Eine starke Saison endet in Frust und Trauer

Die SV Elversberg hat den Aufstieg in die 3. Liga verpasst. Der Südwest-Regionalligist verlor das Rückspiel beim FSV Zwickau mit 0:1. Damit schaffte der Nordost-Meister nach dem 1:1 im Hinspiel den Sprung nach oben.

 Zwickaus Kapitän Toni Wachsmuth (rechts) jubelt über das letztlich entscheidende 1:0 gegen die SV Elversberg. Foto: Schmidt/dpa

Zwickaus Kapitän Toni Wachsmuth (rechts) jubelt über das letztlich entscheidende 1:0 gegen die SV Elversberg. Foto: Schmidt/dpa

Foto: Schmidt/dpa

Abwehrspieler Leandro Grech rennt völlig aufgelöst vom Platz, hält die Hände vor das Gesicht, brüllt sich den Frust von der Seele. Kapitän Thomas Birk kämpft mit den Tränen in den Augen. Mittelfeldspieler Matthias Cuntz sitzt auf dem Rasen und heult. Er sagt schluchzend: "Wir waren zwei Mal die bessere Mannschaft, aber das bringt uns jetzt nicht weiter."

Rechtsverteidiger Lukas Kohler liegt neben der Werbebande, starrt ausgepumpt Löcher in den Himmel. Bei Trainer Michael Wiesinger liegen die Nerven blank. Er brüllt herum, seine Spieler in Ruhe zu lassen - während die Fans des FSV Zwickau um ihn herum tanzen und feiern. "Wir müssen in der ersten Halbzeit 4:0 führen", sagt Wiesinger. So aber "ist eine ganze Saison in zwei Spielen weggegangen. Alles, was du dir aufgebaut hast . . . das ist sehr bitter."

Die FSV-Fans haben das Spielfeld gestürmt, während Spieler, Trainerstab und Verantwortliche des Fußball-Regionalligisten SV Elversberg am liebsten im Boden versinken würden. Das SVE-Präsidium ist so bedient, dass es kommentarlos mit dem Schlusspfiff aus dem Stadion in Plauen verschwinden. 2015 war der 1. FC Saarbrücken auf dramatische Art und Weise im Elfmeterschießen in der Aufstiegs-Relegation an den Würzburger Kickers gescheitert. 2016 ist Elversberg auf seltsame Art und Weise am FSV Zwickau gescheitert.

Es war eine Mischung aus fehlendem Glück und Unfairness, die gestern das Rückspiel bestimmten. Fehlendes Glück, als Zwickaus Patrick Göbel in der Nachspielzeit einen Kopfball von Kevin Maek auf der Torlinie klärte - und damit den 1:0 (0:0)-Sieg der Gastgeber sicherte, der die Ostdeutschen nach dem 1:1 im Hinspiel am vergangenen Mittwoch in die 3. Liga bringt. Unfairness, was abseits des Platzes geschah. Denn der Endspieltag in Zwickau beginnt mit einem Schock für die Elversberger. Beim Spaziergang am Vormittag wird die Mannschaft in der Nähe ihres Hotels in Plauen, wo das Spiel im Vogtlandstadion ausgetragen wurde, von einigen Personen aus einer Gruppe von etwa 100 Zwickau-Fans angegriffen, die ihren Weg kreuzt.

Innenverteidiger Tobias Feisthammel wird getreten, Außenverteidiger Aaron Berzel geschubst. Nach Wiesingers Angaben verhielten sich die Spieler bei der Attacke der FSV-Fans ruhig, um eine Eskalation zu vermeiden. Auch hätten andere Fans aus der Gruppe versucht, die Situation zu beruhigen. "Beeinflusst hat der Vorfall die Spieler nicht. Man hat es ja in der ersten Halbzeit gesehen", erklärt Wiesinger und hadert stattdessen mit seiner Mannschaft: "Es ist ärgerlich, weil wir einfach nicht dieses Tor erzielt haben. Das zieht sich bei uns durch die ganze Saison."

Nach 15 Minuten köpft Mijo Tunjic im Fallen den Ball an den Innenposten - der Abpraller landet in den Armen von FSV-Torhüter Marian Unger. Zwei Minuten später hat die SVE erneut kein Glück. Obernosterer läuft alleine auf das FSV-Tor zu und scheitert an Unger, der auch einen Schuss aus sieben Metern von Grech stark hält (20. Minute). Wie im Hinspiel vergeben die Elversberger früh einige Großchancen. Schwach war das Auftreten der Heimelf.

