Marozsan vergoldet die Bilanz

Zwölf Sportlerinnen und Sportler aus saarländischen Vereinen oder mit saarländischen Wurzeln kämpften in Rio de Janeiro mit den Besten der Welt um Edelmetall. Die SZ zieht eine Bilanz.

An Annika Bruhn gab es keine allzuhohen Erwartungen. Im Einzel über 200 Meter Freistil erreichte sie mit einer persönlichen Bestzeit von 1:58,48 Minuten ihr ausgegebenes Ziel. Trotzdem verpasste sie das Halbfinale um mehr als sieben Zehntelsekunden. Auch bei ihren beiden Staffel-Auftritten über 4x200 Meter Freistil und 4x100 Meter Lagen war nach den ersten Rennen Schluss. Doch mit ihren erst 23 Jahren gehört ihr auch die Zukunft und hilft dem arg gebeutelten deutschen Schwimmen vielleicht, ein bisschen Glanz zurückzugewinnen.

Schwimmkollege Christoph Fildebrandt hatte da ganz andere Ziele. Das Einzel über 200 Meter Freistil sollte als Einschwimmen für die 4x200-Meter-Freistil-Staffel dienen, und er schied mit einer Zeit von 1:47,81 Minuten wie erwartet im Vorlauf aus. In der Staffel wollte er jedoch unter anderem mit Topstar Paul Biedermann , der sein letztes Rennen bestritt, eine Medaille erreichen. Das Finale schafften seine Kollegen als Viertbeste in 7:07,66 Minuten ohne ihn. Bei der Entscheidung durfte er dann ran - und war wie seine drei Mitstreiter bitter enttäuscht. Am Ende wurde das Quartett mit in 7:07,28 Minuten mit fast vier Sekunden Rückstand auf Bronze nur Sechster. "Mir tut es für Paul einfach leid, dass ich nicht mehr geben konnte", sagte "Filde" nach dem Finalrennen.

Im Ruder-Leichtgewichts-Vierer waren insgesamt 13 Boote für die Spiele qualifiziert - und im deutschen saß der Saarbrücker Tobias Franzmann . Vor den Spielen hatte der 25-Jährige als Ziel ausgegeben unter die Top Acht zu kommen - das erreichen des A-Finales wäre "eine persönliche Goldmedaille" gewesen. Nach wechselhaften Auftritten und einem letzten Platz in ihrem Halbfinale ruderte das Quartett im B-Finale in 6:35,83 Minuten auf einen dritten Platz. Dabei hätte die Halbfinalzeit (6:18,43) der Deutschen im anderen Lauf zu Rang zwei und der Finalqualifikation gereicht. Mit Gesamtplatz neun wurde das ausgegebene Ziel verpasst.

Badminton-Spieler Michael Fuchs vom 1. BC Bischmisheim musste sowohl im Mixed als auch im Doppel schon in der Vorrunde die Segel streichen. Er hatte in beiden Wettbewerben schwere Gruppen erwischt. Mannschaftskollege Johannes Schöttler und er, die sich erst spät und wegen Verletzungen sehr überraschend für die Rio qualifiziert hatten, konnten sich in der Vorrunde einen 2:0 (21:14, 21:13)-Sieg gegen das US-Duo Phillip Chew und Sattawat Pongnairat sichern und wurden in ihrer Gruppe Dritter. Mit Mixed-Partnerin Birgit Michels (1. BC Beuel) musste er sich allen drei Gegnern geschlagen geben und wurde Gruppenvierter. Viel mehr wäre auch mit Topleistungen in beiden Wettbewerben sehr schwierig geworden. "Wir sind nach einer super Vorbereitung mit guter Form nach Rio gekommen und haben wirklich alles gegeben. Leider hat es nur zu einem Sieg gereicht, aber bei einem so starken Teilnehmerfeld können und müssen wir jetzt mit dem Erreichten zufrieden sein", schrieb Fuchs bei Facebook .

Der Auftritt von Triathletin Anne Haug vom LAZ Saarbrücken gehört aus saarländischer Sicht zu den Schwächsten. Die 32-Jährige, von der Deutschen Triathlon-Union (DTU) als Medaillenhoffnung verkauft, zeigte mit Platz 36 eine indiskutable Leistung. Schon beim Schwimmen büßte Haug alle Chancen auf eine halbwegs vernünftige Platzierung ein, stieg nur als Vorletzte aus dem Wasser und fuhr und lief anschließend nur noch hinterher. "Ich habe dafür keine Erklärung", zeigte sich Haug ratlos. Es dürfte ihr letzter Auftritt bei Olympia gewesen sein.

