Der filmreife Podolski ist Geschichte

Dortmund · Das Abschiedsspiel war für die deutsche Nationalmannschaft zugleich ein Aufbruch. Nächster Zwischenstopp ist Baku.

 Die Mitspieler lassen Lukas Podolski nach dem 1:0-Erfolg gegen England hochleben. In seinem 130. und letzten Länderspiel erzielte der 31-Jährige in der 69. Minute mit einem Traumtor in den Winkel den Siegtreffer. Foto: Thissen/dpa

Die Mitspieler lassen Lukas Podolski nach dem 1:0-Erfolg gegen England hochleben. In seinem 130. und letzten Länderspiel erzielte der 31-Jährige in der 69. Minute mit einem Traumtor in den Winkel den Siegtreffer. Foto: Thissen/dpa

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Nach der filmreifen Abschiedsgala von Lukas Podolski blieb der Platz des Helden im schwarzen Weltmeisterbus leer. Der kölsche Jung stand nach seinem Traumtor kurz vor Mitternacht noch in kurzen Hosen und Trikot mit Kapitänsbinde beim x-ten Interview, als sich seine jetzt ehemaligen Kollegen in die Dortmunder Nacht verabschiedeten. Nächster Zwischenstopp auf dem Weg zur Mission erfolgreiche Titelverteidigung 2018: Baku.

Die Rückkehr in den Qualifikations-Alltag mit dem Spiel beim Weltranglisten-89. an diesem Sonntag (18 Uhr/RTL) werde dem Weltmeister nach all dem Jubel über Podolskis märchenhaftes "Tschö" beim 1:0 (0:0) im Klassiker gegen England "nicht schwer fallen", versicherte Bundestrainer Joachim Löw: "Ich bin absolut überzeugt, dass wir unsere Siegesserie fortsetzen und unsere weiße Weste behalten werden."

Podolski wird dann nicht mehr helfen können. Sein 49. Tor im 130. und letzten Länderspiel war ein würdiger Schlussakkord für den ewig jecken Fußball-Prinzen. "Ich weiß ja, dass ich einen linken Fuß habe. Der liebe Gott oder sonst wer hat ihn mir gegeben, und darauf kann ich mich immer verlassen", sagte er zu seinem 25-Meter-Hammer in den Winkel (69. Minute), ein "fucking brilliant shot", wie er der staunenden englischen Presse berichtete - ein Traumtor eben.

Der 31-Jährige ließ sich dafür im Signal Iduna Park nach dem Spiel auf einer Ehrenrunde feiern, seine Mitspieler ließen ihn hochleben - und nicht ganz unabsichtlich auf den Rasen fallen. "Es war ein geiles Spiel mit einem geilen Ergebnis, ein geiler Film", sagte Podolski, sogar Oma Zofia Budzinska gratulierte per Videobotschaft. "Besondere Spieler haben auch einen besonderen Abschied", sagte Löw, Thomas Müller war es sogar "ein bisschen zu kitschig".

Während Podolski, eingewickelt in eine Köln-Fahne, Dutzende Selfies mit den Fans schoss, würdigten seine Weggefährten noch einmal die Lebensleistung des "Gute-Laune-Bären" (Mats Hummels). "So einen haben wir nicht noch mal", sagte Toni Kroos.

Und jetzt? "Jetzt muss Müller wieder treffen", sagte Löw augenzwinkernd, er benannte damit eines von mehreren Problemen der Nach-Poldi-Zeit. Der bei Löw gesetzte Torjäger hat es beim FC Bayern derzeit nicht leicht, ist aber auf dem Weg zum Zwischenziel Confed Cup (17. Juni bis 2. Juli) nur eines von mehreren Sorgenkindern. Löw testete am Mittwochabend daher die zweite Reihe - mit mäßigem Ergebnis, trotz des ersten Heimsieges gegen die Three Lions seit 1987.

Der Leipziger Timo Werner war bei seinem Debüt überfordert - und erlitt obendrein noch einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel. Der 21-Jährige fällt gegen Aserbaidschan aus. Wie der DFB mitteilte, reiste Werner gestern zur weiteren Behandlung zu seinem Verein RB Leipzig ab. Über die Ausfalldauer machte der Verband keine Angaben. Werner könnte aber alle Partien der englischen Woche nach der Länderspielpause gegen den SV Darmstadt 98 (1. April), in Mainz (5. April) und gegen Bayer Leverkusen (8. April) verpassen.

Dass Werner in Dortmund mit Leroy Sané und Julian Brandt weitere, noch nicht gefestigte Youngster neben sich hatte, machte es noch schlimmer. Löw sah in Abwesenheit von Abwehrchef Jérôme Boateng Mängel in der defensiven Organisation ebenso wie eine taktisch wenig ausgereifte Raumaufteilung der jungen Offensive. Werner und Co. hätten viel zu oft "mit dem Rücken zum Tor" gestanden, seien "schwierig anzuspielen" gewesen.

 Stürmer Timo Werner erlebte ein unglückliches Debüt. Foto: charisius/dpa

Stürmer Timo Werner erlebte ein unglückliches Debüt. Foto: charisius/dpa

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Immerhin: Das frühe Pressing der Engländer, eine für Gegner des Weltmeisters eher untypisch mutige Spielweise, sei "eine gute Schule" für K.o.-Spiele gewesen, sagte Löw. Kroos wollte sogar gesehen haben, "welche Qualität wir auch dahinter haben". Und Manager Oliver Bierhoff betonte: "Jeder hat seine Qualitäten gezeigt. Die jungen Spieler haben einen weiteren Schritt in ihrer Karriere gemacht." In Baku soll es trotzdem wieder der Stamm richten. Löw erwartet die in Dortmund angeschlagen fehlenden Mesut Özil, Sami Khedira, Julian Draxler und Mario Gomez zurück. Ihr Auftrag: Die Qualifikation weiter "gnadenlos durchziehen" (Löw). "Wir wollen gewinnen, auch auswärts. Den Anspruch müssen wir haben", sagte Teammanager Bierhoff.

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