, dass er einigermaßen sauer war - auf sich und seine Mitspieler. "Aktuell sind wir ein bisschen sorglos", bemängelte er: "Wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann und dass Fehler bestraft werden." Von diesen Fehlern, ergänzte Lahm, "machen wir zu viele", und das "müssen wir so schnell wie möglich abstellen".

Auffällig war auch gegen Rostow, in der Champions League bislang sieglos, das schlampige und unorganisierte Verhalten in der Abwehr. Rummenigge sah sich sogar veranlasst, Weltmeister Jérôme Boateng an den Pranger zu stellen. "Ich glaube, dass Jérôme wieder ein bisschen zur Ruhe kommen muss. Seit dem letzten Sommer ist mir das ein bisschen zu viel. Es wäre im Sinne von ihm und vom ganzen Club, wenn er da ein bisschen wieder back to earth runterkommt", sagte er. Zurück zur Erde - also Bodenhaftung statt Höhenflug.

Dass ein Spieler öffentlich so angezählt wird, hat es beim FC Bayern schon lange nicht mehr gegeben. Unabhängig davon: Boateng spielte in der Tat schlecht, er gab vor dem 1:1 der Russen durch Sardar Azmoun (44. Minute) eine schlechte Figur ab, verursachte den Foulelfmeter, der zum 2:1 durch Dmitri Polos führte (49.), und wirkte wie eingefroren. Zu allem Überfluss musste er in der 58. Minute ausgewechselt werden: Muskelverhärtung. Länger ausfallen wird er nicht.

Doch es ist nicht alleine Boateng, der dem FC Bayern Sorgen machen sollte. "Es fehlt die letzte Konsequenz, die Entschlossenheit, der letzte Schritt, die Galligkeit und Aggressivität", urteilte Lothar Matthäus treffend aus dem Fernsehstudio von Sky. Das sah auch Trainer Carlo Ancelotti so. "Ich bin richtig enttäuscht von unserem Auftritt", erklärte er: "Ich übernehme die volle Verantwortung dafür."

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