Für Lisa Klein aus Lauterbach erfüllte sich der Traum eines olympischen Einsatzes (noch) nicht. Die 20-Jährige war als Ersatzfahrerin für die Mannschaftsverfolgung im Bahnrad nominiert und musste mit ansehen, wie ihre Kolleginnen in 4:30,068 Minuten als Neunte und Letzte der Qualifikation als einzige Mannschaft die Segel streichen musste. Für Klein heißt es jetzt volle Konzentration auf Tokio 2020. Ob auf der Bahn oder der Straße, ist offen. "Ich werde erstmal weiter zweigleisig fahren", sagt sie.

Dzsenifer Marozsan machte im olympischen Finale der deutschen Fußballfrauen gegen Schweden den Unterschied zwischen Gold und Silber aus. Die 24-Jährige, die im Saarland groß wurde und unter der saarländischen Verbandssportlehrerin Margret Kratz und beim 1. FC Saarbrücken ihre fußballerische Ausbildung genoss, erzielte erst ein Traumtor aus 16 Metern zum 1:0. Anschließend landete einer ihrer gefürchteten Freistöße an den Pfosten, prallte von dort an die Schwedin Linda Sembrant und von dort zum vorentscheidenden 2:0 im Tor. "Es ist nicht in Worte zu fassen, ein riesengroßes Dankeschön an meine Mannschaft für diesen unbeschreiblichen Moment", schrieb Marozsan bei Facebook und postete stolz ein Bild von sich und Teamkollegin Melanie Leupolz aus der Kabine mit ihren Goldmedaillen.

Die Vorbereitung auf die Spiele in Rio waren für Weitspringerin Sosthene Moguenara alles andere als optimal. Die Athletin des LAZ Saar 05 zog sich Ende Mai einen Außenbandriss im Sprunggelenk zu und bestritt in Brasilien ihren ersten echten Wettkampf nach der Verletzung. Mit 6,55 Metern erreichte sie als Zehnte das Finale, wo sie sich auf 6,61 Meter steigerte und Zehnte wurde. Auch wenn sie für viele eine Medaillenhoffnung war, darf diese Platzierung angesichts der Vorgeschichte kaum als Enttäuschung eingestuft werden. Vielleicht hat die 26-Jährige 2020 in Tokio mehr Glück.

Laura Müller vom LC Rehlingen kann mit ihren ersten Olympischen Spielen zufrieden sein. Zwar verpasste die 20-Jährige mit der deutschen 4x400-Meter-Staffel das Finale der besten Acht. Aber die Zeit der Deutschen - 3:26,02 Minuten - bedeutete Saisonbestzeit und war die schnellste Zeit einer deutschen Staffel seit 2010. Der Trend des jungen Teams geht also in die richtige Richtung, wie Laura Müller kurz vor Olympia mit ihrer neuen persönlichen Bestzeit von 51,69 Sekunden schon angedeutet hatte.

Turnerin Pauline Schäfer wird die Spiele mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Erinnerung behalten. In der Qualifikation wackelte sie an ihrem Paradegerät, dem Schwebebalken, und verpasste mit 14,400 Punkten das Gerätefinale. Am Boden (14,300) und am Sprung (14,400) zeigte sie starke Übungen, schaffte es aber auch hier knapp nicht ins Einzelfinale. Mit der Leistung der deutschen Mannschaft und auch ihrer eigenen Gesamtleistung kann sie aber durchaus zufrieden sein. Im Team-Finale, das eine deutsche Frauen-Riege erstmals erreichte, turnte Schäfer konstant und konnte sich am Ende über Rang sechs und ein starkes Ergebnis freuen. "Ein gutes Team? Das Beste! Wir haben alles gegeben und gekämpft. Wir haben Geschichte geschrieben", sagte Schäfer.

 Marc Zwiebler musste überraschend schon in der Vorrunde des olympischen Badmintonturniers die Segel streichen. Foto: Biba/dpa

Marc Zwiebler musste überraschend schon in der Vorrunde des olympischen Badmintonturniers die Segel streichen. Foto: Biba/dpa

Foto: Biba/dpa

Für Marc Zwiebler endeten seine wohl letzten Olympischen Spiele mit einer großen Enttäuschung. Der Mann vom 1. BC Bischmisheim , mit Medaillenträumen gestartet, schied in der Vorrunde aus. Dem Iren Scott Evans unterlag der deutsche Rekordmeister mit 1:2 (21:9, 17:21, 7:21). Trotz des 2:0 (21:12, 21:12)-Sieges gegen den Brasilianer Ygor Oliveira konnte er nicht mehr in die K.o.-Runde einziehen. "Leider war mein Auftritt relativ schnell vorüber. Ich kann nichts mehr dagegen tun und muss nach vorne schauen", sagte er.

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