Für Maske macht Klitschko-Rücktritt Sinn

London · Der Ex-Weltmeister spricht im SZ-Interview über den Schwergewichts-Kampf am Samstag in Wembley.

 Wladimir Klitschko bereitet sich auf seinen Kampf vor. Foto: Groder/dpa

Wladimir Klitschko bereitet sich auf seinen Kampf vor. Foto: Groder/dpa

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Sieg oder Niederlage - in beiden Fällen kann sich der langjährige Box-Champion Henry Maske einen Rücktritt von Wladimir Klitschko nach dem WM-Kampf an diesem Samstag gegen Anthony Joshua (22 Uhr/RTL) vorstellen. 90 000 Zuschauer in Wembley - einen passenderen Rahmen werde der 41-Jährige für einen Rücktritt nicht finden, sagt der Ex-Weltmeister im Interview mit sid-Mitarbeiter Nikolaj Stobbe.

Herr Maske, wer sichert sich am Samstag die Box-Krone im Schwergewicht?

Henry Maske: Keine leichte Frage. Wladimir Klitschko zu bewerten, ist derzeit sehr schwierig. Sein schwacher Auftritt gegen Tyson Fury hat viele Fragezeichen hinterlassen. Auf der anderen Seite haben wir mit Joshua einen physisch starken Boxer, der Olympiasieger ist und nachgewiesen hat, dass er als Profi zu den Besten gehört. Wenn Wladimir diesen Kerl besiegen will, braucht er schlagkräftige Argumente.

Also Spannung bis zum Schluss?

Maske: Wenn Wladimir seine Top-Form erreicht - wie 2014 im Kampf gegen Kubrat Pulew - dann wird er auch Joshua vorzeitig besiegen. Vielleicht war das sein bester Auftritt. Doch in der Form aus dem Fury-Kampf braucht er nicht anzutreten, da sieht er alt aus. Aber das wird er auch nicht.

Klitschko ist 14 Jahre älter, ein Nachteil?

Maske: Das kann sein. Wladimir ist jetzt so viele Jahre dabei und muss vor jedem Kampf immer wieder das Maximale aus sich herausholen. Irgendwann lässt die Disziplin nach, schleicht sich der Schlendrian ein. Aber das wird bei diesem Kampf nicht passieren. Ich bin mir sicher, dass er nach der Fury-Niederlage alles zeigt.

Naht sein Karriere-Ende?

Maske: Bei einer klaren Niederlage wüsste ich nicht, welche Motivation er noch hätte. Es wäre die zweite Niederlage in Folge. Im Sport hat alles seine Zeit. Irgendwann ist deine Ära abgelaufen. Da sind Erfahrung und Wille nicht mehr ausreichend. Dann wird auch Wladimir sagen, das reicht.

Und bei einem Sieg?

Maske: Dann sehe ich einen strahlenden Wladimir, der sich feiern lässt. 90 000 Zuschauer im Wembley-Stadion - eine bessere Kulisse für einen Abtritt kann man sich nicht wünschen. Welcher Kampf, welche Kulisse könnte ihn danach noch motivieren?

Ist die große Kulisse für den jungen Joshua ein Problem?

Maske: Es ist auf jeden Fall eine echte Herausforderung. Andererseits bin ich manchmal überrascht, wie gut junge Leute solche Belastungen wegstecken. Die haben eine andere Leichtigkeit als erfahrene Kämpfer. Und außerdem hat Joshua einen so guten Lauf, dass er damit klarkommt.

Was erwarten sie vom jungen Weltmeister?

Maske: Joshua ist ein großer Kerl, der Wladimir auf Augenhöhe begegnen wird. Nur wenn Klitschko genügend Robustheit in den Kampf bringt, kann er dem Titelverteidiger gefährlich werden. Dazu hat Joshua den Vorteil, dass er 2014 bei Klitschko im Camp Sparringspartner war. Da hat er sich bestimmt einiges abgeguckt.

Beide Boxer verzichten im Vorfeld auf die üblichen Kampfansagen. Nervt der Kuschelkurs nicht?

Maske: Nein, ich finde das großartig. Beide Boxer lehnen die große Show im Vorfeld ab, und trotzdem kommen 90 000 Zuschauer zum Kampf. Leute wie Tyson Fury schaden dem Sport mit ihren Pöbel-Attacken. Nach den schlechten TV-Quoten wird es höchste Zeit, dass der Sport an Ansehen gewinnt. Wladimir Klitschko und Anthony Joshua tragen dazu bei.

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