Handballer suchen den Bodenkontakt

Berlin · Die Vereine hoffen auf neuen Zulauf, die Liga auf ein weiter gesundes Arbeitsklima und die Spieler auf weitere Erfolge. Nach dem EM-Gold winkt dem Deutschen Handball-Bund eine rosige Zukunft – oder doch nicht?

Jubeln erlaubt, abheben verboten: Nach dem Höhenflug von Torhüter Andreas Wolff und Co. bis hinauf zum EM-Gold in Polen befindet sich der deutsche Handball immer noch in Feierstimmung. Doch im Hintergrund werden die Weichen für eine nachhaltige Erfolgsstory gestellt. Schon am Freitag sitzen vor dem Allstar Game in Nürnberg die Liga-Manager zusammen.

Alle Beteiligten wissen um die großen Chancen, sportlich wie finanziell. Doch Vorsicht ist geboten, die Sportart ist ein gebranntes Kind. Zu frisch sind die Erinnerungen an den WM-Triumph 2007 und die verheerenden Folgen. Sponsorengelder flossen in Strömen, die Kinder überrollten die Vereine . Der Umsatz der Bundesligisten verdoppelte sich von 2005 bis 2008. Doch mit der Nationalmannschaft ging es stetig bergab. Das Aushängeschild war plötzlich keines mehr.

Das soll dem deutschen Handball nicht noch einmal passieren. In der aktuellen Euphorie sind deshalb auch mahnende Stimmen zu hören. "Wir dürfen jetzt nicht abheben und müssen konzentriert weiter arbeiten. In der Bundesliga und den Landesverbänden wird eine super Arbeit gemacht. Wir müssen jetzt alle gemeinsam nach vorne schauen", sagt der Architekt des Erfolges, Bundestrainer Dagur Sigurdsson.

Verbands-Vizepräsident Bob Hanning, der Macher abseits des Parketts, erteilte allen voreiligen Prognosen von Olympia- und WM-Gold eine klare Absage: "Das ist alles Kokolores." Vielmehr glaubt Hanning an schlechte Tage, die kommen werden: "Die Mannschaft wird definitiv große Rückschläge erleben, aus denen sie aber auch lernen kann. Sie braucht Zeit."

Zeit hat das Team, Zeit hat auch die Liga. Denn nachhaltige Strukturen sind angelegt, als Orientierung diente das Erfolgsmodell Fußball. 2007 wurde das Jugendzertifikat eingeführt. Dieses Gütesiegel erhalten die Vereine mit angeschlossenem Leistungszentrum. In der Bundesliga haben dies derzeit 16 Clubs, die MT Melsungen steht kurz davor. Zudem wurde 2012 die Eliteförderung konzeptionell eingeführt. Ziel war und ist die Optimierung der Förderung sportlicher Talente.

"Wir haben ein sehr gutes Niveau, werden aber noch mehr Wert auf die duale Ausbildung legen", sagt Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga . Die Früchte der Arbeit waren in Polen zu sehen, wo auch der Ausfall von sechs Stammspielern scheinbar mühelos kompensiert wurde. Der Fundus an Spitzenspielern ist groß wie nie. Die 18 zum Einsatz gekommenen Spieler stammen aus neun verschiedenen Vereinen, Wolffs Verein HSG Wetzlar sowie der VfL Gummersbach hatten genauso viele Spieler im Kader wie Rekordmeister THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen (jeweils drei). "Es geht in die richtige Richtung", sagt Liga-Präsident Uwe Schwenker .

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