Holzdeppe verzückt den Zeltpalast

Merzig · Nach der enttäuschenden Olympiasaison will Stabhochspringer Raphael Holzdeppe wieder zum Höhenflug ansetzen. Am Samstag feierte der Zweibrücker im Merziger Zeltpalast mit dem Sieg beim Neujahrsspringen einen Jahresauftakt nach Maß.

Samstag, 18.53 Uhr, Zeltpalast Merzig : Ein Raunen geht durchs Publikum. Raphael Holzdeppe, Deutschlands Stabhochsprung-Ass und Star bei der dritten Auflage des Merziger Neujahrsspringen, hat seine Anfangshöhe von 5,43 Meter zum zweiten Mal gerissen. Das Bangen der 1000 Zuschauer auf der ausverkauften Tribüne ist fast mit den Händen greifbar. Verabschiedet sich der Weltmeister von 2013 und Titelverteidiger beim hochkarätig besetzten Spektakel in Merzig mit einem "Salto Nullo", nachdem die Besucher zuvor lange auf ihn warten mussten? Nein.

19.33 Uhr: Die Zuschauer hält es nicht mehr auf den Sitzen, sie feuern Raphael Holzdeppe an. Dennoch scheitert er im dritten Versuch. 5,63 Meter sind zu viel. Gewonnen hat er dennoch. Er lässt sich auf die Matte fallen und genießt das besondere Flair im Zeltpalast. "Die Atmosphäre ist einfach top. Ich finde es schön, wie nahe das Publikum hier wirklich am Geschehen dran ist und wie begeistert es uns zujubelt", sagt der strahlende Sieger, nachdem er mit übersprungenen 5,58 Metern den höhengleichen Polen Pawel Wojciechowski und dessen Landsmann Piotr Lisek (5,43) auf die Plätze verwiesen hatte. "Ich hatte Spaß und habe einen guten Wettkampf gezeigt - besser hätte der Einstieg nicht sein können", zieht Holzdeppe ein positives Fazit. "Ich bin sehr zufrieden. Ich wäre gerne höher gesprungen. Aber ich habe heute gemerkt, dass ich vergangenes Jahr kaum Wettkämpfe hatte und habe erst etwas gebraucht, um die Routine wiederzufinden."

Erst gut eine Stunde nach Wettkampf-Beginn, als schon sechs der elf Stabhochspringer ausgeschieden waren, zeigte sich Holzdeppe zum ersten Mal. Nach zwei Wacklern bei 5,43 Meter meisterte er die Anfangshöhe im dritten Versuch souverän. Danach überquerte er auf Anhieb 5,53 Meter und verschaffte sich einen Vorteil gegenüber Wojciechowski, der erst im dritten Anlauf nachzog. Zwar legte der polnische Weltmeister von 2011 seinerseits vor, sprang mit dem letzten Versuch als Erster über 5,58 Meter. Doch Holzdeppe blieb konzentriert und überquerte ebenfalls die Latte. Weil beide nicht mehr zulegten, hatte Holzdeppe im Duell der Ex-Weltmeister die Nase vorne.

Der Erfolg in Merzig ist für ihn nach einem Seuchenjahr Balsam auf die Seele. Aber auch kein gutes Omen. 2016 war er an gleicher Stelle ebenso mit einem Sieg in die Saison gestartet, ehe es ihn ausgerechnet im Olympiajahr schwer erwischte: Er verletzte sich im Februar bei der Hallen-DM in Leipzig am Sprunggelenk, fand nach einer Operation nicht zur Form - und scheiterte beim Höhepunkt in Rio in der Quali. Jetzt soll es Schritt für Schritt wieder aufwärts gehen. Am besten wie 2015, als er nach einem Katastrophenjahr umso stärker zurückkam und in Peking WM-Silber gewann. Eine Weltmeisterschaft steht auch dieses Jahr an: Im August in London, wo Holzdeppe 2012 Olympia-Bronze holte. Doch zunächst geht es zum Istaf Indoor in Berlin und zur Hallen-DM in Leipzig: "Dann werden wir sehen, ob ich bei der Hallen-EM starte oder mich auf den Sommer konzentriere", sagt Holzdeppe, der auch den Start beim Pfingstsportfest in Rehlingen nicht ausschloss: "Diese Möglichkeit besteht." Eines stand für ihn nach dem Sieg aber schon am Samstagabend fest: "Das letzte Jahr ist seit heute offiziell abgehakt."

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