Der Kapitän geht – und keiner kommt

Mönchengladbach · Kapitän Bastian Schweinsteiger feiert morgen gegen Finnland seinen Abschied aus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Die Resonanz der Fans ist aber überschaubar, es droht schon fast ein Geisterspiel.

 Bundestrainer Joachim Löw (links) wird seinen Kapitän Bastian Schweinsteiger morgen Abend gegen Finnland zum letzten Mal auf den Platz schicken. Foto: Dedert/dpa

Bundestrainer Joachim Löw (links) wird seinen Kapitän Bastian Schweinsteiger morgen Abend gegen Finnland zum letzten Mal auf den Platz schicken. Foto: Dedert/dpa

Foto: Dedert/dpa

Wenn sich Bastian Schweinsteiger morgen gegen Finnland (20.45 Uhr/ZDF) aus der Fußball-Nationalmannschaft verabschiedet, droht eine unwürdige Kulisse. Gestern war nicht einmal die Hälfte der 43 000 Tickets für den Borussia-Park in Mönchengladbach verkauft. "Es ist ein bisschen schade für Bastian, wenn das Stadion nicht ausverkauft sein sollte", sagte Bundestrainer Joachim Löw , äußerte aber auch Verständnis. "Es ist ein bisschen unglücklich. Es gab die EM, Olympia, die Bundesliga hat begonnen. Außerdem ist der Anstoß recht spät und die Schule hat wieder begonnen", meinte der Bundestrainer : "Aber ich hoffe, dass noch einige Zuschauer kommen werden."

Löw liegt der Abschied seines Kapitäns am Herzen, war dieser doch jahrelang ein vertrauensvoller Ansprechpartner. Als Schweinsteiger den Trainer über seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft informierte, machte Löw ihm direkt ein Versprechen: Er habe ihm wie auch Lukas Podolski direkt ein Abschiedsspiel zugesagt - das für den derzeit verletzten Podolski wird im März 2017 sein.

Es wird das erste Mal sein in der zehnjährigen Amtszeit des 56-Jährigen, dass ein Spieler aus dem DFB-Team auf dem Platz verabschiedet wird. "Grundsätzlich hat der DFB entschieden, dass es keine speziellen Abschiedsspiele mehr gibt", erklärte Löw: "Ich habe allerdings die Möglichkeit, jemanden in einem Testspiel nochmal dazuzunehmen. Und es ist für mich kein Problem, Basti und Lukas auflaufen zu lassen und nach 60 oder 70 Minuten auszuwechseln."

Michael Ballack , Miroslav Klose und Philipp Lahm wurde diese Ehre nicht zuteil. "Klose und Lahm wollten nicht", erklärte Löw. Zu Ballack wollte er nichts sagen. In der Zukunft werde man "grundsätzlich von Situation zu Situation" entscheiden.

Löw ließ neben einem ausführlichen Lob an Schweinsteiger und dessen Verdienste aber auch durchblicken, dass es für den 32-Jährigen wie auch den im März letztmals auflaufenden Podolski künftig schwer geworden wäre. "Für beide ist es ein sehr guter Zeitpunkt gewesen", sagte Löw: "Beide haben die Nationalmannschaft geprägt und mit dem WM-Titel das Maximum erreicht. Es war von beiden der richtige Entschluss, sich auf die Vereinsmannschaft zu konzentrieren. Für mich war das absolut in Ordnung."

Der DFB bemüht sich jedenfalls, auch ohne die passende Zuschauerzahl einen würdigen Rahmen zu schaffen. Der Fanclub verspricht eine besondere Choreografie - und am Ende werden wohl Tränen fließen. Es könnte schließlich Schweinsteigers letztes Spiel überhaupt auf der europäischen Bühne sein. Denn die Karre ist verfahren. José Mourinho , Team-Manager von Manchester United , stellte noch einmal klar, dass es der aussortierte Schweinsteiger "sehr schwer haben wird, zu spielen". Und Schweinsteiger stellte unbeeindruckt vom Interesse von Juventus Turin und Paris St. Germain klar, dass Manchester "mein letzter Club in Europa sein wird". Ob er wechselt, ist offen. Klar ist nur, dass er morgen auf dem Platz stehen wird - zu seinem 121. und letzten Länderspiel. Bundestrainer Joachim Löw hat sich auf einen neuen Kapitän der Fußball-Nationalmannschaft festgelegt, wird seine Entscheidung aber erst am Donnerstag bekannt geben. "Wir sprechen erst mit der Mannschaft", sagte Löw vor dem Länderspiel gegen Finnland morgen Abend (20.45 Uhr/ZDF) in Mönchengladbach . Tags darauf werde "die Entscheidung öffentlich gemacht".

Beschlossen sei, dass Toni Kroos für den zurückgetretenen Kapitän Bastian Schweinsteiger in den Mannschaftsrat aufrücke. Diesem gehören zudem Manuel Neuer , Mats Hummels , Sami Khedira und Thomas Müller an. Aussichtsreichste Kandidaten für das Kapitäns-Amt sind Neuer und der noch nicht fitte Jérôme Boateng .

Eine Einsatz-Garantie gegen Finnland hat nicht nur Schweinsteiger, sondern auch die drei Silbermedaillengewinner von Rio de Janeiro. Julian Brandt, Max Meyer und Länderspiel-Debütant Niklas Süle werden spielen, teilte Löw mit.

Auch Mario Götze darf gegen Finnland ran - und das erstmals, seit er von Bayern München zu Borussia Dortmund zurückgekehrt ist. Im DFB-Pokal und beim Ligaauftakt stand Götze nicht im Dortmunder Kader. "Ich habe zwei Mal mit seinem Trainer Thomas Tuchel gesprochen", berichtete Löw: "Wir wissen, dass Mario gesund ist. Er hat aufgeholt. Und er kann bei uns Spielpraxis sammeln." In der Offensive ist ja ein Platz mehr frei: Götzes Vereinskollege André Schürrle hatte am Sonntag wegen Rückenproblemen abgesagt.

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