Nach den Fäusten flogen die Stühle

Erfurt · Arthur Abraham hat die drohende Box-Rente verschoben. Durch den Punktsieg über Robin Krasniqi hat der 37-Jährige nun das Recht, erneut um den WBO-Titel zu kämpfen. Der Abend endete aber im Chaos.

Im Schongang hat sich Arthur Abraham die Chance auf seinen 24. WM-Kampf erarbeitet. "70 Prozent haben gereicht", sagte der in Armenien geborene Berliner Profiboxer nach dem einstimmigen Punktsieg in Erfurt gegen den überforderten Robin Krasniqi. "Das war ein sehr sehenswerter Kampf mit einem klaren Sieger", fand der deutsche Verbandspräsident Thomas Pütz.

Die WM-Ausscheidung vor 6000 Zuschauern in der ausverkauften Messehalle endete in der Nacht zum Sonntag allerdings im Chaos. Fangruppen beider Lager lieferten sich eine kurze, aber heftige Saalschlägerei, bei der Stühle flogen. Darin verwickelt wurde auch Halbschwergewichtler Karo Murat, der den Kampf in der ersten Reihe verfolgte. Der Profi wurde verletzt und musste an der Lippe genäht werden. Die Sicherheitskräfte waren überfordert.

Vorher flogen die Fäuste unter sportlichen Kriterien. Der 37 Jahre alte Abraham, der wahrscheinlich im Herbst wieder um den WBO-Titel boxen wird, warf seine ganze Erfahrung in die Waagschale. Als Spätstarter bekannt, gab er die ersten beiden Runden ab, danach marschierte aber nur noch er. In der fünften Runde verzeichnete der Routinier gegen den aufgeregten Krasniqi den ersten Wirkungstreffer. Danach geriet der Kampf, ein sogenannter "WM-Eliminator", zur Bestrafung für den sieben Jahre jüngeren Münchner. Sogar die obligatorische Pressekonferenz war zu viel für den bitter enttäuschten Krasniqi. Er schwänzte. "Ich habe sechs Monate umsonst trainiert - alles vergeblich", hatte er im Ring erklärt.

Dort hatte Abraham das Publikum nach seinem Sieg zu einem "Happy Birthday" für seinen Trainer animiert und ihm gebeichtet: "I love you forever". Ulli Wegner wird am Mittwoch 75 Jahre alt - und war ausnahmsweise mit seinem Schützling zufrieden. Aber nicht mit der Spitze des Sauerland-Teams, in dem es seit einiger Zeit brodelt. "Wir wurden allein gelassen", beschwerte sich der knorrige Kulttrainer. Manager Kalle Sauerland fehlte entschuldigt, er war grippekrank.

Christian Meyer vom Sauerland-Team, das seinen Firmensitz von Berlin nach Hamburg verlegt und wegen schmalerer Finanzmittel einigen Angestellten und Trainern gekündigt hatte, tritt in den nächsten Tagen mit dem alten und neuen WBO-Welmeister Gilberto Ramirez in Verhandlungen. "Es wird schwer, den Kampf nach Deutschland zu bekommen. Als Termin sehe ich eher den Herbst als den Sommer", sagte Meyer.

"Auf jeden Fall muss Arthur bei einer WM noch eine Schippe drauflegen", forderte Wegner, dem die Enttäuschung vom 9. April 2016 noch immer ein wenig in den Knochen steckt. In Las Vegas war Abraham gegen Ramirez, der am Samstag gleichzeitig in Kalifornien boxte und den Ukrainer Max Bursak schlug, chancenlos gewesen. "Ich bin heiß auf die Revanche", kündigte Abraham an.

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