In der zweiten Halbzeit eskalieren dann die Emotionen. In der aufgeheizten Atmosphäre vor 4775 Zuschauern kommt es rund um die Elversberger Ersatzbank zu Tumulten - just vor dem Moment, als sich FSV-Spieler Göbel den Ball zu einem Freistoß hinlegt. Kurz zuvor hatte Zwickaus Pressesprecher Daniel Sacher bereits für ein Gerangel vor der SVE-Bank gesorgt, als er einen Ball haben wollte. Als Göbel sich für den Freistoß fertig macht, legt sich ein Ordner mit Wiesinger und Sascha Purket an. Der SVE-Torwarttrainer hatte einem Balljungen den Ball abgenommen, um Zeitspiel zu verhindern.

In dem Moment, als die Situation vor der SVE-Ersatzbank für Ablenkung vom Spielgeschehen sorgt, tritt Göbel den Freistoß. Der Ball erreicht Timo Wachsmuth, der das 1:0 erzielt und damit die Arbeit einer ganzen Saison der SV Elversberg zunichte. SVE-Stürmer Tunjic sagt später: "Ich habe noch nie so einen unfairen Aufsteiger erlebt."

Der Torschützenkönig der Regionalliga Südwest erlebte die Schlussminuten außerhalb des Spielfeldes, war ausgewechselt worden. Es war wohl sein letztes Spiel für die SVE. Tunjics Vertrag läuft aus, nach SZ-Informationen wechselt er zu seinem Ex-Verein Stuttgarter Kickers .

Mittelfeldspieler Markus Obernosterer bringt es auf den Punkt: "Wir haben schon wieder ein Jahr verloren." Abwehrchef Kevin Maek macht der SVE aber Mut: "Ich denke, dass die Mannschaft so stark ist, dass sie das wegstecken kann." Zwickaus Trainer Torsten Ziegner pflichtet ihm bei: "Es ist schade, dass ein Team auf der Strecke bleibt. Ich wünsche niemandem so eine Situation, in der sich die SVE jetzt befindet. Aber sie hat tolle Typen. Wir hatten einfach nur das Quäntchen Glück auf unserer Seite."

Meinung

Neuer Anlauf wird brutal schwer


Von SZ-Redakteur Mark Weishaupt

Wenn Michael Wiesinger sagt, dass mit dem FSV Zwickau nicht die bessere Mannschaft aufgestiegen ist, dann hat der Trainer der SV Elversberg Recht. Die 180 Minuten plus Nachspielzeit der beiden Aufstiegsspiele haben gezeigt, dass die fußballerische Qualität der SVE höher war als die des FSV Zwickau. Aber es gehört eben auch zu einer gewissen Qualität, die Mittel, die man hat, im entscheidenden Moment voll auszuschöpfen. Das ist Zwickau gelungen - und der SVE eben nicht.

Jetzt gilt es, einen neuen Anlauf in der kommenden Saison zu nehmen. Und der wird angesichts der gewachsenen Konkurrenz mit den Drittliga-Absteigern VfB Stuttgart II und Stuttgarter Kickers brutal schwer werden. Mit entscheidend wird sein, wie schnell die SV Elversberg den verpassten Aufstieg aus den Kleidern schütteln kann. Wie schwer das fallen kann, hat die problematische Spielzeit des 1. FC Saarbrücken nach dem Elfmeter-Drama von Würzburg gerade bewiesen.

Zum Thema:

Jahn Regensburg ist nach einem Jahr zurück in der 3. Fußball-Liga. Die Mannschaft gewann das Relegations-Rückspiel gegen den VfL Wolfsburg II mit 2:0 (0:0) und drehte die 0:1-Hinspielpleite. Auch die SF Lotte schafften gestern den Drittliga-Aufstieg - und zwar erstmals in der Vereinsgeschichte. Die Sportfreunde setzen sich bei Waldhof Mannheim 2:0 durch. Das Hinspiel war 0:0 ausgegangen. Damit bleiben die Südwest-Vertreter Mannheim und Elversberg weiterhin in der Regionalliga. red

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